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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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herumschlagen.
    Selten hatte er eine so harte Nuss zu knacken gehabt. Sicher war er zu nachgiebig gewesen, sogar dumm, als er Grabbe auftrug, die beiden Frauen mit einer Mahlzeit zu versorgen. Aber auch Jagdterrier haben ein Herz, einige sogar ein menschliches. Er fand es müßig, damit zu hadern, und machte sich wieder an die Arbeit.
    Magda Knebusch saß kerzengerade auf dem Schemel. Sie war noch schmutziger als am Morgen, auch stank sie noch unangenehmer, doch obwohl Wagner in ihren Augen Angst aufblitzen sah, überwog eine kalte Ruhe, die den nur mühsam im Zaum gehaltenen Zorn kaum verbarg.
    ‹Noch ein bisschen zwiebeln›, dachte er, ‹nur ein bisschen noch. Dann bricht der Zorn durch, und wer zornig ist und die Beherrschung verliert, verrät sich. Immer.›
    Leider hatte er das schon vor einer Stunde gedacht, allmählich wurde er den Zweikampf der immer gleichen Fragen und Anschuldigungen, der immer gleichen Antworten und Erklärungen müde. Diese eine Stunde hatte er sich gegeben gehabt, er war froh, als sie herum war. Neele Ellert konnte er leichter zum Reden bringen, sie hatte inzwischen allein im Kerker geschmort, das musste ihr den Rest gegeben haben. Aber nicht deshalb hatte er zuerst die Stärkere allein befragt, sondern weil das der schwerere und damit verdienstvollere Weg war. Das war töricht gewesen. Und reine Eitelkeit.
    «Ich sag’s dir noch einmal», begann er einen letzten Versuch, «hör auf mit deiner dämlichen Spazierganggeschichte. Die glaubt dir kein Mensch und erst recht kein Richter. Gib zu, was ihr getan habt. Denk dran: Heute Morgen habenwir deinen alten Vater weggeschickt. Wenn du dich nun besinnst, lass ich ihn holen. Dann kann er dich sehen und trösten. Oder du ihn. Sag mir, wer die dritte ist, und ich verspreche, es wird für euch glimpflicher abgehen, als du jetzt glaubst.
Und
noch etwas.» Er zog einen Schemel heran, setzte sich direkt vor Magda und sah ihr gerade in die Augen. «Ich sollte dir das gar nicht sagen. Ich tu’s trotzdem. Ich weiß, dass ihr Hecker, Müllerjohann, Schott und Bocholt überfallen habt. Halt den Mund! – Ich weiß es. Es ist nur eine Frage der Zeit, bis ich es restlos beweisen kann. Restlos! Sei froh, dass ich mir so viel Mühe gebe. Was glaubst du, wie viele die Richter schon verurteilt haben, ohne dass deren Schuld tatsächlich bewiesen war. Mit solchen wie euch hält das Gericht sich sowieso nicht lange auf. Da wird ruck, zuck verurteilt.»
    «Wenn es das war, was Ihr mir sagen wolltet, hättet Ihr Euren Atem sparen können», sagte Magda und beugte sich frech vor, bis ihre Nase fast die seine berührte. «Das ist nichts Neues. ‹Solchen wie uns.› Was soll das heißen? Wir sind spazieren gegangen, wir haben nicht das Geringste mit diesen Überfällen   …»
    «Sei doch nicht so blöde», brüllte Wagner, «diese dämliche Ausrede.» Tief aufschnaufend zwang er sich zur Ruhe. «Hör zu, was ich sage: Ich glaube nicht, dass ihr den Oberleutnant in dem Eiskeller eingesperrt habt und erfrieren lassen. Hörst du: Ich glaube nicht, dass ihr Mörderinnen seid. So. Und jetzt gib endlich die Überfälle zu, die bringen euch doch nicht an den Galgen.»
    «Darauf soll ich reinfallen?» Magdas Lachen klang nicht einmal bitter, sondern nach fröhlichem Spott. «Versprechen, die in dieser Stube gemacht werden, sind so viel wert wie ein ausgeblasenes Ei. Das weiß jeder. Für wie dumm haltet Ihr mich? Ich soll gestehen, was wir gar nicht getanhaben, damit wir nicht für etwas sehr viel Schlimmeres angeklagt werden, was wir ebenso wenig getan haben? Ihr verschwendet Eure Zeit mit uns, Weddemeister, und draußen laufen die wahren Täter rum und lachen.»
    Wagners Gesicht nahm die Purpurfarbe eines reifen Kalvill-Apfels an.
    «Lachen?», stieß er mit zusammengebissenen Zähnen hervor. «Lachen? Sicher ist, wer hier
nicht
mehr lachen wird. Das bist du. Und deine greinende Freundin. Was ist los?!!» Wütend fuhr er herum, als die quietschenden Angeln der Tür einen Störer ankündigten. «Habe ich nicht klar genug gesagt, dass ich ungestört sein will, Grabbe?»
    «Das habt Ihr gewiss, lieber Weddemeister, Euer Gehilfe hat es noch und noch beteuert. Aber ich störe nicht, ich erspare Euch einen höchst betrüblichen Irrtum.» Madame Hecker stand mit der leutseligen Würde einer Königin in der Tür und sah auf die beiden sie verblüfft anstarrenden Gesichter hinunter.
    Magda fing sich zuerst. Sie sprang auf, knickste und blieb, die Hände auf dem Rücken

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