Der Tote in der Wäschetruhe
gewordenen Geschädigten durch Vernichtung seines Lebens zu beseitigen und sich darüber hinaus dadurch materielle Vorteile zu verschaffen, handelten sie überlegt und gezielt und unternahmen sie alles, um dieses verbrecherische Ziel zu erreichen.«
»Im Namen des Volkes« verurteilt das Bezirksgericht im März 1979 Isolde Brechner zu fünf Jahren Freiheitsentzug. Die zum Tatzeitpunkt noch jugendliche Gerda Brechner wird für vier Jahre ins Gefängnis geschickt.
Wofatox, so stellt das Gericht fest, ist durchaus geeignet, einen Menschen zu töten. Die Gerichtsmedizin kennt es jedoch mehr als Suizid- und weniger als Mordmittel. In einer Dosis zwischen 30 bis 150 Gramm kann es tödlich wirken. Isolde und Gerda Brechner hatten 34 Gramm von dem Schädlingsbekämpfungsmittel in die Zigarettenbüchse abgefüllt, wie Kriminaltechniker nach Angaben der Angeklagten nachwogen. Merker hat davon höchstens ein Drittel zu sich genommen, weil die größere Menge des Tees letztlich im Ausguss landete. Das Opfer war mit kurzzeitig erhöhtem Herzschlag und abgesacktem Blutdruck, aber ohne gesundheitliche Folgeschäden davongekommen. Letztlich war die dem Rentner verabreichte Menge Wofatox zu gering, um seinen Tod zu bewirken.
Strafmildernd bewertet das Gericht diese Tatsache nicht. Die Angeklagten seien nicht in der Lage gewesen, solche Überlegungen zu treffen. Sie hielten bereits geringe Mengen für so giftig, dass dadurch Merker vom Leben zum Tode befördert werden konnte. Zum Glück irrten die Giftmischerinnen.
MORD IM BLEICHGÄSSCHEN
Am 2. Februar 1976 veröffentlicht die »Lausitzer Rundschau« in ihrer Lokalausgabe Hoyerswerda folgende Mitteilung der VP:
»In der Nacht vom 30. zum 31.1.1976 wurde in Hoyerswerda ein schweres Tötungsverbrechen an einer weiblichen Person begangen. Durch die zielstrebige Arbeit der Deutschen Volkspolizei im Zusammenwirken mit einer Vielzahl von Bürgern konnte das Verbrechen aufgeklärt und der Bürger (...) aus Hoyerswerda als Täter festgenommen werden. Die Volkspolizei dankt allen Bürgern der Kreisstadt und des Kreises Hoyerswerda sowie den freiwilligen Helfern der VP, die durch Hinweise und aktive Mitarbeit zur schnellen Klärung des Verbrechens beitrugen.«
Mehr über den Fall erfahren die Leser der Zeitung nicht.
Klaus Schulze (32), Ingenieur in gehobener Position, achtet auf Etikette und wahrt Distanz zu den Arbeiterinnen und Arbeitern, besonders zu Kolleginnen, denen der schlechte Ruf vorauseilt, freizügig zu sein und wechselnde Partner zu haben. Er hat pünktlich um 15.30 Uhr Schichtschluss im Ankerglaswerk der kleinen Industriestadt Bernsdorf, nur 15 Kilometer von Hoyerswerda. Dort wohnt und lebt der Ingenieur für Technologie der chemischen Industrie mit seiner Ehefrau Gertrud und den fünf Kindern in einer Neubauwohnung. Vier der Kinder hat das Paar gemeinsam gezeugt, das fünfte, das behindert ist, hat Gertrud mit in die Ehe gebracht.
Der kinderreiche Haushalt bringt nicht nur Lust und Freude mit sich, sondern erfordert vor allem gute Nerven und schränkt Ungebundenheit und Freizeitgestaltung ein. Die enormen Belastungen haben schon manchen Konflikt zwischen den Eheleuten ausgelöst. Bis zu einem Monat herrscht nach Auseinandersetzungen schon mal Funkstille zwischen Mann und Frau, und auch im Bett ist dann Flaute. 1972 erreicht die Ehe einen Punkt, der das Aus zu sein scheint. Der damals 28-jährige Ingenieur lernt auf einem Lehrgang in Leipzig eine Frau kennen, zu der er sich hingezogen fühlt. Die intimen Beziehungen sind innig, er erlebt sie emotionaler, aufregender und abwechslungsreicher als im Alltag mit Ehefrau Gertrud. Klaus Schulze gesteht Gertrud, dass es eine neue Partnerin an seiner Seite gibt und verlangt in mehreren Aussprachen mit seiner Gattin, dass sie sich scheiden lässt. Er will frei sein für die neue Frau, bei der er sich wohl und geborgen fühlt und die ihn anhimmelt, ohne die Belastungen der Familie. Doch da hat er die Rechnung ohne Gertrud gemacht. Sie wendet sich an die Kaderleitung des Betriebes und an die Genossen der SED-Leitung im Ankerglaswerk. Die Betriebsparteiorganisation bittet ihr Mitglied zur Aussprache. Er muss in einer peinlichen Prozedur sein Liebesleben außerhalb der Ehe offenlegen. Damit, so wird ihm klar gemacht, schade er dem Ansehen der Partei im Betrieb und in der Öffentlichkeit. Außerdem dürfe sich ein Genosse so nicht aus der Verantwortung für eine kinderreiche Familie stehlen.
Genosse Schulze sieht das ein und kehrt in
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