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Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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sagt Monsieur Müllerjohann, seien mindestens drei Kerle über ihn hergefallen, wahrscheinlich vier, sie haben ihm gleich die Augen verbunden, er konnte sie also nicht sehen. Er habe sich tapfer gewehrt, als Hauptmann der Bürgerwache sei ihm das selbstverständlich gewesen. Ja, gewehrt. Allerdings», überlegte Wagner und seine Oberlippe kräuselte sich ein winziges bisschen, «hat er bis auf einen Kratzer an der rechten Schläfe keinerlei Blessuren, ohne die ein solcher Kampf doch für gewöhnlich nicht abgeht. Dann wurde er geknebelt und gefesseltund in die Grube gelegt, der Überfall fand nämlich auf dem Gertrudenfriedhof statt. Dort ist immer eine Grube für das gemeinschaftliche Armengrab offen, bis, ja, eben bis sie voll ist und eine neue gegraben wird. Sie haben ihn ausgezogen bis aufs Hemd und alle Kleider mitgenommen, Schuhe, Dreispitz, alles. Natürlich auch, was in den Taschen war, insbesondere beklagt er den Verlust seiner silbernen Uhr und einer Börse mit dreizehn Louisdor. Dreizehn Louisdor, wer trägt einen solchen Schatz in der Tasche herum? Alles verloren. Und ausgezogen bis aufs letzte Hemd», wiederholte er nachdrücklich, und seine Lippe kräuselte sich stärker.
    Esbert Müllerjohann hatte unter einem Berg von Decken in einem Lehnstuhl gesessen, als Wagner ihn besuchte, gleich nachdem er die Nachricht von dem Überfall bekommen hatte. Madame Müllerjohann und ihre älteste Tochter, ein Mädchen von etwa fünfzehn Jahren, das seinem Vater auf verblüffende Weise glich, flatterten um ihn herum, versuchten seine Wünsche zu erahnen und seine Befehle auszuführen, was an diesem Morgen noch schwieriger war als gewöhnlich. Aus der Küche roch es köstlich, Wagner, der keine Zeit für ein Frühstück gehabt hatte, lief das Wasser im Munde zusammen. Der Herr des Hauses verlangte jedoch einzig nach Majorantee. Er erzählte Wagner seine Geschichte, klagte, der Tee sei zu heiß und zu bitter, die Bewachung der Stadt eine Schande, im Übrigen brauche er nun Ruhe, nichts als Ruhe. Wagner bat um eine genaue Auflistung und Beschreibung der gestohlenen Kleider und, ja, auch der Uhr, er werde am Abend jemanden schicken, um sie zu holen. Wenn die Kleider oder die Uhr verkauft würden, und das würden sie zweifellos, bestehe die Gelegenheit, sie zu finden und damit die Verkäufer. Münzen sähen ja leider alle gleich aus, die Louisdor müsse er alsverloren betrachten. Dafür habe er sein Leben erhalten, was nicht zu verachten sei. An dieser Stelle entschlüpfte Madame Müllerjohann ein Schluchzer, und Wagner beeilte sich, sich zu verabschieden.
    Der Besuch im
Wilden Bär
bescherte ihm auch keine neuen Erkenntnisse. Valerie, die ihm um diese frühe Stunde erst nach heftigem und ausdauerndem Klopfen öffnete, zeigte sich tief betroffen. Sie bedauerte, nicht mit Auskünften helfen zu können. Den Namen des Laternenträgers wisse sie ebenso wenig wie den Posten, an dem er auf seine Kundschaft warte. Just als Monsieur Müllerjohann sich von seinen Freunden verabschiedete, habe sie durch die vorderen Fenster die Laterne über den Markt näher kommen sehen und sei gleich hinausgelaufen, weil sie sicher war, dass Monsieur so spät nicht alleine und unbewacht nach Hause gehen wolle. Ja, gewiss kenne sie einige der Laternenträger, sie müsse oft welche holen lassen, aber diesen habe sie nicht gekannt. Was nichts Besonderes sei, manche täten diese Arbeit ihr Leben lang, andere nur für kurze Zeit, bis sie eine einträglichere Beschäftigung fänden, denn wer arbeite schon gerne nachts. Was Müllerjohann an diesem Abend mit seinem Freunden besprochen hatte, wusste sie nicht. Aber, fügte sie spitz hinzu, das könne nicht von Belang sein, denn die Herren hätten beinahe eine Stunde nach Monsieur Müllerjohann das Gasthaus verlassen.
    «Er wurde erst am Morgen gefunden», berichtete Wagner weiter, «natürlich, in der Nacht ist niemand auf einem Friedhof, jedenfalls wenn man nicht an Geister glaubt. Die Totengräber und die Alte kamen mit der Leiche ihres Mannes, um die zur letzten Ruhe zu betten, nur der Pastor war noch nicht da, und dann, nun ja, dann hockte schon jemand in der Grube, der dort nicht hineingehörte.»
    «Wagner», fragte Rosina, «kann es sein, dass dieser Überfall Euch amüsiert?»
    «Niemals!» Er richtete sich auf und verschränkte energisch die Arme vor der Brust. Die Empörung gelang ihm schlecht, was aber nur Rosina bemerkte.
    «Müllerjohann, sagt Ihr?», fragte Anne. «Esbert Müllerjohann? Nein,

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