Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote in der Wäschetruhe

Der Tote in der Wäschetruhe

Titel: Der Tote in der Wäschetruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Swat
Vom Netzwerk:
die weiter in der Küche werkelt, von Minute zu Minute zu. Durch die Durchreiche, die in den Plattenbau-wohnungen vom Typ P2 Wohnzimmer und Küche trennt, giftet sich das Paar an. »Du wirst noch viel öfter verschlafen, ich mach dir die Arbeit kaputt«, reizt er sie. »Du Schlampe, du bist schuld, dass aus Cordula nichts geworden ist, dass sie sich nur rumtreibt. Du weißt alles besser und nimmst ihr das Kind weg«, prasselt es auf Maria herab, »dabei bist du die Hure, hast nur Bastarde als Kinder. Wer weiß, ob ich der Vater von Cordula bin, wo du doch mit jedem Mann bumst«, lallt er eine Beleidigung nach der anderen heraus und kippt Schnaps um Schnaps die Kehle runter. Maria gibt nicht klein bei, schiebt ihm und seiner Sauferei die Schuld zu an der missratenen Erziehung von Cordula, an den Scheidungen, am Zerbrechen ihrer Beziehung. Auf dem Höhepunkt des Streits droht Eberhard: »Morgen gehe ich zur Jugendfürsorge. Du bekommst Riccarda nicht. Dafür werde ich sorgen, da kannst du Gift drauf nehmen.«
    Maria verstummt, will endlich Ruhe haben. Sie setzt sich ins Wohnzimmer und schläft, ebenfalls nicht mehr nüchtern, im Sessel ein. Zweieinhalb Stunden später, inzwischen ist es 8 Uhr abends, wacht sie auf. Auf der Couch schnarcht Eberhard. Sie geht in die Küche, macht sich Abendbrot, isst und bekommt mit, wie ihr Mann zur Toilette wankt und dort lautstark seine
    Notdurft verrichtet. Wieder zurück im Wohnzimmer hagelt es von Eberhard neue Beschimpfungen und Drohungen. »Ich bring dich um, ich bring dich um«, krakeelt er und macht dabei Bewegungen mit der Hand, als steche er auf die Frau ein. Maria bekommt es mit der Angst zu tun, versteckt das Brotmesser, mit dem ihr Eberhard schon mehrfach einen Schreck eingejagt hat.
    In der 55-Jährigen reift in dieser Situation der Entschluss, Eberhard zu töten. Der liegt inzwischen wieder auf der Couch und schläft. Zunächst erwägt sie, ihn mit dem Brotmesser zu erstechen, mit dem er sie immer bedroht hat. Dann wird ihr klar: »Nein, mit einem Messer kannst du keinen Menschen töten, das schaffst du nicht.« Sie erinnert sich an die Paketschnur, die im Flurschrank liegen muss. Tatsächlich befindet sich die Rolle im zweiten Fach von oben. Die Schnur ist zwar nur etwa drei Millimeter stark, doch reißfest, weiß die Hausfrau. »Damit müsste es gehen«, fällt ihr Urteil nach einer nochmaligen Prüfung der Haltbarkeit aus. »Wenn ich die um den Hals wickle und zuziehe, bekommt er keine Luft mehr.«
    In diesem Moment ist für die so oft gequälte Frau der Entschluss, Eberhards Leben auszulöschen, unumkehrbar. Sie geht mit der Paketschnur in der Hand ins Wohnzimmer, stellt sich ans Kopfende des Sofas und legt die Schnur unter den Schlafenden. Dieser wird nicht einmal munter, als sie den Kopf mehrmals anhebt und ihm die Schnur eng um den Hals wickelt. Dann zieht sie das Schnurknäuel fest an sich und hält den Strick gespannt. Sie nimmt das gurgelnde Geräusch eines Menschen war, dem die Luft ausgeht. Angstvoll blickt sie auf den Mann vor sich und lässt die Schnur erst los, als sich der Brustkorb nicht mehr bewegt und er keinerlei Atemgeräusche mehr von sich gibt. Fünf bis sechs Minuten mögen vergangen sein, bis Maria überzeugt ist, dass Eberhard nicht mehr lebt. Sie holt ein Messer aus der Küche, trennt damit die Schnurrolle ab und legt das Knäuel zurück in den Flurschrank in das zweite Fach von oben. Sie schaltet den Fernseher aus, der die ganze Zeit vor sich hingeflimmert hat, kippt im Wohnzimmer ein Fenster an, löscht das Licht und legt sich im Schlafzimmer links in ihr Bett. Gedanken darüber, was mit der Leiche geschehen soll, macht sie sich nicht.
    Als Maria am nächsten Morgen aufwacht und den toten Lebenspartner auf dem Sofa liegen sieht, wird ihr die Tragweite der Tat Stück für Stück bewusst. Sie wundert sich, dass der Tote mit einer Decke zugedeckt und die Schnur vom Hals verschwunden ist. Trotz aller Grübelei kann sie sich das nur bruchstückhaft erklären. Nicht zuletzt wegen des Alkoholkonsums vom Vortag ist der Kopf schwer und leer. »Ich muss nachts aufgestanden sein, die Schnur abgeschnitten und sie in die Toilette gespült haben«, glaubt sie sich dunkel zu erinnern. Danach wird sie die Decke über den Leichnam ausgebreitet haben. Genau weiß sie es nicht. Die Schnur jedenfalls wird trotz gründlicher Suche in der Wohnung und in den Müllcontainern vor dem Haus von den Kriminalisten später nicht gefunden.
    Die nächsten Stunden verbringt

Weitere Kostenlose Bücher