Der Tote im Kofferraum
jemandem von Sunset Lodge zu begegnen, um mich nach dem Befinden von Mrs. Warwick-Smith zu erkundigen. Sie wissen wohl nichts darüber?«
»Nein, nichts Genaues, nur daß sie sich sehr tapfer hält. Natürlich herrscht im Haus eine ziemliche Spannung. Aber das ist kein Wunder nach einem ungelösten Mord. Ein nettes Mädchen gibt es dort«, meinte Jim hinterlistig. »Eine gewisse Miss Hunt. Hat gerade erst dort angefangen, macht aber ihre Arbeit sehr gut.«
Jim entging der interessierte Blick nicht, aber Wallace sagte nur: »Ja, ich kenne sie. Tatsächlich ist es sogar meine Schuld, daß sie in all das hineingezogen wurde. Wenn ich sie nicht überredet hätte, mit mir eine Tasse Tee zu trinken, dann hätte sie ihr Auto nicht verlassen, und der Mörder hätte keine Gelegenheit gehabt, die Leiche in ihrem Kofferraum zu verstecken.«
»Das ist garstig für sie, aber ich glaube nicht, daß sie sich deshalb große Sorgen macht. Immerhin kannte sie den Kerl ja überhaupt nicht, bis auf den flüchtigen Blick, den sie auf die Leiche werfen mußte. Sie geht voll darin auf, sich um Mrs. Warwick-Smith zu kümmern, und das ist gut für sie.«
»Ja, so habe ich sie eingeschätzt. Natürlich ist es für Grace im Moment die Hölle, aber schließlich...«
»Schließlich ist sie ein Ekel von Mann losgeworden, nach allem, was ich bisher gehört habe. Aber zurück zu dieser Stute. Was steckt hinter dieser Nervosität?«
»Eine verdammte Grausamkeit. Eines Tages kam ich zu einer Farm, deren Besitzer einer von jenen unangenehmen Zeitgenossen ist, die nur ans Geldverdienen denken und die sich einen Deut um ihr Land oder ihre Tiere scheren. Er hatte diese Stute gekauft und wollte sie auf Rennen laufen lassen. Ihr Stammbaum ist gut.«
»Sie nannten sie Fan. Das ist sicherlich nur der Kosename.«
»Eine Abkürzung von Wandering Fancy. Sie werden die Züchtung kennen. Nun, wie ich schon sagte, dachte er, er hätte ein Juwel gekauft, und mußte dann feststellen, daß sie diese unangenehme Angewohnheit hatte, vor Kleinigkeiten zurückzuschrecken und sich aufzubäumen. An jenem Tage hätte sie ihm fast das Genick gebrochen, und als ich ankam, drosch er mit einem Holzknüppel auf sie ein. Er hatte die Beherrschung verloren und schlug sie wütend auf den Kopf. Da verlor auch ich die Fassung.«
»Kein Wunder. Das hat sicherlich eine saubere Prügelei gegeben.«
»Ja, ich fürchte, so war es. Ich sah einen Moment lang rot und konnte froh sein, daß er mich nicht wegen Körperverletzung verklagte. Ich verpaßte ihm eine saftige Tracht Prügel, und er hängte die Sache nur deshalb nicht an die große Glocke, weil er Angst hatte, es könnte in die Presse kommen und ihm noch eine Anklage wegen Tiermißhandlung einbringen. Allerdings fiel die Einigung zu seiner Zufriedenheit aus — er kassierte eine unverschämte Summe für die Stute. Aber das machte mir nichts aus. Ich hatte nicht die Absicht, ihm die Stute zu lassen.«
Jim nickte. Er mochte diesen jungen Mann. Nichts gefiel ihm mehr als richtiges Temperament, besonders wenn es um eine so gute Sache ging. »Ich hätte dasselbe getan. Aber Sie hatten Glück, nicht weil Sie der Anklage entgingen, sondern weil Sie das Pferd bekamen. Ich meine, es ist ein Prachtexemplar.«
»Das ist auch meine Meinung. Wenn ich ihr nur dieses lästige Aufbäumen abgewöhnen könnte. Jemand braucht nur die Hand zu heben, und schon führt sie sich wie eben auf.«
»Eine Schande. Die üblichen Kunstgriffe haben Sie sicherlich probiert.«
Jim fühlte sich in seinem Element und zählte alle Möglichkeiten auf, die es in dieser Hinsicht gab. Ja, Keith hatte alles versucht. »Ich habe ihr sogar keine Zügel mehr angelegt, weil sie alle aufgearbeitet hat. Deswegen führe ich immer ein Seil am Sattel mit. Daran kann sie zerren, so viel sie will, ohne großen Schaden anzurichten.«
»Sie werden es schon schaffen. Da hilft nur Geduld. Ich hatte mit Knight-at-Arms am Anfang meine wahre Not, wie Sie vielleicht gehört haben.«
Wallace hatte davon gehört, aber er hätte gern mehr darüber erfahren, und so sprachen die beiden Männer noch zehn weitere Minuten über Pferde. Als sie sich an den Torpfeilern von Sunset Lodge trennen wollten, blickte Jim die Auffahrt entlang und zischte. »O Gott, das ist der Wagen meiner Schwiegermutter. Was führt sie hierher? Ich sollte besser gehen und aufpassen, daß sie nicht alles durcheinanderbringt. Wollen Sie nicht mitkommen?« Er lud Wallace ein, denn er hatte Keith’ Gesicht
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