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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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ihnen vom Bildschirm entgegenzuschnellen: Wie ein Totenkopf sah es aus, und die schrumpelige, wie altes Pergament gedunkelte Haut spannte sich über den Knochen und entblößte zwei Reihen grinsender Zähne. Dort, wo sich die Augen befunden hatten, gähnten nur noch zwei leere Höhlen, aus denen ein Paar lederner Lider blind ins Nichts starrte.
    Caldwells Stimme, jetzt ein frostiges Wispern, drang zischend an ihre Ohren.
    »Wissen Sie, meine Herren – Charlie starb vor über fünfzigtausend Jahren!«

6
     
     
    Aus der Vogelperspektive starrte Dr. Victor Hunt geistesabwesend auf die Außenbezirke von Houston hinab, die unter dem UNWO-Jet hinweghuschten. Caldwells Enthüllungen hatten ihn zu sehr verwirrt, als daß er bislang in der Lage gewesen wäre, die einzelnen Informationen im Bewußtsein zu einem einheitlichen Bild zusammenzusetzen.
    An Charlies Alter waren keine Zweifel möglich. Der Körper eines jeden lebenden Organismus nimmt einen gewissen Anteil der radioaktiven Isotope von Kohlenstoff und einigen anderen Elementen auf. Während er lebt, hält jeder Organismus ein bestimmtes Verhältnis dieser Isotope zu ›normalen‹ Teilchen in seinem Körper aufrecht. Aber wenn er stirbt und die ständige Neuaufnahme unterbrochen wird, dann zerfallen in einer bestimmten Zeit die bis dahin vorhandenen radioaktiven Isotope. Dieser Vorgang ähnelt einem außerordentlich zuverlässigen Uhrwerk, das im Augenblick des Todes zu ticken beginnt. Eine Untersuchung des Zerfallgrads ermöglicht eine ziemlich exakte Angabe darüber, wie lange die Uhr schon tickt. Charlie war einer ganzen Reihe solcher Tests unterzogen worden, und die verschiedenen Resultate stimmten innerhalb einer Toleranzgrenze überein.
    Irgend jemand hatte darauf hingewiesen, daß die Gültigkeit dieser Tests auf folgender Annahme beruhte: Die Zusammensetzung von Charlies Nahrung und Luft mußte ähnlich beschaffen sein wie die der Menschen auf der heutigen Erde. Aber da Charlie vielleicht gar nicht von der Erde stammte, mochte sich diese Annahme als falsch erweisen. Man hatte jedoch nicht allzu lange gebraucht, um zu einer befriedigenden Lösung dieser Frage zu kommen. Obwohl die weitaus meisten Funktionen der Vorrichtungen, die in Charlies Rückentornister enthalten waren, noch ihrer Enträtselung harrten, war ein Gerät inzwischen als ein versiert konstruiertes Nuklearkraftpaket in Miniaturausführung identifiziert worden. Die U 235 -Brennstoffzellen waren rasch gefunden, und die Analyse der Zerfallswerte brachte eine zweite, von der ersten unabhängige Antwort, die allerdings weniger exakt war: Der Reaktor in Charlies Rückentornister war vor etwa fünfzigtausend Jahren hergestellt worden. Da die Ergebnisse der beiden unterschiedlichen Analysen weitgehend übereinstimmten, konnte daraus die Schlußfolgerung gezogen werden, daß sich die Lebensbedingungen von Charlies Ursprungsplaneten nicht bedeutend von denen auf der Erde unterscheiden konnten.
    Nun, sagte sich Hunt, die Charlie-Wesen mußten sich ja irgendwo entwickelt haben. Bei diesem ›irgendwo‹ konnte es sich entweder um die Erde oder einen erdähnlichen Planeten handeln. Ein anderer Schluß war nach den Regeln der Logik nicht möglich. Er versuchte, sich all sein Wissen über die herkömmlichen Annahmen hinsichtlich der Evolution des irdischen Lebens ins Gedächtnis zurückzurufen. Und er fragte sich, ob trotz der vielen Jahrzehnte sorgfältiger Forschungen und Untersuchungen, die der Klärung dieser Frage gewidmet worden waren, nicht doch noch weiße Flecken auf den Landkarten der sich so sicher gebenden Evolutionsforscher existierten. Einige Milliarden Jahre waren eine lange Zeit, ganz gleich, welchen Maßstab man anlegte. War es tatsächlich so völlig undenkbar, daß irgendwann in den vergangenen Äonen jene Voraussetzungen entstanden waren, um eine erste, hochentwickelte Spezies entstehen zu lassen, die ausgestorben war, lange bevor der moderne Mensch auf der Bildfläche erschien?
    Auf der anderen Seite setzte die Entdeckung Charlies auf dem Mond eine Zivilisation voraus, die über ausreichend technische Möglichkeiten verfügt hatte, ihn auch dorthin zu befördern. Ohne Zweifel mußte vor der Entwicklung der Raumfahrt eine weltweite, technisch orientierte Gesellschaft entstanden sein. Maschinen mußten konstruiert, Gebäude errichtet, Städte gebaut worden sein. Die Zivilisation hätte Metall verarbeitet, und sie hätte all die anderen Kennzeichen des Fortschritts hinterlassen. Wenn auf

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