Der tote Raumfahrer
gegenübersaß, äußerte die Vermutung, die Lunarier stammten möglicherweise vom Mars. Der Mars hatte eine längere planetare Evolution als die Erde hinter sich und möglicherweise früher ebenfalls Leben hervorgebracht. Der These folgten dann die Beweise. Die Marsforschung reichte bis in die siebziger Jahre des zwanzigsten Jahrhunderts zurück; jahrelang hatte die UNWO seine Oberfläche mit Satelliten und von bemannten Basen aus untersucht. Warum aber waren dabei keine Anzeichen der lunarischen Zivilisation entdeckt worden? Antwort: Den Mond kennen wir schon ein ordentliches Stück länger, und doch sind wir erst jetzt auf die Spuren der Lunarier gestoßen. Also könne man davon ausgehen, daß ihre Hinterlassenschaften auf dem Mars erst später gefunden werden. Einwand: Wenn sie vom Mars kommen, dann muß sich ihre Zivilisation auch dort entwickelt haben. Die Überbleibsel einer ganzen Zivilisation aber sollten wesentlich leichter auszumachen sein als die Spuren von Besuchen auf anderen Himmelskörpern wie dem Erdmond – und deshalb hätten Hinweise auf die Lunarier auf dem Mars wesentlich früher entdeckt werden müssen. Antwort: Man muß die starke Erosion auf der Marsoberfläche berücksichtigen. Ihre Hinterlassenschaften könnten längst zerfallen oder unter dem Sand begraben sein. Zumindest könnte das erklären, warum man auf der Erde nichts gefunden hatte. Dann machte jemand deutlich, daß diese Theorie das Problem nicht löste, sondern es nur auf einen anderen Ort verlagerte. Wenn die Lunarier wirklich vom Mars stammten, dann saß die Lehrmeinung über die Evolution genauso in der Klemme.
Also ging die Diskussion weiter.
Hunt fragte sich, wie Rob Gray drüben in Westwood zurechtkam. Sie mußten nun ein Untersuchungsprogramm in die alltägliche Datensammlungsroutine integrieren. Vor ungefähr einer Woche hatte Caldwell sie davon in Kenntnis gesetzt, daß er es gerne sähe, wenn vier Navkomm-Techniker als Trimagniskop-Operateure ausgebildet würden. Seine Erklärung, daß damit ein Betrieb rund um die Uhr am Skop ermöglicht und höhere Produktivität erreicht würde, hatte Hunt nicht überzeugt. Auch nicht die Behauptung, daß Navkomm die Absicht habe, selbst einige dieser Instrumente zu erstehen. Vorher wollte man aber, solange noch die Möglichkeit bestand, eine hausinterne Expertise erarbeiten lassen.
Vielleicht beabsichtigte Caldwell, Navkomm in der Skop-Bedienung unabhängig und selbständig zu machen. Aber warum? Übte Forsyth-Scott oder jemand anders Druck auf ihn aus, um Hunt nach England zurückzuholen? Wenn dies das Vorspiel zu seiner Abreise war, dann würde das Skop sicher in Houston verbleiben. Das bedeutete, daß er, war er erst wieder drüben, Tag und Nacht würde arbeiten müssen, um einen zweiten, funktionierenden Prototyp zu bauen. Mist auch!
Die Versammlung kam schließlich zu dem Schluß, daß die Theorie über die Marsherkunft mehr Probleme aufwarf als sie löste und sowieso nur reine Spekulation war. Die rituellen Worte »Also keine unumstößlichen Anhaltspunkte« wurden laut, und Charlies Leiche wurde mit der Grabinschrift unerledigt , die jedermann am Tisch unter der Rubrik ›Weitere Maßnahmen‹ in die Arbeitsplanungstabellen eintrug, zur Seite gelegt.
Dann hielt ein Kryptologe einen ausufernden Vortrag über die Zeichen- und Symbolgruppen, auf die man in Charlies Papieren gestoßen war. Eine erste, einleitende Durchsicht dieser Papiere, des Inhalts der Brieftasche und eines der Bücher war bereits abgeschlossen; die zweite, gründlichere, war schon weit fortgeschritten. Man hatte eine Menge Tabellen entdeckt, über deren Bedeutung aber noch niemand etwas zu sagen vermochte; auf eine Art von speziell strukturierten Symbollinien, die an mathematische Formeln erinnerten; auf gewisse Seiten- und Abschnittsüberschriften, deren Stichworte sich im Text selbst wiederholten. Einige Symbolgruppen wiederholten sich oft, andere weniger; einige waren nur auf ein paar Seiten anzutreffen, während andere auf fast allen Seiten des Buches auftauchten. Eine Menge Zahlenkolonnen und Statistiken waren ausfindig gemacht worden. Trotz der Lebhaftigkeit des Redners intensivierte sich die Niedergeschlagenheit unter den Anwesenden. Sie wußten alle, daß er ein fähiger Kopf war, und wünschten, er hätte ihnen dies nicht ständig so deutlich vor Augen geführt.
Danchekker hatte sich während der meisten Vorträge erstaunlich zurückgehalten. Nun aber, da sie kein Ende zu nehmen schienen, wurde
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