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Der Tote im Kofferraum

Der Tote im Kofferraum

Titel: Der Tote im Kofferraum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Scott - Joyce West
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ihrer piepsigen Stimme.
    Einen Moment lang herrschte wieder Stille. Jim dachte amüsiert: Die Person steckt voller Überraschungen. Maori-Kultur und Pferderennen. Ist sie vielleicht auf beiden Gebieten eine kleine Expertin?
    Aber Augusta fuhr sie an: »Nun, Minnie, was verstehen Sie schon von der Kultur der Maori? Das ist ein Thema für Fachleute. Es erfordert sorgfältige Untersuchungen. Wenn ich meinen Roman schreibe, dann werde ich intensive Studien in Bibliotheken betreiben, sonst werden die Zeitungskritiker...« Sie hielt inne und dachte an ihre Feinde von der Presse.
    Wright, der die ganze Zeit an etwas anderes gedacht zu haben schien, raffte sich für einen Moment auf und sprach freundlich mit seiner kleinen zitternden Nachbarin. »Sie interessieren sich vor allem für den Aberglauben der Maori, Miss Pink? Ich auch, aber ich weiß nicht viel darüber. Natürlich kenne ich das Gesetz des tapu und weiß, was es für Eru für ein Schlag gewesen sein muß, als man ihn beauftragte, diesen Baum zu fällen. Aber ich habe immer nur hier und da etwas aufgeschnappt, ohne mir ein Gesamtbild machen zu können.«
    Minnie, die nach Augustas Bemerkung schamrot geworden war, fühlte sich von Wright ermuntert. Ihr Selbstbewußtsein wurde vollends wieder aufgerichtet, als Jim sagte: »Also, Miss Pink, erzählen Sie. Ich glaube, Sie sind ein ganz stilles Wasser. Wenn Sie über die Tradition der Maori genausoviel wissen wie über Pferderennen, dann können wir sicherlich etwas von Ihnen lernen.«
    Minnie war hingerissen von Jim Middleton. Er war in der Tat der netteste Mann. Auch der Inspektor hatte zu ihr gehalten. Denn Minnie war, trotz ihres Aussehens, keineswegs dumm. Sie hatte ihre Chefin, wie Jim vermutete, durchaus richtig eingeschätzt, aber ihr jetziger Job paßte zumindest in ihren Zeitplan. Sie würde nur noch einen Monat für Augusta arbeiten und dann, dank einer erfolgreichen Doppelwette in Trentham, sich erst einmal einen längeren Urlaub leisten. Einen Monat würde sie das egozentrische Benehmen von Mrs. Wharton schon noch ertragen; aber sie wollte sich nicht in aller Öffentlichkeit von ihrer Chefin herunterputzen lassen, zumal in Anwesenheit so vieler Männer. Allerdings war der Gedanke für sie tröstlich, daß zwei der Herren zu ihr gehalten hatten.
    Das ermutigte sie zu sagen: »Nun, Mr. Middleton, ich hatte einmal Gelegenheit, ziemlich viel über die Maori zu lernen. Natürlich ist es nicht so viel, wie die Fachleute darüber wissen.«
    Augusta war empört. Sie sah aus, als wäre sie von einem zahmen Kaninchen gebissen worden. Sie empfand es als lächerlich, daß dieses dumme Ding sich anmaßte, eine Autorität auf irgendeinem Gebiet zu sein; und wie töricht von den Männern, sie noch zu ermutigen! Natürlich war es in erster Linie Jim, der immer dazu neigte, zu unbedeutenden Leuten besonders nett zu sein. Und diesen Inspektor hatte sie offensichtlich auch falsch eingeschätzt, wenn er als Typ auch ganz brauchbar für ihr Buch war. Nur dem Aussehen nach, denn sein Privatleben kannte sie nicht; und Augusta bezweifelte, daß er eines hatte. Über Feuer und Leidenschaft, was sie ihrem Buchhelden angedichtet hatte, schien Wright jedenfalls erhaben.
    Sie sagte: »Lassen Sie das, Minnie, das hört sich ja wie völliger Unsinn an. Wann sollten Sie schon Gelegenheit gehabt haben, die Kultur der Maori zu studieren? Sie haben nie etwas davon erwähnt.«
    »Nein, Mrs. Wharton«, antwortete Minnie schüchtern, aber nicht ohne eine leichte Ironie, was Jim begeisterte. »Aber ich habe Ihnen überhaupt noch nicht viel aus meinem Vorleben erzählt. Sie haben mich nie danach gefragt.« Augusta schwoll sichtlich vor Zorn, als sie über diese freche Anwort nachdachte; sie mit Humor zu tragen entsprach nicht ihrer aufbrausenden Natur.
    Da griff Delia ein. »Erzählen Sie, Miss Pink. Haben Sie einmal für jemanden gearbeitet, der viel über die Maori und ihre Lebensart wußte?«
    Miss Pink, die noch immer krebsrot im Gesicht war — teils aus Verlegenheit, teils aus Triumph — , schluckte ihren letzten: Bissen hinunter, ließ klirrend ihre Gabel fallen und umklammerte, wie um sich selbst Mut zu machen, ihre graue Tasche. Sie sagte: »Ja, Miss Hunt, genau das habe ich getan. Ich habe damals für eine Schriftstellerin gearbeitet, die ein Buch über die Kultur der Maori schrieb. Es war eine sehr kultivierte Frau. Es war eine Ehre, für sie schreiben zu dürfen. Ich habe viel bei ihr gelernt.«
    Augusta schnaubte verächtlich.

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