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Der Tote im Grandhotel

Der Tote im Grandhotel

Titel: Der Tote im Grandhotel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Bellin
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fünfundvierzig Mark gekostet. Pro Stück!
    Aber Monica war glücklich gewesen und auch nicht böse, daß er
    hinterher zu müde war für die Liebe. Wenn, dann sollte es auch
    rauschen im Karton. Bloß keine matten Sachen, keine Pflichtübungen, da waren sie sich einig … zum Glück.
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    Er hatte zu Hause noch zwei Schlummerbierchen genossen und
    einen Cognac als späten Absacker geschlürft, und jetzt war die Be-scherung da. Das typische, pelzige Gefühl im Mund, die eklige, tap-sige Gliederschwere. Dazu kam das Bewußtsein, daß es gestern eigentlich zu teuer gewesen war. Schließlich war man nicht Herr Esso persönlich.
    Gut, sie verdienten beide und hatten keine Kinder, waren also
    DINKS, double income, no kids, es hatte nicht funktioniert mit
    dem Nachwuchs, sie hatten beide viel mitgemacht, bevor sie kapi-tuliert hatten, und irgendeinen kleinen Exoten zu adoptieren, das paßte ihnen auch nicht, die wurden hier nicht wirklich glücklich, und darauf kam es schließlich an.
    Monica schlief noch. Sie hatte erst ab Mittag Dienst. Bernd We-
    del machte sich leise zurecht, aß sein Müsli und ging die zehn Minuten zur U-Bahn. Punkt acht saß er hinter seinem Schreibtisch.
    Sie hatten ihn vor drei Monaten befördert und in ein feineres Büro versetzt, so etwas wie ein Aufstieg. Seine Wohnung lag verkehrs-günstig zum Büro, das war die Hauptsache bei den vielen Staus auf den Straßen.
    Wedel nahm sich noch einmal die Notizen zum Fall ›Toter im
    Hotel‹ vor. Aus den Tips, die zu den Phantombildern eingegangen waren, hatte sich bisher nichts Brauchbares ergeben. Aber es gab etwas und, daraus resultierend, eine Theorie, total wacklig, und doch geradezu faszinierend. Eine Spur! Ein handfester Fund!
    Natürlich hatten sie alles gecheckt, was die Hugendübels im Ho-
    telzimmer zurückgelassen hatten. Auffällig war, daß es ausschließ-
    lich Sachen der Frau waren. Nicht einmal ein Rasierapparat. Eine einsame Zahnbürste. Der Kerl hatte sich in Luft aufgelöst. Merkwürdig.
    Die Sensation aber steckte in der Reisetasche, nachempfundenes
    Vuitton, einfach im Seitenfach. Der Reißverschluß war nicht einmal zugezogen.
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    Harmlos auf den ersten Blick: Kinderspielzeug. Ein Malbuch, ein Heft mit Stickern, lauter scheußlich kitschige Monster, höchst geschmacklos und pädagogisch total daneben. Und, in Mickymaus-
    Papier eingewickelt, ein Karton aus Plastik und Pappe, mit einem
    ›Schaufenster‹, durch das man gleich den Inhalt sah. Knete in Stan-genform, rot, orange, grün und schwarz, daneben kleine Plastikformen wie zum Plätzchenbacken. Blume, Baum, Hase, Haus. Auf
    dem Rand des Deckels war in bunten Bildern gezeigt, was man da-
    raus machen konnte, ›für Kinder ab drei‹, Aufschrift in Englisch und Spanisch und Deutsch.
    Beim Öffnen im Labor verströmte die Knete einen leichten Nit-
    ro-Geruch. Chemikers Sternstunde! Die Knete war Sempex H, der
    Wundersprengstoff, weltweit Lieblingswaffe von Terroristen und anderen Schwerverbrechern. Stammte ursprünglich aus Tschechien,
    kursierte aber inzwischen weltweit, oft kopiert, nie erreicht.
    Im Pan-Am-Jumbo ›Maid of the Seas‹, der 1988 bei Lockerbie ab-
    gestürzt war, waren dreihundert Gramm Sempex im Kofferradio
    eingeschleust und gezündet worden. Die IRA hatte Häuser damit
    gesprengt; Tote inklusive. Es wurde unter Autos und hinter die Tresen von Lokalen geklebt, in Kaufhausfahrstühlen versteckt und für Explosionen jeder Art verwendet.
    Der Chemiker Stanislaw Brebera hatte es einst für Nord Vietnam
    als Super-Version seiner Erfindung Sempex kreiert. Jetzt war es eine Legende. Ging überall hin, wo im großen Stil oder auch nur mal
    eben so getötet werden sollte. Die Tschechen hatten inzwischen
    kalte Füße bekommen, machten mehr die harmlose Ausgabe für
    Sprengungen in Steinbrüchen und Ähnliches. Aber Sempex H blieb
    im Rennen.
    Die Knete ließ sich einfach transportieren. Luftdicht in Plastik verpackt – wie in dieser Spielzeugschachtel – passierte sie die raffinier-testen Kontrollen auf Flughäfen und Straßen.
    Solange nicht eine Prise Initialzündstoff dazukam, war der Trans-67
    port völlig harmlos. Das ›Kind ab drei‹ hätte wirklich unbeschadet Häuschen, Häschen und Vögel aus dieser Schweinerei basteln können. Mörder konnten es überall unauffällig anbringen, weil es sich in jede beliebige Form kneten ließ.
    Die gefundene Menge Plastiksprengstoff im Mickymaus-Papier
    war eigentlich zu gering als Anlaß für einen Mord, wie auch

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