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Der tote Raumfahrer

Der tote Raumfahrer

Titel: Der tote Raumfahrer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James P. Hogan
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fassen. Die neuen Informationen drangen schneller auf ihn ein, als er sie verarbeiten konnte. Die Fragen in seinem Kopf vermehrten sich tausendmal schneller, als sie überhaupt beantwortet werden konnten. Mit jeder neuen Enthüllung wurde das Rätsel des ganymedischen Raumschiffes verblüffender. Aber dahinter lag noch immer das ungelöste Lunarier-Problem. Er benötigte Zeit, um sich in sich selbst zurückzuziehen und nachdenken zu können. Zeit, seine Gedanken zu entwirren und das mentale Durcheinander in logische Gedanken aufzulösen, die er in den ordnungsgemäßen Schubladen seines Bewußtseins ablegen konnte. Dann hätte er besser erkennen können, welche Frage wovon abhing und was zuerst in Angriff genommen werden mußte. Doch das Durcheinander türmte sich schneller auf, als er es abtragen konnte.
    Nach dem Abendessen wurde das Scherzen und Gelächter in der Messe bald unerträglich. Als er allein in seinem Zimmer war, allein zwischen den Wänden, bekam er Platzangst. Eine Zeitlang marschierte er durch die verlassenen Korridore zwischen den Kuppeln und Gebäuden. Sie waren beklemmend. Zu lange hatte er in Metallbüchsen gelebt. Schließlich erreichte er die Kuppel des Kontrollturms. Er starrte hinaus auf die den Stützpunkt umgebende hellglänzende, graue Wand. Sie wurde von dem Scheinwerferlicht geschaffen, das durch die Methan-Ammoniaknebel der ganymedischen Nacht sickerte. Nach einer Weile war selbst die Anwesenheit des Aufsichtsbeamten, dessen Gesicht durch den reflektierenden Glanz der Konsole aus der Dunkelheit herausstach, nicht mehr auszuhalten. Auf dem Weg zur Treppenspindel blieb er an der Geräteeinheit stehen.
    »Tragen Sie mich für einen Oberflächenausflug ein.«
    Der Aufsichtsbeamte sah zu ihm herüber. »Sie wollen nach draußen?«
    »Ich brauche frische Luft.«
    Der Kontrolleur schaltete einen seiner Bildschirme ein. »Ihr Name, bitte?«
    »Hunt, Dr. V. Hunt.«
    »Identifikationsnummer?«
    »730289C/EX4.«
    Der Kontrolleur vermerkte die Details, sah auf die Uhr und tastete die Zeit ein.
    »Erstatten Sie über Funk Bericht, wenn Sie nach einer Stunde noch nicht zurück sind. Halten Sie auf 24,328 Megahertz ständig einen Empfangskanal offen.«
    »Mach ich«, bestätigte Hunt. »Gute Nacht.«
    »Nacht.«
    Der Kontrolleur sah zu, wie Hunt in Richtung Erdgeschoß verschwand, zuckte mit den Achseln und wandte seine Aufmerksamkeit automatisch den Schirmen vor ihm zu. Es sah nach einer ruhigen Nacht aus.
     
    Im Vorraum des Oberflächenzugangs auf der Nullebene entnahm Hunt der Schrankreihe zu seiner Rechten einen Raumanzug. Ein paar Minuten später marschierte er im Schutzanzug und mit gesichertem Helm zur Luftschleuse. Er tastete seinen Namen und ID-Code in das Terminal am Schott und wartete ein paar Sekunden, bis sich das Innenschott öffnete.
    Er tauchte in den wirbelnden und silberfarbenen Dunst hinein und wandte sich nach rechts, um der Front der undeutlich sichtbar werdenden schwarzen Metallklippe des Kontrollgebäudes zu folgen. Durch die dünnen Dunstwolken klang das Knirschen seiner Stiefel auf dem pulvrigen Eis schwach und weit entfernt. Als die Wand endete, marschierte er langsam geradeaus weiter, ins offene Terrain hinaus und der Grenze des Stützpunktes entgegen. Gespenstische stählerne Gestalten tauchten auf und verschwanden in den schweigenden Schatten um ihn herum. Die Düsternis voraus wurde dunkler, als Inseln aus diffusem Licht zu beiden Seiten an ihm vorbeiglitten. Das Eis begann anzusteigen. Unregelmäßige Flecken kahler, schroffer Felsen häuften sich. Wie in Trance marschierte er weiter.
    Bilder aus der Vergangenheit schwebten an seinem inneren Auge vorbei: ein Junge, der Bücher las, eingeschlossen im Schlafzimmer des oberen Stocks, irgendwo in den Londoner Slums ... ein Halbwüchsiger, der jeden Morgen mit dem Fahrrad durch die engen Gassen von Cambridge fuhr. Das, was er gewesen war, war nicht wirklicher als das, was er sein würde. Und hinter jeder neuen Welt lockte eine weitere. Und immer waren die ihn umgebenden Gesichter unbekannt – sie trieben in sein Leben wie die flüchtigen Schatten der Felsen, die sich nun aus dem Dunst vor ihm herausschälten. Wie die Felsen schienen die Menschen eine Weile zu existieren und Gestalt und Substanz anzunehmen. Dann entschwanden sie und lösten sich hinter ihm im Nebel der Vergangenheit auf, als habe es sie nie gegeben. Forsyth-Scott, Felix Borlan und Rob Gray existierten bereits nicht mehr. Würden Caldwell, Danchekker und der

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