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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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belagert.«
    LaBréa nickte.

    »Ich weiß. Es gibt nachher eine Pressekonferenz. Vielleicht ziehen dann die meisten von ihnen ab.«
    »Das wäre gut. Ich hoffe übrigens nicht, dass Sie meine Töchter mit Ihren Fragen behelligen wollen, Commissaire. Der Tod ihres Vaters ist ein ziemlicher Schock für sie.«
    LaBréa konnte sie diesbezüglich beruhigen.
    »Keine Angst, Madame. Erstens sehen wir im Moment keine Notwendigkeit dazu. Und zweitens gibt es für die Befragung von Kindern durch die Polizei bestimmte Vorschriften, nach denen wir uns selbstverständlich richten.«
    Candice Ribanville nickte und schien zufrieden.
    »Aber mit Ihrem Hausmädchen würden wir nachher noch gern reden. Könnten wir bis dahin einen Blick ins Arbeitszimmer Ihres Mannes werfen?«
    »Natürlich, Commissaire.«
    Die Wohnung schien immense Ausmaße zu haben. Hohe Flügeltüren gingen von dem großen Flur ab. Auf dem polierten Parkettfußboden lagen kostbare Teppiche. Dunkle Möbel standen dekorativ in den Räumen. An den Wänden des Flurs, die mit olivgrüner Seidentapete bespannt waren, hingen alte Stiche und mehrere Ölgemälde. Alles in dieser großzügigen Wohnung deutete auf den Reichtum seiner Bewohner hin. Über den Geschmack der Inneneinrichtung ließ sich streiten. LaBréa gefiel sie nicht. Düstere Möbel wie diese fand er bedrückend und wunderte sich, wie Menschen seiner Generation sich darin wohlfühlen konnten.
    Als Franck und LaBréa das Arbeitszimmer des toten Moderators betraten, blieben sie abrupt stehen. Ihr Blick fiel sogleich auf die große Wand gegenüber der Eingangstür.
LaBréa traute seinen Augen nicht. An der ganz in Gold gestrichenen Wand hingen vom Fußboden bis unter die Decke Kruzifixe und Kreuze in verschiedener Größe. Kreuze mit Christuskörper, Wandkreuze, Priesterkreuze, Kommunionkreuze. Manche waren modern, aus Glas, Holz oder glänzendem Metall. Andere schienen antike Stücke zu sein, mit Blattgold überzogen und mit altertümlichen Farben bemalt. Sie hingen dicht an dicht auf einer Fläche, die LaBréa auf wenigstens vierzig Quadratmeter schätzte.
    Die Witwe des Opfers reagierte auf das Erstaunen der Beamten mit einem Achselzucken.
    »Mein Mann war Sammler«, sagte sie. »Er war sehr religiös, und christliche Kreuze und Kruzifixe haben ihn fasziniert. Einige Stücke sind sehr alt und wertvoll.«
    LaBréas Blick wanderte weiter durch den Raum. Auch hier wieder antike Möbelstücke. In der Nähe des Fensters stand ein gewaltiger Schreibtisch aus dunklem Holz. In einem Vitrinenstand befanden sich allerlei Statuen und Pokale. LaBréa nahm sie näher in Augenschein. Es waren diverse Fernsehpreise und Auszeichnungen, die Ribanville im Lauf der Jahre als Moderator bekommen hatte.
    Gegenüber vom Schreibtisch gab es eine wuchtige Sitzecke mit rundem Glastisch.
    Der Schreibtisch wirkte penibel aufgeräumt. Ein schwerer Brieföffner und ein Paperweight lagen wie hindrapiert auf der ledernen Schreibtischunterlage. Ein Telefon und ein Faxgerät vervollständigten die Büroausstattung. Kein Terminkalender, kein Computer. In den Schubladen entdeckten sie einige Papiere. LaBréa blätterte sie durch und fand nichts von Bedeutung. Er setzte sich kurz auf den Schreibtischsessel.
Wer hier Platz nahm, dessen Blick fiel unweigerlich auf die mit Kruzifixen dekorierte goldene Wand. Sie wirkte erdrückend und majestätisch zugleich, als wollte sie den Betrachter mit der Allgegenwart Gottes konfrontieren. Wie eine Mahnung, dachte LaBréa spontan. Eine Mahnung an wen? Hatte der Moderator an diesem Schreibtisch, mit Blick auf seine Kruzifixwand, die Ideen zu seinen Sendungen entwickelt? Anspruchslose Unterhaltungssendungen mit einem Schuss Zynismus … Er war einer, der bis hart an die Grenze ging, hatte der Fernsehdirektor gesagt. Wie vereinbart man eine christliche Gesinnung mit Showsendungen für ein Massenpublikum, bei denen man mit falschen Karten spielt? Einen seiner Freunde als Kandidaten präsentiert und begünstigt? Einen Obdachlosen für den Gegenwert von dreitausend Euros der Lächerlichkeit preisgibt? Oder ging es hier gar nicht um christliche Gesinnung? War diese Kruzifixwand nur die Zurschaustellung dieser Gesinnung? Der demonstrative Hinweis darauf, dass man aus tiefstem Herzen an Gott glaubte, die Gebote beachtete und ein vorbildlich christliches Leben führte? Oder hatte Ribanville Kreuze und Kruzifixe lediglich deshalb gesammelt, weil es ein exotisches und nicht alltägliches Hobby schien, mit dem man aus

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