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Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a

Titel: Der tote Junge aus der Seine - Ein Fall fuer Kommissar LaBr a Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandra Grote
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der Glaswand. »Wenn Sie was trinken wollen, dort hinten ist der Wasserspender.«
    Claudine nickte und beschloss, sich einen Becher Wasser zu holen. Bei diesen Temperaturen konnte man gar nicht genug trinken. Sie ließ sich auf das Ledersofa fallen und blickte durch die große Glasscheibe nach draußen. Die Straße war menschenleer. Mittagshitze. Wer wagte sich da schon vor die Tür?
    Sie dachte an ihren Mann Jean-Claude. Wie sie war er Polizist. Früher hatte er in einer Eliteeinheit der Gendarmerie gedient. Seit einigen Jahren gehörte er zum Personenschutz des Premierministers. Die Minister kamen und gingen, und der jetzige war ein angenehmer Chef. Jean-Claude schätzte sich glücklich, nicht zum Personenschutzkontingent des Staatspräsidenten zu gehören. Dieser galt in den Kreisen der Sicherheitsleute als launisch und sprunghaft. Seine öffentlichen Auftritte mit spontanem Bad in der Menge waren für seine Beschützer ein Alptraum. Eine gute Freundin von Claudine konnte ein Lied davon singen. Seit der Wahl des Präsidenten vor zwei Jahren beschützte sie ihn. Bisher waren ihre Anstrengungen, sich auf eine andere Stelle zu bewerben, vergeblich gewesen. »Irgendwie scheint er einen Narren an mir gefressen zu haben«, sagte sie oft etwas selbstironisch. Doch Jean-Claude war der Meinung,
der Präsident spiele lediglich ein kleines Machtspiel. Nach dem Motto: Aus meinem Umfeld bewirbt man sich nicht weg. Man wird gefeuert oder bleibt.
    Claudine seufzte und trank einen Schluck Wasser. Es war kalt und erfrischend. Auch in der Urlaubszeit gab es einen Dienstplan für die Personenschützer. Der Premierminister weilte mit seiner Familie auf der Belle Île in der Bretagne, und Jean-Claude war vorgestern für zwei Wochen mitgefahren. Es war nicht ganz so stressig wie bei Staatsbesuchen im Ausland oder offiziellen Terminen. Die Ferienresidenz des Ministers eignete sich gut zur Überwachung. Am Rand der Insel direkt am Strand, keine umliegenden Wälder, kein unübersichtliches Hinterland. Der Minister und seine Familie verhielten sich diszipliniert und vermieden spontane Ausflüge und Spaziergänge. Jean-Claude schob im Moment eine relativ ruhige Kugel und hatte viel Freizeit, um die Tage am Atlantik zu genießen.
    Seit sieben Jahren waren sie nun verheiratet. Das verflixte siebte Jahr. Ernsthafte Probleme hatte es nie gegeben. Frühzeitig waren sie sich darin einig gewesen, dass sie keine Kinder wollten. Eine vernünftige Entscheidung, wie Claudine fand, schon aus beruflichen Gründen. Beide arbeiteten in einem Job mit viel Stress und unregelmäßigen Arbeitszeiten, und beide liebten ihren Beruf. Claudine gehörte nicht zu den Frauen, die irgendwann von Muttergefühlen überwältigt wurden und ihr Frausein durch ein Kind aufwerten mussten. Ein Kind zu gebären war nichts Besonderes. Keine außergewöhnliche Leistung, nichts, wofür man sich im Leben anstrengen musste. Es war eine natürliche Fähigkeit, eine Fähigkeit, die jede Frau von Geburt
an in sich trug. Etwas, das jede (oder fast jede) Frau zustande brachte. Also gab es keinen Grund, auf das Kinderkriegen an sich stolz zu sein.
    Mitte September wollte Claudine mit Jean-Claude nach Martinique in den Urlaub fahren. Dort lebte ihre Schwester, die als Ärztin in einem Krankenhaus arbeitete. Bis dahin vergingen noch einige Wochen, und wenn nichts dazwischenkam … Erneut seufze Claudine. In ihrem Beruf kam leider sehr oft etwas dazwischen. Doch diesmal hatte sie beinahe ein gutes Gefühl.
    Fünf Minuten später hielt der Fahrstuhl mit einem dezenten Klingelton im Erdgeschoss, und heraus trat ein durchtrainierter, attraktiver Mann. Claudine schätzte ihn auf Ende zwanzig. Mit ernster Miene steuerte er auf Claudine zu, und sie ahnte, dass dies Frédéric Dubois war. Er trug ein schwarzes AC/DC-Shirt und eine schwarze Cargohose. Sein Händedruck war trocken und kräftig. In seiner Stimme schwang ein südfranzösischer Akzent mit.
    »Ich kann mir denken, warum Sie hier sind, Madame. Es geht um Yves Ribanville.«
    »Richtig.«
    »Eine schreckliche Geschichte. Ich bin vollkommen geschockt!« Seine Betroffenheit schien ehrlich.
    »Ich bin Leutnant Millot und habe in diesem Zusammenhang ein paar Fragen an Sie.«
    »Bitte, kommen Sie. Wir gehen in ein leeres Büro. Gleich dort hinten.« Mit einer Geste seiner Hand deutete er die Richtung an. Dann warf er einen verstohlenen Blick auf seine Taucheruhr. Sie hatte das Ausmaß einer Espressountertasse.

    Der kleine Raum in der

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