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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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jetzt Schluss machen.«
     
    Claudine war in Begleitung eines kleinen, korpulenten Mannes mit Bauchansatz, silbergrauem Bürstenhaarschnitt und einem sanften Gesichtsausdruck. LaBréa schätzte ihn auf Mitte fünfzig, Anfang sechzig. Er trug einen schwarzen Anzug aus dünnem Tuch, darunter ein schwarzes Hemd mit Priesterkragen.
    »Chef, das ist Kaplan Paul Coulon«, sagte Claudine. »Der Heimleiter der Maison de Dieu .«
    »Commissaire LaBréa.« LaBréa blickte in die grünbraunen Augen des Geistlichen und streckte ihm die Hand entgegen. »Danke, dass Sie gekommen sind, Hochwürden.«
    Paul Coulons Händedruck war warm und fest.
    »Ich bin sehr in Sorge wegen Joseph. Ihre Mitarbeiterin sagte mir, sie hätten den Leichnam eines Jungen aus der Seine geborgen?« Sein Blick flackerte unruhig. »Herr im Himmel, ich hoffe nicht …« Er unterbrach sich und presste die Lippen zusammen.
    »Das werden wir gleich wissen. Bereiten Sie sich bitte darauf vor, dass es kein schöner Anblick ist.« LaBréa deutete zur Tür und ließ dem Heimleiter den Vortritt. Schweigend gingen sie den Flur entlang zum Sektionsraum zwei. Auf dem Weg dorthin verteilte LaBréa Papiertaschentücher und nahm auch für sich selbst eines heraus.
    Die Taschentücher vor Mund und Nase gepresst, betraten sie den Raum. Brigitte Foucart unterbrach ihre Arbeit am Sektionsbrett, und LaBréa machte sie mit dem Kaplan bekannt. Der nickte Brigitte zu. LaBréa bemerkte, dass sein rechtes Augenlid nervös zuckte.
    Der Junge war mit einem weißen Tuch bedeckt, das Brigitte jetzt ein Stück beiseitezog, so dass nur der Kopf zu sehen war. Kaplan Coulon fasste sich, schloss kurz die Augen, gab sich einen Ruck und starrte auf den Leichnam. Einige Sekunden vergingen, in denen nur Coulons schnelle und unregelmäßige Atemzüge zu hören waren. Dann schüttelte er heftig den Kopf.

    »Das ist er nicht. Das ist nicht Joseph.« Seine Stimme klang dumpf hinter der Hand, mit der er das Taschentuch vor Mund und Nase hielt, dennoch war die Erleichterung deutlich herauszuhören.
    Claudine, LaBréa und Brigitte tauschten einen schnellen Blick.
    »Sind Sie sicher, Hochwürden?«, sagte LaBréa. »Sehen Sie ihn sich genau an. Er hat eine Zeit lang im Wasser gelegen. Das verändert die Physiognomie eines Menschen.«
    Der Kaplan beugte sich ein wenig vor und zwang sich, erneut das Gesicht des toten Kindes zu studieren, wobei LaBréa ihn scharf beobachtete.
    »Nein. Ich bin hundertprozentig sicher.« Es klang entschlossen. »Und wissen Sie, warum?«
    »Sagen Sie es uns.«
    »Joseph hat ein Feuermal vorn am Hals, genau dort, wo der Adamsapfel liegt. Etwa so groß wie ein Zweieurostück. Die anderen Jungen ziehen ihn deswegen immer auf. Außerdem waren Josephs Haare kürzer als die Haare dieses Jungen, und hellblond.« Die Haare des Opfers waren tiefschwarz.
    Er drehte sich weg. LaBréa suchte den Blickkontakt mit der Gerichtsmedizinerin.
    »Kann dieses Feuermal durch die Liegezeit im Wasser verschwunden sein, Brigitte?«
    »Auf keinen Fall. Und die Haut an der Halspartie ist intakt, man müsste das Mal also gut erkennen können.«
    LaBréa konnte seine Enttäuschung kaum verbergen. Er wandte sich an den Kaplan.
    »Sosehr ich mich für Sie freue, dass es nicht Ihr vermisster Junge ist … uns hätte es die Arbeit erleichtert.«

    Der Kaplan nickte rasch und lenkte seine Schritte zur Tür.
    »Ich möchte jetzt gern hier raus, wenn Sie nichts dagegen haben. Dieser Geruch … mir wird übel, und ich kann kaum noch atmen.«
    LaBréa und Claudine folgten ihm, während Brigitte mit einem bedauernden Achselzucken das Tuch über den Kopf des Jungen zog.
    Draußen auf dem Flur sah LaBréa, wie sehr der Kaplan durch den Anblick der Leiche mitgenommen schien. Er atmete ein paarmal tief durch. Erneut zuckte sein Augenlid, als er LaBréa fragte: »Was ist denn mit dem Jungen passiert? Ein Unfall?«
    LaBréa hielt sich bedeckt.
    »Wir stehen ganz am Anfang der Ermittlungen. Eine Frage, Hochwürden: Wir sind zwar für die Suche nach Vermissten nicht zuständig, aber könnte Joseph irgendwohin gegangen sein, wo er Leute kennt? Verwandte, Freunde?«
    »Joseph hat keine Verwandten, auch keine Freunde außerhalb unserer Einrichtung. Wir sind seine Familie. Die heilige Mutter Kirche, seine Kameraden, die Betreuer. Er wurde als Säugling von seiner Mutter ausgesetzt. Man hat ihn in einem Müllcontainer gefunden.«
    »Mein Gott, wie schrecklich!«, murmelte Claudine. Der Kaplan drehte sich zu ihr und verzog

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