Der Tote in der Wäschetruhe
Berufung zurück. Im Dezember 1986 wird Stänzer auf Bewährung aus dem Strafvollzug entlassen.
FREIWILD
Franziska Becker aus Lübbenau ist alleinerziehende Mutter von zwei Mädchen im Alter von fünf und acht Jahren. Die junge Frau ist geschieden, und sie findet es an der Zeit, dass wieder ein Mann ins Haus kommt, sie wärmt und an sich drückt und der ihre zwei Kinder mag. Sie beschließt, sich mal unters Volk zu mischen und Männerschau zu halten. Franziska macht sich chic und zieht los. Die Gaststätte »Turbine« ist nicht weit, und dort ist die Stimmung gut.
Der 6. November 1987 bringt ihr Glück. In der »Turbine« fällt ihr ein athletisch gebauter, schwarzhaariger Mann auf, der allein an seinem Tisch sitzt. Ihre Blicke treffen sich. Sie tanzen ein paar Runden, und die einsamen Herzen beginnen schneller zu schlagen. Der Mann erzählt, dass er gegenwärtig bei seinen Eltern in Boblitz wohne, darüber aber nicht sehr glücklich sei. Die würden ihn wie einen kleinen Jungen behandeln und ihn andauern erziehen wollen, nur weil er mal kurze Zeit im Gefängnis gesessen hat. Wenn er über seine Arbeit in der Boblit-zer Meliorationsgenossenschaft spricht, kommt er regelrecht ins Schwärmen. Vor allem gefällt ihm die Betreuung von Schülern aus Lübbenauer Oberschulen, die bei den Meliorationsbauern den polytechnischen Unterricht absolvieren. Bei ihnen lernen die Mädchen und Jungen den Arbeitsalltag im Betrieb kennen, werden in einfachen handwerklichen Tätigkeiten geschult, können erfahrenen Arbeitern auf die Finger schauen.
Die Begeisterung, mit der ihre neue Bekanntschaft über seinen Betrieb berichtet, gefällt Franziska Becker. Auch sonst hat das Mannsbild eine Menge zu bieten. Kein Wunder, dass es schon beim ersten Treffen zwischen den beiden funkt. Franziska gibt sich ihm mit allen Fasern ihres Körpers hin und erlebt eine Nacht, wie sie sie schon lange vermisst hat. Am nächsten Morgen beim gemeinsamen Frühstück bietet Franziska ihrer Eroberung an: »Du kannst bei mir wohnen.« Der Liebhaber ist Feuer und Flamme, fährt nach Boblitz, holt persönliche Sachen, später sogar einige Möbel, und es beginnen traumhafte Tage. Rührend kümmert er sich um die Mädchen, die sich mit dem »Onkel«, den Mutti mitgebracht hat, auf Anhieb verstehen. Die Familie ist zweimal zu Gast bei dessen Eltern im Spreewaldort Boblitz. Die sind von der Frau und den Kindern sehr angetan und vor allem glücklich, dass ihr inzwischen 41 Jahre alter Sohn nach vielen herben Enttäuschungen nun endlich seinen Ankerplatz gefunden hat. Das Ehepaar beschließt, alles zu tun, damit der Sohn endlich dauerhaft Halt hat.
Gut vier Wochen hält die Harmonie an, dann wird sie durch erste Misstöne gestört. Das Vergnügen, das Franziska Beckers Betrieb für seine Belegschaft organisiert hat, ist nicht so ganz nach dem Geschmack des Paares. Es macht sich schnell auf und davon. »Komm, lass uns nach Hause gehen. Dort trinken wir noch ein Gläschen Wein und machen es uns gemütlich«, schlägt der Freund vor und malt sich bereits aus, wie er sich von Franziska verwöhnen lässt. Es gefällt ihm, wenn Frauen aktiv sind in intimer Zweisamkeit. Das genießt der Mann, dann kommt er auf Touren und beweist Stehvermögen.
Franziska ist aber eher nach Party als nach paaren. Widerwillig stimmt der Mann an ihrer Seite zu, noch mal auf einen Sprung in der »Turbine« vorbeizuschauen. Dort treffen sie auf Gregor, Franziskas Bruder. Die Geschwister machen richtig einen drauf, tanzen nahezu ohne Pause und löschen gemeinsam den Durst, der nach dem ausgelassenen Treiben auf dem Parkett die Kehle l rocken macht. Je beschwipster Franziska wird, umso wütender wird der Partner, der die ganze Zeit allein am Tisch verbleibt. Zu Hause kommt es zu einem lautstarken Krach, bei dem der Freund deutlich macht, dass er der Herr im Hause ist.
Dieser Streit setzt sich am folgenden Abend fort. Wieder will Franziska nach einem Besuch bei Bekannten den Tag in der »Turbine« ausklingen lassen. Diesmal aber stellt sich der Mann stur. "Dann musst du eben allein gehen.« Als Franziska sich tatsächlich auf den Weg machen will, packt sie der Freund im Korridor mit aller Kraft an den Armen, schleudert sie durch die geöffnete Schlafzimmertür aufs Bett, kniet sich über sie und schlägt zu. blaue Flecken an Armen und Beinen sind später deutliche Male der Misshandlung. Franziska wehrt sich mit aller Kraft und schreit ihren Kurzzeit-Lebenspartner an: »Hau ab, ich will dich
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