Der Tote im Kofferraum
lächerlich hohen Kosten für zwei Personen. Minnie in einem Hotel mit Vollpension unterzubringen bedeutet eine sträfliche Geldverschwendung. Diese dumme Person ißt so wenig, daß man das Geld gleich zum Fenster hinauswerfen könnte. Der dritte Grund sind die verdammten Reporter.«
Die letzte Begründung trug sie mit einer Mischung aus Verärgerung und Stolz vor. Jim kannte Augustas wahre Gefühle nur zu gut. Zuerst hatte sie die Gelegenheit genutzt, um von der kostenlosen Reklame zu profitieren. Aber jetzt wurden ihr die Geister, die sie gerufen hatte, lästig. Vielleicht hatte sie auch die Belustigung in den Gesichtern der Reporter bemerkt, denn schließlich war sie nicht dumm. Sie hatte den Verdacht, daß sie hinter ihrem Rücken lachten, und dieser Gedanke war ihr unerträglich. Deswegen wollte sie jetzt, wie sie es ausdrückte, »fort von all der Gemeinheit und mit ihrer Inspiration allein sein«.
»Und mit Miss Pink«, erinnerte sie Jim als praktischer Mensch. »Du möchtest also hier am Ort bleiben, aber nicht im Hotel. Was hast du vor?«
Augusta blickte ihn, wie Annabel zu sagen pflegte, »altmodisch« streng an und sagte: »Das ist ein Problem, von dem ich erwarte, daß du es für mich löst. Schließlich bist du ein Mann. Da solltest du in der Lage sein, dich um so etwas zu kümmern.«
Gott steh dem Mann bei, der versucht, sich um dich zu kümmern, dachte Jim. Laut sagte er nur: »Ich würde gern versuchen, dir zu helfen, wenn ich nur wüßte, was du willst. Denkst du an eine Privatunterkunft? Ich bezweifle, daß es hier so etwas gibt.«
»Natürlich nicht. Eine Privatunterkunft wäre vermutlich noch schlimmer als das Hotel. Nein, ich möchte, daß du ein Ferienhaus für mich suchst, wo ich in Ruhe arbeiten kann. Das sollte im Winter nicht so schwer sein; da gibt es in der Gegend keine Feriengäste. Wenn ich ein Ferienhaus miete, dann kann Minnie wenigstens ihr Gehalt mit Hausarbeit verdienen. Das bewahrt sie davor, ihre Zeit mit der Lektüre von Rennberichten zu vergeuden. Bestimmt, diese Frau regt mich auf. Allerdings tippt sie ganz gut, und wenn wir erst das Hotel verlassen, wird sie vielleicht auch mehr Rücksicht auf mich nehmen. Dann muß ich auch nicht mehr zuschauen, wie sie im Essen herumstochert, das ich so teuer bezahle. Sie sagt nämlich, daß ihr das Essen im Restaurant nicht schmeckt. Also hoffe ich, daß sie selbst besser kochen kann. Im Moment macht sie mich wahnsinnig. Sie knabbert wie ein Kaninchen.«
Jim grinste, denn wieviel Ähnlichkeit Minnie Pink mit einem Nagetier besaß, war auch ihm aufgefallen. Dann seufzte er schwer. Wie um alles in der Welt konnte er an diesem Ort, wo er niemanden kannte, ein Ferienhaus finden? Augusta erwartete immer Wunder von ihm. Und das merkwürdigste war, dachte Jim, daß sie einen geradezu zwang, sie zu vollbringen.
Er wandte sich in seiner Hilflosigkeit an Keith Wallace, der sein Gespräch mit Delia gerade beendet hatte und auf ihn zukam, gefolgt von Trusty, der eine Dahlienwurzel erbeutet hatte. »Ich nehme nicht an, daß Sie mir vielleicht helfen könnten«, begann Jim und erklärte Keith, was seine Schwiegermutter von ihm erwartete.
»Zufällig kann ich Ihnen ein Ferienhaus vermitteln«, sagte Keith, und Augusta lächelte ihm gnädig zu. Gleichzeitig aber fuhr sie Jim an, er solle ihr doch, wenn es auch nicht mehr modern zu sein scheine, seinen Freund vorstellen. Sie sei in dieser Beziehung noch altmodisch. »Miss Hunt habe ich bereits getroffen. Sie hat sich netterweise in deiner Abwesenheit meiner angenommen. Aber diesen netten, einsichtigen jungen Mann...«
Jim beeilte sich, das Versäumte nachzuholen, und Augusta verschwendete ihren ganzen Charme an den überraschten Keith. »Und dieses Ferienhaus, das Sie liebenswürdigerweise angeboten haben?«
»Oh, es ist keine großartige Angelegenheit. Es hat nur vier Zimmer. Aber die Ausstattung ist ordentlich, und es ist sauber. Die Aussicht ist sehr schön, man blickt direkt auf den See.«
»Eine hübsche Aussicht, das ist es, was ich für meine Arbeit brauche«, sagte Augusta, und Jim wunderte sich, wie ihr ein hübscher Blick über den See beim Schreiben einer gemeinen Mordgeschichte helfen sollte.
»Ja, die Aussicht ist ganz in Ordnung, ebenso die sanitären Anlagen; aber die Möblierung ist ziemlich einfach. Es gibt nur etliche Sessel.«
»Einer würde schon genügen«, versicherte Augusta. »Und wo liegt das Häuschen?«
»Nicht weit von hier, in der Nähe meiner Farm. Der Besitzer
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