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Der Tote am Lido

Der Tote am Lido

Titel: Der Tote am Lido Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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Ich muss heute noch nach Deutschland zurück. Ich bringe dir die Sachen vorbei.«
    »Nicht hierher an den Strand. Kommen Sie heute Abend um sieben an die Lagerhalle.«
    »Da ist mein Flugzeug schon in Berlin gelandet.«
    »Vorher kann ich nicht. Ich muss arbeiten.«
    »Ich denke, du musst auch heute Abend arbeiten.«
    »Ja, aber in der Halle.«
50
    Das Hoftor vor der Lagerhalle stand offen. In der Mittagssonne glitzerte der Schotter als weißer Staub, aus dem die dunklen Gebilde gestapelten Schrotts in den Himmel ragten. Lunau parkte vor dem Gelände, sprang aus dem Wagen, öffnete den Kofferraum und holte Obas Gepäck heraus. Er war wütend auf sich, auf Amanda, auf Silvia und auch auf Oba. Er hoffte, ihn zur Essenspause hier anzutreffen. Und wenn nicht ihn, dann wenigstens die Köchin. Er schulterte einen Rucksack, nahm eine Reisetasche sowie zwei Tüten und wankte über den Hof, auf dem sich noch viel mehr Schrott als beim letzten Mal stapelte. Das Metalltor der Halle war angelehnt. »Permesso?«, rief Lunau, doch er bekam keine Antwort, nur das Echo seiner Stimme. Er nahm jetzt ein schwaches Rauschen und einen Geruch wie im Schwimmbad wahr. Lunau schob seinen Fuß in den Spalt und drückte den Stahlflügel ein Stück weit auf. Es klang, als ob irgendwo Wasser liefe, wieder rief er, wieder blieb sein Ruf ohne Antwort. Er stellte das Gepäck ab und wandte sich zum Gehen, als er bemerkte, wie radikal sich die Halle verändert hatte.
    Die bizarren Gebilde aus aufgetürmtem Altmetall waren verschwunden, auch die Pritschen und Nischen, die sich die Schwarzen eingerichtet hatten. Dafür standen vier große Kinderplantschbecken, zur Hälfte mit Wasser gefüllt, auf dem Betonboden. Das Wasser hauchte Chlorgeruch aus, denselben, den Oba mit in die Ferienwohnung gebracht hatte.
    Aber welcher Arbeit ging Oba hier nach? In vier leeren Wasserbassins?
    Über dem Stahltor war eine gelbe Signallampe angebracht, die aufleuchtete, es piepste drei Mal, dann schlug der Flügel zu. Lunau rüttelte an dem Knauf.
    »Schön, dass Sie noch einmal vorbeischauen«, sagte eine Stimme, die Lunau kannte. Er drehte sich um und sah im Halbschatten eine Silhouette mit vorspringendem Bauch und dickem Schädel. Es war Ciro De Santis, der Mann, dem er ins Auge gespuckt hatte.
    »Aber bevor Sie sich verabschieden, gilt es, noch ein paar Formalitäten zu regeln.«
    Lunau sah sich nach einem Fluchtweg um. Zwischen den Bassins war jeweils ein schmaler Durchlass. Im Rückraum der Halle ein verglastes Kabuff, eine Art Büro, vermutlich mit einem Hinterausgang. »Welche Formalitäten? Ich weiß die Signale zu deuten. Ich bin weg«, meinte Lunau und beobachtete sein Gegenüber, das langsam näher kam. »Bitte sagen Sie das auch Ihrem Bruder Totò.«
    »Wieso sollte ich das meinem Bruder sagen?«
    »Nun, er ist der Ältere …«
    »Fangen Sie wieder damit an, dass ich nur der Handlanger meines Bruders bin?«
    »Nein, da haben Sie mich völlig falsch verstanden.«
    »Sie glauben, ich bin nur ein Lakai, wie Sie das nannten?« Ciro De Santis hatte Speichel im Mundwinkel.
    Was bin ich für ein Idiot, dachte Lunau und schwieg. Dann sagte er: »Man hat mich hier hereingehen sehen.«
    »Wovon reden Sie?«, fragte der Mann. »Das hört sich fast so an, als ob Sie Angst hätten vor irgendwas.«
    »Nein. Ich will nur, dass hier jeder weiß, woran er ist.«
    »Keine Angst, wir wissen, woran wir sind«, sagte Ciro De Santis. Dann merkte Lunau, dass noch jemand in der Halle war: Der junge Mann mit kahlgeschorenem Schädel, den Lunau aus dem Lieferwagen hatte steigen sehen. Der dritte Bruder, Pasquale. Auch wenn er diesmal einen leichten Anzug in dunklem Bordeaux trug, fiel Lunau ein, wo er ihn das erste Mal gesehen hatte: am Strand, mit einer Fotokamera. Er hatte Bilder von Meserets Leiche gemacht. Hatte er im Anschluss auch Lunau observiert und dabei Joy gesehen? Hatte er Michael auf Lunau und Sara gehetzt? Pasquale brachte einen Klappstuhl aus Plastik, platzierte ihn vor einem der Plantschbecken und sagte: »Setzen Sie sich.«
    Lunau gehorchte und betrachtete die beiden Männer, die sich, Schulter an Schulter, vor ihm aufgepflanzt hatten.
    »Darf ich erfahren, warum ich hier bin?«, fragte Lunau.
    Es dauerte eine Weile, ehe der Ältere antwortete: »Wie gesagt. Es gibt noch ein paar Formalitäten zu regeln.«
    »Welche Formalitäten?«
    »Sie haben doch nicht ernsthaft geglaubt, dass ich, ein Ehrenmann, der einen Ruf zu verteidigen hat, mich von einem kleinen

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