Der tote Raumfahrer
Einsatzleitungszentrale begierig aufgenommen wurden.
Das Jupiter-Vier -Leitschiff hatte elf Monate benötigt, um den Riesenplaneten zu erreichen. Vier Stunden nach der Ausstrahlung war die neueste Information sicher in den Datenbänken der UN-Weltraumorganisation untergebracht.
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Die Entdeckung des riesigen Raumschiffes, das unter dem Eis von Ganymed eingefroren war, war eine Sensation, kam aber, in gewissem Sinne, nicht völlig unerwartet. Die wissenschaftliche Welt hatte es mehr oder weniger als Tatsache akzeptiert, daß auf Minerva einst eine blühende, hochentwickelte Zivilisation existiert hatte. Wenn die Argumente der Verfechter der orthodoxen Evolutionstheorie anerkannt wurden, dann hatten sogar zumindest zwei Planeten – Minerva und die Erde – bis zu einem gewissen Grade zur gleichen Zeit hochtechnisierte Zivilisationen getragen. Deshalb war es keine völlige Überraschung, daß das beharrliche menschliche Herumschnüffeln im Sonnensystem weitere Hinweise auf seine früheren Bewohner an den Tag brachte. Das Überraschende daran war jedoch der offensichtliche anatomische Unterschied zwischen den Ganymedern – wie die Wesen an Bord des Raumschiffes bald genannt wurden – und dem allgemeinen Körperbau, den Lunarier und Menschen gemeinsam hatten.
Zu der noch immer unbeantworteten Frage, ob die Lunarier und Minervier ein und dasselbe Volk gewesen waren oder nicht, kam unverzüglich ein weiteres Rätsel hinzu: Woher stammten die Ganymeder, und gab es irgendeinen Zusammenhang zwischen ihnen und den Lunariern beziehungsweise Minerviern? Ein irritierter UNWO-Wissenschaftler faßte die Situation zusammen, indem er erklärte, daß es für die UNWO an der Zeit sei, eine Abteilung für extraterrestrische Zivilisationen zu gründen, um Ordnung in das ganze verdammte Durcheinander zu bringen!
Die Pro-Danchekker-Fraktion interpretierte die neue Entwicklung schnell als direkten Beweis für die Richtigkeit der evolutionären Theorie und der Argumente, für die sie sich schon immer eingesetzt hatte. Natürlich, zwei Planeten des Sonnensystems hatten ungefähr zur gleichen Zeit in der Vergangenheit intelligentes Leben hervorgebracht. Die Ganymeder hatten sich auf Minerva entwickelt, und die Lunarier auf der Erde. Sie entstammten unabhängig voneinander verschiedenen evolutionären Linien, und darum waren sie auch unterschiedlich. Lunarische Pioniere stellten Kontakt mit den Ganymedern her und ließen sich auf Minerva nieder – darum konnte Charlie dort geboren werden. Irgendwann kam es zu extremen Feindseligkeiten zwischen den beiden Zivilisationen, was zu beiderseitiger Auslöschung und der Zerstörung Minervas führte. Die Schlußfolgerung klang konsequent, plausibel und überzeugend. Dagegen wirkte der einzige Einwand – daß auf der Erde niemals Beweise für eine lunarische Zivilisation entdeckt worden waren – mit jedem Tag unmöglicher und schwächer. In Scharen verließen Deserteure das Können-nicht-auf-der-Erde-entstanden-sein-Lager, um sich in Danchekkers wachsende Legionen einzureihen. Sein Zuwachs an Ansehen und Glaubwürdigkeit war so groß, daß es vollkommen selbstverständlich erschien, daß seine Abteilung die Verantwortung für die Durchführung vorbereitender Bewertungen der von Jupiter kommenden Daten übernahm.
Trotz seines früheren Zweifels hielt auch Hunt diese Schlußfolgerung für so gut wie zwingend. Er und ein großer Teil des Mitarbeiterstabs von Gruppe L verbrachten viel Zeit damit, jeden Bericht und jedes verfügbare Archiv solcher Fachbereiche wie Archäologie und Paläontologie nach irgendeinem Anhaltspunkt zu untersuchen, der auf die Existenz einer früheren, hochentwickelten Rasse auf der Erde hätte hindeuten können. Sie untersuchten sogar die Bereiche uralter Mythologie und durchkämmten verschiedene pseudowissenschaftliche Schriften. Vielleicht ließ sich darin etwas finden, was auf konkrete Aktivitäten von Superwesen in der Vergangenheit hindeutete. Aber immer waren die Resultate negativ.
In dieser Zeit kam auch in einem anderen Bereich einiges ins Rollen, in dem man seit Monaten auf der Stelle getreten hatte. Die Linguistiker hatten Schwierigkeiten: Der dürftige Inhalt der bei Charlie gefundenen Papiere enthielt einfach nicht genug Daten, um bei der Entschlüsselung einer ganz neuen, fremden Sprache einen Durchbruch zu erzielen. Eine der beiden kleinen Bücher – das die Karten und Tabellen enthielt und einem handlichen Taschen-Nachschlagewerk ähnelte – war
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