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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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war heiß, so heiß wie die Tage zuvor. Aus diesem Grund wollte Nick am Vormittag sein Lager in eine verlassene Tiefgarage verlegen. Das Gebäude stand seit Jahren leer, und das vergitterte Garagentor hatte jemand auf halbe Höhe heruntergelassen. Doch als er mit seinen Habseligkeiten dort ankam, war das Tor plötzlich geschlossen, und Nicks schöner Plan löste sich in Luft auf. Er zog zurück zum Park, auf seinen angestammten Platz. Den ganzen Tag schlief er viel und träumte lebhaft. Ungereimtes Zeug, mit Versatzstücken aus seiner Kindheit und Jugend, die er nicht einordnen konnte. Oft waren es auch angenehme Träume. Lucy kam darin vor, sie trug schöne Kleider und flirtete mit ihm.
    Nick besaß keine Uhr. Doch er hatte ein untrügliches Gespür für die Tageszeit. Er blickte in den Himmel. Vier Uhr, höchstens Viertel nach vier. Er hatte noch knapp zwei Stunden Zeit, bis dieser Fernsehfuzzi ihn am Parkausgang abholen würde. Sosehr ihn die Aussicht auf einen Batzen Geld lockte, sosehr beunruhigte ihn die Frage, wo er diesen Riesenbetrag verstecken sollte? Jemand wie er lebte gefährlich. Es gab durchgeknallte Typen, die sich über einen Obdachlosen hermachten, einfach so aus Spaß. Jugendgangs, Halbwüchsige, die sich aus lauter Langeweile einen wie ihn vornahmen. Bisher hatte er stets Glück gehabt.
Doch wer weiß? Es hieß, manche Menschen könnten Geld förmlich riechen … Er musste ein sicheres Versteck finden, und zwar gleich heute Nacht.
     
    Zu den Privilegien, die ein Fernsehmann wie Yves Ribanville genießen durfte, gehörte die ständige Bereitstellung einer Luxuslimousine nebst Chauffeur. Kurz vor sechzehn Uhr wartete der Wagen vor dem Hauseingang Avenue Montaigne. Noch hatte der Feierabendverkehr nicht eingesetzt. Ribanville wies den Fahrer an, zur Kirche St. Philippe du Roule in der Rue du Faubourg St. Honoré zu fahren. Es gehörte zu seinen Angewohnheiten, vor jeder Sendung einen Moment in der Kirche seiner Gemeinde zu beten. Der Geruch nach Weihrauch, der Blick auf das Bild der Dreifaltigkeit rechts neben dem Altar, die Stille und das dämmrige Licht in dem kühlen Gotteshaus - es war ein Moment stiller Andacht und Einkehr. Als er Pater Matthieu entdeckte, der sich am Altar zu schaffen machte, bat er ihn um Gottes Segen für den heutigen Abend.
    Eine halbe Stunde später fuhr der Dienstwagen vor dem Gebäude des Fernsehsenders vor.
    Nach einem kurzen Rundgang durch das Studio, wo sein Assistent Delpierre alles vorbereitet hatte, begab sich Ribanville in die Regie. Die Vorbesprechung mit dem Regisseur und den Technikern verlief in kollegialer Atmosphäre. Es war ein eingespieltes Team, das den Ablauf der wöchentlichen Sendung verantwortete.
    »Irgendwelche Probleme?«, fragte Ribanville den Regisseur. Dieser verschränkte die Arme hinter dem Kopf und lehnte sich auf seinem Stuhl zurück.

    »Alles im grünen Bereich, Yves.« Der Regisseur grinste. »Mal abgesehen davon, dass es bei dir im Studio irre heiß werden wird.«
    »Ich weiß.« Ribanville verzog ärgerlich den Mund. »Ihr habt hier oben Klimaanlage. Warum das im Studio nicht möglich sein soll, geht mir nicht in den Kopf.«
    »Würde gar nichts nützen«, erwiderte der Regisseur. »Die Scheinwerfer sind stärker. Dagegen kommt keine Klimaanlage an.«
    Ribanville begab sich wieder ins Studio, und im Zeitraffer starteten sie den Probedurchlauf. Er dauerte eine halbe Stunde und galt als Generalprobe für die Technik.
    Anschließend begab sich der Showmaster in sein Büro. Sein Assistent Delpierre und die Aufnahmeleiterin, eine hübsche Brünette mit langen Beinen und Minirock, begleiteten ihn. Zusammen gingen sie die Fragen und die Antworten für die beiden Kandidaten durch, checkten auf Ribanvilles Spickzetteln nochmals die einzelnen Positionen der sechs Kameras. Ribanville hatte sich für seine Moderation nur wenige Stichworte notiert. Er war ein Showmaster, der ohne Teleprompter arbeitete und weitgehend frei moderierte.
    »Wie viele Zuschauerleitungen werden heute geschaltet?«, fragte er.
    »Zwanzig«, sagte Michel Delpierre. »Jeder fünfte Anruf pro Leitung wird entgegengenommen.«
    Ribanville nickte.
    »Sehr schön.« Er warf einen Blick auf die Liste der Fragen und Antworten. Einige Fragen waren mit rotem Filzstift markiert. Ribanville überflog sie. »Frage fünf, zehn und dreizehn gehen also zunächst an die Zuschauer, bevor
ich sie an die Kandidaten weitergebe. Hast du die Reihenfolge festgelegt, Michel?«
    »Wir haben gestern

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