Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote im Eiskeller

Der Tote im Eiskeller

Titel: Der Tote im Eiskeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
Vom Netzwerk:
halten sollte. Pullmann war höflich gewesen, gleichwohl hatte er eine gewisse Arroganz nicht verbergen können, wie Wagner sie nur zu gut von den Bürgern kannte. Auch nicht seinen Hang zur Freigeisterei. Wenn er es nun bedachte, erschien ihm Pullmann trotzdem als ein angenehmer Mensch.
    Noch etwas fragte er sich: Ob Karla und Marie einander trafen und seine Frau ihm nur nicht davon erzählte. Wagner war nicht sicher, ob er es wirklich wissen wollte.
    Inzwischen hatte er die nächste Bastion erreicht, Vincent. Er nahm wieder wahr, was um ihn herum vorging, und beschleunigte seine Schritte. Er hatte schon zu lange herumgetrödelt. Aber noch einmal ging er langsamer, weil er sich plötzlich an etwas erinnerte, das er nicht genug beachtet hatte.
    Unterhalb der Bastion, zwischen der Wallstraße und dem Ufer der Binnenalster, befanden sich außer einigen Wohnhäusern und einem großen Stall für die Pferde von Bürgern, deren Häuser für einen eigenen Stall zu eng beieinander standen, eine Pulvermühle, eine Constablerwache und das Wohnhaus ihres Kapitäns. Es gab auch einige Gärten, einen Teich und direkt an der Straße eine Hütte für auf Kundschaft wartende Laternenträger.
    Die Laternenträger. Obwohl streng darauf geachtet wurde, dass sie ihren Dienst nicht betrunken ausführten und es in Gegenwart ihrer Kunden unterließen zu fluchen, war ihr Ruf nicht der beste. Einige, das wusste nicht nur Wagner, verdienten sich ein geringes Zubrot, indem sie Augen und Ohren für die Wachen aufhielten. Was sie kaum beliebter machte. Auch der Weddemeister hatte für einige Zeit so einen Spion gehabt, bis der eines Tages verschwand, niemand wusste, wieso und wohin. Männer verschwanden eben, sie gingen einfach durchs Tor oder heuerten auf einem Segler an, auf der meist vergeblichen Suche nach einem besseren Leben.
    Müllerjohann, der Makler, der beim Gertrudenfriedhof überfallen und in das Grab gesetzt worden war, hatte sich auf seinem nächtlichen Nachhauseweg von einem Laternenträger begleiten lassen, der im Moment der Gefahrheimlich und leise verschwunden war. Und am Morgen nach der Sturmnacht war in der Nähe des Pferdemarktes, damit auch in der Nähe des Gertrudenfriedhofes, ein Laternenträger gefunden worden. Mausetot. Abgesehen von dem Ermordeten im Eiskeller war er das einzige Opfer jener Nacht.
    Wagner blieb stehen und starrte zu der am hellen Tag verlassenen Hütte hinüber. Der Wundarzt im Eimbeck’schen Haus hatte gesagt, der Mann sei von dem Ast erschlagen worden, der neben ihm gelegen hatte. ‹Von dem Ast oder mit dem Ast?›, hatte Wagner gefragt, und der Arzt hatte gleich verstanden: ‹Ihr wollt wissen, ob jemand den herabgefallenen Knüppel benutzt hat, ihn zu erschlagen? Das ist unwahrscheinlich, wenn nicht gar unmöglich. Ich habe den Ast gesehen, er ist dick, lang und schwer und mit großer Wucht auf den Mann hinuntergekracht. Wenn’s nicht der Sturm oder der Teufel war, müsste es ein hünenhafter Kerl gewesen sein. Ihr seht zu viele Verbrechen, Weddemeister. Den hier hat nichts als die Wucht des Unwetters das Leben gekostet.›
    Wenn es nun doch ein Teufel gewesen war, ein menschlicher? Wenn einer die Laterne des Trägers hatte stehlen und seinen Platz einnehmen wollen? Das war ein irriger Gedanke, die Laterne hatte neben dem Toten gelegen.
    Wagner ging weiter. Er marschierte rasch am Drill- und am Spinnhaus vorbei, und als er in die Straße einbog, die an St.   Petri vorbei direkt zu seinem Ziel, der Fronerei, führte, grübelte er längst wieder darüber nach, wie er den Bauern und seine Begleiterin finden könnte.

KAPITEL 8
    Die Sonne stand schon tief und verlieh dem Wasser der Elbe einen rötlichen Schimmer, als Rosina über den Hamburger Berg zur Stadt zurückging. Wie immer kurz vor Toresschluss drängten sich auf der Straße zwischen Hamburg und Altona Wagen, Karren und Fußgänger. Besonders die in Richtung Hamburg hatten es eilig, wer um diese Stunde nach Altona wollte, konnte sich mehr Zeit lassen. Die Stadttore am Beginn des dänischen Herrschaftsbereiches waren nicht viel mehr als breite Pforten in einem Zaun, selbst wenn sie schon geschlossen waren, fand sich ein Weg in die unbefestigte, kleinere Stadt. Wer hingegen den Hamburger Torschluss verpasste, musste eine teure Gebühr bezahlen oder draußen bleiben. Nach Mitternacht half auch keine Gebühr, dann blieben die Tore zu.
    Rosina war vor dem Staub der Straße auf den Fußweg entlang dem Hochufer ausgewichen. Kurz bevor eine

Weitere Kostenlose Bücher