Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote im Kofferraum

Der Tote im Kofferraum

Titel: Der Tote im Kofferraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
Vom Netzwerk:
In der Ferne konnte er Eru arbeiten sehen, und in der Nähe trödelte Cornelius Pratt herum, der höchst unzulänglich und nur unter Murren seinen Pflichten nachkam. Er sollte wohl die Hecke, die Garage und Schuppen vom Garten trennte, schneiden, hatte aber augenscheinlich keine Lust dazu. Der frustrierte Künstler, dachte Jim und sah ihm amüsiert zu, wie er mit verächtlicher Miene ab und zu einen Zweig abschnitt. Warum dieses Künstlervolk sich wohl stets mit üppigen Bärten und außergewöhnlichen Kleidern ausstaffierte? Und wie wenig ihm die Arbeit schmeckte! Obwohl Jim ihn beobachtete, warf er die Gartenschere erbost hin und drehte sich zu Delia um, die gerade aus dem Haus kam und auf ihn zuging. Ein typischer zorniger junger Mann, dachte Jim; denn er kannte sich weder bei Künstlern noch bei Intellektuellen richtig aus und neigte dazu, sie als unbedeutend abzutun.
    Cornelius schien gerade mit Delia zu streiten, und Jim schlenderte zu den beiden hin. Nachdem sie die ungleichen Herren miteinander bekannt gemacht hatte, sagte sie: »Mr. Pratt behauptet, er könne heute nicht arbeiten. Ungünstige Witterungsverhältnisse oder seine sensible Künstlerseele oder ähnliches seien daran schuld. Ich habe ihm gesagt, daß wir anderen versuchten, unseren Alltagspflichten nachzukommen. Das wäre der beste Weg, Mrs. Warwick-Smith zu helfen. Aber er kann oder will das nicht einsehen.«
    Pratt wandte sich mit verzweifelter Miene an Jim. »Diese Kleinbürger... Wie kann mein Heckenschneiden Mrs. Warwick-Smith helfen? Diese verdammte Hecke braucht nicht einmal einen Schnitt, und ihr wäre es im übrigen egal, ob sie einen braucht oder nicht. Sie liebt diesen scheußlichen Landsitz nicht, hat ihn nie geliebt. Er war für sie ein Gefängnis. Jetzt aber ist sie frei.«
    Dieser Gesichtspunkt interessierte Jim; aber er sagte nur liebenswürdig: »Nun, ich neige eigentlich auch zu Ihrer Ansicht und kann ebensowenig einsehen, warum diese Hecke ausgerechnet heute geschnitten werden muß. Ich würde an Ihrer Stelle nach Hause gehen, wenn Ihnen danach ist.«
    Pratt lachte, wie Jim es interpretierte, nichtssagend. »Nach Hause? Ich habe kein Zuhause.«
    »Oh, seien Sie doch nicht so dumm«, sagte Delia ärgerlich. »Natürlich haben Sie ein Zuhause. Huia erzählte mir, Sie lebten in einer Hütte am See. Reden Sie nicht so, als müßten Sie die ganze Nacht auf dem Baum schlafen.«
    Jim wollte Frieden stiften. »Nun, wo immer es sein mag, ich an Ihrer Stelle würde hingehen. Sie sehen nicht so aus, als würden Sie heute noch etwas schaffen.« Er hatte nämlich bemerkt, daß Pratts Gesicht, soweit es über dem Bart sichtbar war, sehr blaß aussah und seine Augen blutunterlaufen waren. Der unglückliche junge Mann tat ihm leid. »Ich langweile mich und kann Sie ein Stück begleiten, wenn Sie möchten.«
    Pratt sah ihn dankbar an und warf Delia einen bösen Blick zu.
    »Dann gehe ich eben. Sie wird es verstehen. Sie versteht immer alles.«
    Zum Abschied gab er der Gartenschere noch einen Tritt und wandte sich dem Tor zu, gefolgt von Jim. Delia lachte gefühllos, hob die Gartenschere auf und dachte erleichtert: Nun, wenigstens ein lahmer Hund, den mein Charme kalt läßt. Dem Himmel sei Dank, daß er mich verachtet. Das Leben ist auch ohne Cornelius Pratt als Verehrer schon kompliziert genug. Sie ging ins Haus zurück und dachte dabei an Keith Wallace. Ob sie ihn wohl heute sehen würde?
    Unterwegs versuchte Jim ganz schamlos Cornelius auszuhorchen, jedoch ohne viel Erfolg, weil der Künstler mit seinem eigenen Seelenleben voll beschäftigt war. Er sei so sensibel, erzählte er Jim, daß er nach dem scheußlichen Verbrechen unfähig sei, an seinem Bild weiterzumalen. Für Jim, der gewohnt war, mit beiden Beinen auf der Erde zu stehen, hörte sich das wie barer Unsinn an. Pratt mochte eine sensible Seele haben; was aber nicht zu übersehen war, das war sein ungewöhnlich kräftiger, muskulöser Körper. Der Statur nach hätte er leicht einen schmächtigen Mann wie Warwick-Smith in den Kofferraum heben können.
    Die Hütte, die der Künstler bewohnte, war nur eine Meile entfernt. Pratt erzählte, daß er oft mit dem Moped führe, um kostbare Zeit zu sparen, worauf sich Jim wunderte, warum gerade für Cornelius die Zeit so kostbar war. Aber das Moped wäre kaputt. Er hätte am Tag, als der Mord geschah, vergeblich versucht, es zu reparieren. Nun stünde es immer noch im Schuppen von Sunset Lodge. Ein Auto habe er selbstverständlich nicht,

Weitere Kostenlose Bücher