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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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es ›klick‹ gemacht. Genauso ging es mir auch. ›Klick.‹ Sie meinte, so wäre es ihr nicht mehr ergangen, seit sie ihren ersten Mann kennengelernt hat. Sie meinte, es ist ein seltenes Gefühl, fast unmöglich zu wiederholen, aber so war es.«
    Die Welt schien stehen zu bleiben.
    »Ihr erster Mann?«, fragte Mair.
    »Er hat sie zum Bodybuilding gebracht. Er war selbst eine Ikone. Dom, Mick’s Gym, Purachart. Er hat zweimal den Asien-Titel gewonnen. Bestimmt erinnert ihr euch an ihn. Sein Poster hing an meiner Wand, als ich damals anfing.«
    »Du hast angefangen, als du vierzehn warst«, gab ich zu bedenken.
    »Ja. Stimmt«, Arny nickte. »Das ist schon eine Weile her, was?«
    Vor mir lag ein weites, metaphorisches Feld, gespickt mit metaphorischen Landminen. Ich hätte vorsichtig vorgehen und auf Zehenspitzen drumherum schleichen können, aber ich wusste, wir steuerten – egal, was ich tat – auf einen hässlichen Knall zu.
    »Nong?« , fragte ich. »Wie alt ist deine Freundin?«
    »Achtundfünfzig.«
    Es lag weder Scham noch Verlegenheit in seiner Stimme. Er sagte es stolz und laut. Es schien ihm gar nicht in den Sinn zu kommen, welche Auswirkungen eine solche Äußerung auf seine siebenundfünfzigjährige Mutter haben würde. Mair klammerte sich an ihr Titanic -Lächeln, brachte aber kein Wort hervor. Sie wischte ihren Mund mit einem Papiertuch ab, stand auf und ging auf wackligen Beinen zum Laden. Arny sah ihr hinterher, mit aufrichtigem Lächeln im Gesicht.
    »Sieht so aus, als wäre Mair deswegen genauso aufgeregt wie ich«, sagte er.
    Das darauf folgende Schweigen wurde vom Plärren einer Mopedhupe unterbrochen. Ed fuhr vorbei und winkte. Hinter ihm saß ein attraktives Mädchen, ungefähr in meinem Alter. Sie lächelte mich an und legte ihre Hand aufs Herz. Nicht zum ersten Mal an diesem Tag wusste ich nicht, wie ich reagieren sollte, und es war kaum sieben Uhr.
    Lieutenant Chompu kam gegen acht. Ich hatte ihm von der Nachricht erzählt, die bei mir abgegeben worden war. Opa Jah und ich stiegen in seinen Wagen, und wir ließen Maprao hinter uns. Da Endorphine, die schnulzige Balladenqueen, gurrte im CD-Player. Selbstverständlich war ich das kleine Mädchen auf der Rückbank. Chompu las die Nachricht, drehte den Zettel um und betrachtete die Wahlwerbung.
    »Irgendeine Ahnung, welches Jahr das gewesen sein mag?«, fragte ich.
    »Siebziger, der Krawatte und den Koteletten nach zu urteilen«, sagte Opa. »Wahrscheinlich sein erster Versuch, sich in ein öffentliches Amt zu quatschen.«
    »Aber wieso hat man das an mich geschickt?«, fragte ich. »Wer weiß, dass ich mit dem Fall zu tun habe?«
    »Sie meinen, abgesehen von ganz Lang Suan, zweiundsiebzig Prozent der Provinz und ungefähr der Hälfte der thailändischen Bevölkerung?«, fragte Chompu.
    »Na gut, ja«, räumte ich ein. »Aber warum schickt man es mir und nicht Ihnen?«
    »Weil der Polizei niemand über den Weg traut«, sagte Opa nüchtern.
    »Das stimmt«, sagte Chompu, »aber angesichts der gestrigen Ereignisse sollte es mich nicht wundern, wenn diese Nachricht zu einer Geschichte gehören würde, die … weitere Kreise zieht.«
    Mir fiel auf, dass Chompu gern dramatische Pausen machte, vermutlich, damit er sie später hübsch mit Musik unterlegen konnte.
    »Was ist denn gestern passiert?«, fragte ich.
    »Natürlich steht es mir nicht frei, Ihnen Einzelheiten zu laufenden Ermittlungen anzuvertrauen, aber wenn es unbedingt sein muss, könnte ich Ihnen unter Umständen erzählen, dass man Ihren Tan Sugit heute früh auf dem Bahnhof von Lang Suan nackt mit Handschellen an eine Bank gefesselt aufgefunden hat.«
    »Tot?«
    »Hören Sie auf. Die können doch nicht alle gleich tot sein. Wir haben eine Quote: drei Leichen pro Jahrzehnt. Nein, er war grün und blau geprügelt und von irgendeiner Droge benebelt, und auf seinem Bauch standen mit Tierblut die Worte sa som – ›zu Recht‹. Aber er war am Leben und schämte sich in Grund und Boden. Der Polizei von Lang Suan hat er erklärt, er sei Opfer eines terroristischen Anschlags geworden. Sie hätten gedroht, ihn umzubringen, aber er hätte an das Mitgefühl der Kidnapper appellieren können – angeblich hat er das in den vielen Jahren der Verhandlungen mit den Aufständischen im Süden gelernt –, und deshalb hätten sie ihn freigelassen.«
    »Aber nackt an eine Bank gekettet«, hob ich hervor.
    »Eine symbolische Geste. Ein kleiner Sieg.«
    »Was hat er gesagt, worauf sie es abgesehen

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