Der Tote im Kofferraum
Krankheit seiner Frau gemacht würde, desto schneller würde sie sich erholen. Um ehrlich zu sein: ich muß gestehen, daß ich den Eindruck hatte, er wolle die Sache verharmlosen. Mehr als einmal sagte er zu mir, das sei alles eine Nervensache, welche Ansicht ich überhaupt nicht teilte. Mrs. Warwick-Smith ist keine Neurotikerin.«
»Wenn Sie anderer Meinung waren, dann war Ihre Situation sicherlich schwierig?«
»Sehr, und ich dachte schon daran, den Fall abzugeben.«
»Es wäre für sie hart gewesen, in einer Gegend, wo Sie der einzige Arzt sind.«
»Das war der eine Grund, weshalb ich ausgeharrt habe. Der andere war, daß mich Mrs. Warwick-Smith bat, sie trotz des Streits mit ihrem Mann weiterzubehandeln.«
»Hätte Ihre Patientin nicht auch gern einen Facharzt gesehen?«
»Dessen bin ich sicher, aber sie war unfähig, sich gegen ihren Mann durchzusetzen. Sie bat mich nur inständig, sie nicht zu verlassen, wie sie es ausdrückte. Deshalb übersah ich die ständigen Grobheiten ihres Mannes und besuchte sie auch weiterhin, in der Hoffnung, die Ursache des Leidens doch noch herauszufinden, notfalls indirekt über einen Facharzt.«
»Das muß nicht einfach für Sie gewesen sein, Dr. Brown. Ist Ihnen eigentlich nie aufgefallen, daß Mrs. Warwick-Smith’ Symptome die gleichen waren wie die einer langsamen Vergiftung?«
Der Arzt starrte Wright entsetzt an. »Gift? Unmöglich... Meinen Sie...?«
»Ich will damit sagen, daß jemand aus der nächsten Umgebung von Mrs. Warwick-Smith die Möglichkeit angedeutet hat. Es scheint, als ob Mr. Warwick-Smith großen Wert darauf legte, Tee und Kaffee für seine Frau selbst zuzubereiten und auch die Tassen eigenhändig zu spülen. Als er einmal das Spülen vergaß, wurde am Boden der Tasse ein Pulversatz gefunden. Darüber hinaus wurde beobachtet, daß es seiner Frau sichtlich besser ging, wenn er für längere Zeit verreist war, daß sich ihr Zustand aber sofort wieder verschlimmerte, kaum daß er zurück war.«
Dr. Brown wurde blaß. »Aber welches Gift — und warum?«
»Nun, den Grund werden wir herausfinden. Was das Gift anbelangt, so möchte ich diese Frage an Sie zurückgeben. Sind diese Symptome nicht für ein bestimmtes Gift charakteristisch?«
Dr. Brown sprach langsam und zögernd. »Das allerdings. Es sind die typischen Symptome für eine Arsenvergiftung. Das Gift wird zuerst in kleinen und allmählich in immer größeren Dosen über eine längere Zeit verabreicht, bis sich in der Leber genügend Gift angesammelt hat. Aber — aber das ist nicht möglich...«
»Ich fürchte, es ist möglich. Können Sie mir noch mehr über eine Arsenvergiftung erzählen?«
Dr. Brown sprach langsam, etwas verwirrt. Als ob er im Examen seine auswendig gelernten Antworten zum besten gibt! dachte Wright. Dieser junge Mann ist ehrlich und gewissenhaft, aber schließlich war es seine erste Praxis, und eine Arsenvergiftung dürfte ihm bislang kaum begegnet sein.
»Arsen wird schnell absorbiert und kann zum Teil durch die Nieren ausgeschieden werden. Aber ein Teil wird in der Leber gespeichert. Wenn es länger als eine Woche verabreicht wird, kann man es in den Haaren und Fingernägeln des Patienten nachweisen.«
»Wenn die Zufuhr für einige Tage unterbrochen wird, sind dann die Spuren immer noch vorhanden?«
»Ja, es bleibt lange im Körper. Es hat Fälle gegeben, wo man durch eine Analyse der Haare und der Fingernägel sogar noch annähernd die Menge der Dosen feststellen konnte und auch, ob die Giftgaben unterbrochen waren.«
»Mit anderen Worten, wenn Sie uns Proben von Mrs. Warwick-Smith’ Haaren und Nägeln bringen, können wir mit Sicherheit nachweisen, ob hier ein Giftmord geplant war?«
Der Arzt, der inzwischen an Selbstsicherheit gewonnen hatte, bestätigte: »Ohne Zweifel. Aber, Inspektor, mir erscheint es trotzdem unmöglich. Ich mochte Warwick-Smith nicht, aber er war bestimmt kein eiskalter Mörder, der seine Frau umbringen wollte. Und noch dazu so eine Frau? Ich kann mir nicht vorstellen, daß irgend jemand ihr etwas zu leide tun möchte.«
Wright seufzte. Noch ein Bewunderer. Das eine stand fest; wenn sie von ihrem Scheusal von Ehemann befreit werden wollte, hätte es gewiß nicht an Helfern gefehlt. Und wenn einer von ihnen auch noch Warwick-Smith’ mörderische Absicht erkannt hätte — wie Huia und damit auch Eru — , dann hätten ihn wohl kaum Gewissensbisse geplagt, als er den Giftmischer erschoß. Und einen schnellen Tod hatte er nicht einmal
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