Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote am Steinkreuz

Der Tote am Steinkreuz

Titel: Der Tote am Steinkreuz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Tremayne
Vom Netzwerk:
Schwarzen Moors entlangritt und die kleine Hütte an der Flußbiegung erblickte.
    Die Frau, die sie vor ein paar Tagen dort gesehen hatten, stand vor der Tür. Sie schaute Fidelma neugierig entgegen. Sie war nicht mehr jung, aber wohlgebaut, eine kleine rundliche Blondine mit hervortretenden Backenknochen. Ihre Kleidung verriet, daß sie grelle Farben mochte.
    Fidelma band ihr Pferd an einen Pfahl.
    »Guten Tag, Schwester«, sagte die Frau zur Begrüßung. »Du bist hier willkommen, aber ich sollte dich warnen: Weißt du, was dies für ein Haus ist?«
    Fidelma lächelte leicht.
    »Das Haus Clídnas, nehme ich an. Stimmt das nicht?«
    »Ich bin Clídna, aber das Haus ist ein meirdrech loc « , erwiderte die Frau.
    »Ein Bordell? Ja, davon habe ich gehört.«
    »Frauen deines Berufs besuchen eine Frau mit Geheimnissen wie mich gewöhnlich nur, um sie zu einer anderen Lebensweise zu bekehren.«
    Fidelma lächelte bei dem beschönigenden Ausdruck »Frau mit Geheimnissen« für eine Prostituierte, obwohl er in den fünf Königreichen weit verbreitet war. Hier schien er ihr sehr angebracht.
    » Dux femina facti « , sagte sie laut. »Eben weil du so viele Geheimnisse hast, bin ich zu dir gekommen, Clídna.«
    Die Prostituierte schaute einen Moment verwirrt drein.
    »Würdest du es als Beleidigung auffassen, wenn ich dich in mein Haus und zu einer Erfrischung einlade?« fragte sie.
    »Das würde ich nicht.«
    »Dann tritt ein, Schwester. Ich kann dir etwas zu trinken anbieten. Bei meinen bescheidenen Mitteln wird es allerdings nicht köstlicher Wein oder süßer Met sein.«
    Sie ging voran in die Hütte, bat Fidelma, sich zu setzen, und wandte sich dann einem Topf zu, der über einem Holzfeuer hing.
    »Ich koche gerade Holzfällertee«, erklärte Clídna. »Vielleicht magst du ihn.«
    »Wie machst du ihn?« fragte Fidelma und sog prüfend den Geruch ein, dem das Aroma des Waldes eigen war.
    »Das ist ganz einfach«, lächelte die Frau. »Ich zapfe den Saft einer Birke ab und erhitze ihn zusammen mit Kiefernnadeln. Die heiße Flüssigkeit seihe ich durch Riedgrashalme.«
    Sie reichte Fidelma einen irdenen Krug.
    Fidelma nippte vorsichtig daran. Das Getränk schmeckte ungewöhnlich, aber nicht unangenehm.
    »Sehr gut«, meinte sie nach einem kräftigen Schluck.
    »Nicht zu vergleichen mit dem, was ihr im Palast von Cashel trinkt, nehme ich an?«
    Fidelma zog eine Braue hoch.
    »Du weißt also, wer ich bin?«
    »Ich bin eine Frau mit Geheimnissen.« In Clídnas Augen funkelte der Schalk. »Wo sonst landen Geflüster und Gerüchte als in den Ohren von solchen wie ich?«
    »Erzählst du mir etwas über dich? Wie bist du zu diesem Beruf gekommen?«
    »Ich war die Tochter von Geiseln. Meine Eltern gehörten zu den Uí Fidgente und wurden nach der Schlacht an der Apfelfurt gefangengenommen, in der Dicuil, der Sohn des Fergus, von den Männern von Cashel erschlagen wurde.«
    Geiseln hatten keine Rechte in der Gemeinschaft und mußten arbeiten, bis das Lösegeld gezahlt wurde oder die nächste Generation automatisch freikam.
    »Ich wurde geboren, bevor meine Eltern gefangengenommen wurden«, fuhr Clídna fort. »Deshalb bin ich keine freie Frau. Ich hatte keine Rechte im Clan, und deshalb bin ich das, was du vor dir siehst: eine Frau mit Geheimnissen. Ohne Sühnepreis, ohne Status, ohne Brautpreis. Ohne Eigentum.«
    »Wem gehört die Hütte hier?«
    »Sie steht auf Agdaes Land.«
    »Ach, Agdae vom Schwarzen Moor?«
    Clídna lächelte leicht.
    »Natürlich bezahle ich ihm Miete.«
    »Natürlich.«
    »Ich schäme mich nicht für das Leben, das ich führe.«
    »Habe ich gesagt, daß du das tun solltest?«
    »Leute deines Berufs, wie Pater Gormán zum Beispiel, möchten mich am liebsten auspeitschen und aus dem Lande jagen lassen.«
    »Pater Gormán vertritt sehr extreme Ansichten.«
    Clídna sah Fidelma einigermaßen überrascht an.
    »Du willst mir doch nicht sagen, daß du das gutheißt, was ich bin?«
    »Daß ich dich gutheiße oder deinen Beruf?«
    »Läßt sich das trennen?«
    »Das hängt vom Einzelfall ab. Mein Lehrer Morann von Tara hat mir beigebracht, ich solle nie andere Leute mit meiner eigenen Elle messen.« Fidelma hielt inne. »Ich bin aber nicht hergekommen, um mit dir über deine Lebensweise zu sprechen, Clídna. Ich bin gekommen, weil ich mich freuen würde, wenn du mir mit ein paar Auskünften helfen würdest.«
    Die Frau zuckte die Achseln.
    »Es gibt wenig in dieser Gegend, was ich nicht erfahre.«
    »Eben. Dux

Weitere Kostenlose Bücher