Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
Vom Netzwerk:
weinte ich mir vor einem Hund die Augen aus.
    Am nächsten Morgen überbrachte ich Major Mana den Fotoapparat. Ich begrüßte Sergeant Phoom am Tresen und wurde gleich durchgewinkt. Mana saß in seinem Büro und telefonierte. Ich nehme an, es war wohl privat, denn er hielt seine Hand über den Hörer und wandte sich zum Fenster ab, als ich in seiner Tür erschien. Scheinbar freute er sich nicht sonderlich, mich zu sehen. Er beendete sein Gespräch und nickte mir zu, ich solle hereinkommen. Ich legte die Kamera im Plastikbeutel auf den Tisch.
    »Was ist das?«, fragte er.
    »Meine Hand, die Ihre wäscht«, sagte ich. »Ich glaube, das ist die Kamera, die niemand verloren hat.«
    Ich sagte ihm, wie und wo ich sie am Morgen gefunden hatte, und dass er den Fund gern für sich reklamieren dürfe. Ich unterbreitete ihm meine Theorie, dass es sich bei dem geheimnisvollen Mann, der wissen wollte, ob der Fotoapparat der Gerichtsmedizin am Tatort gefunden worden war, möglicherweise um den Mörder höchstpersönlich gehandelt hatte, der seine Kamera suchte, nachdem sie ihm während der Tat heruntergefallen war. Ich konnte nur andeuten, dass die Hunde den Mörder möglicherweise vertrieben hatten, denn selbstverständlich durfte er nicht wissen, dass ich die Fotos schon gesehen hatte.
    Major Mana zeigte wenig Begeisterung, was meine Theorie anging. Er bedankte sich dafür, dass ich ihm die Kamera gebracht hatte, und hielt mir einen kurzen Vortrag darüber, von welch entscheidender Bedeutung es war, Beweisstücke nicht anzufassen – als wäre der Plastikbeutel ein reiner Zufall meinerseits.
    »Wollen wir sie uns ansehen?«, fragte ich. Mir schien, eine Journalistin, die einen Fotoapparat gefunden hatte, sollte neugierig sein, was auf den Bildern war.
    »Was ansehen?«, sagte er.
    »Die Fotos in der Kamera. Sie könnten wichtig sein.«
    »Nein, nein. Wir müssen sie erst bearbeiten.«
    »Bearbeiten?«
    »Nach Fingerabdrücken und sonstigen Spuren absuchen … Sie wissen schon: Blut, Körperflüssigkeiten. Uns fehlen hier die Möglichkeiten, also müssen wir die Kamera nach Lang Suan schicken, und die bringen sie rüber nach Chumphon.«
    »Sind Sie denn kein bisschen neugierig, was drauf ist?«, fragte ich. »Wenn die Kamera erst in Lang Suan landet, sagen die Ihnen ja doch nicht, was sie gefunden haben.«
    »Natürlich tun sie das.«
    »Sie müssten sie nur umdrehen und mal nachsehen. Es wäre absolut gerechtfertigt.«
    »Es gibt da gewisse … Vorschriften.«
    »Tatsächlich?«
    »Ich verspreche Ihnen, sobald Lang Suan den Inhalt dieser Kamera freigibt, werde ich die Information an Sie weiterreichen. Ich habe unseren Deal nicht vergessen.«
    Das war mehr oder weniger ein Versprechen, dass ich keinerlei brauchbare Insiderinformationen von meinem Major bekommen würde. Ich bedankte mich für die Zusammenarbeit, verbeugte mich, als ich rückwärts das Zimmer verließ, und lief den Korridor zu Chompus Büro entlang. Er amüsierte sich gerade mit chinesischen Donuts in Tiergestalt und einem Becher Kaffee, dessen Färbung darauf hindeutete, dass er instantisiert war. Er blickte auf und lächelte.
    »Meine Reporterin! Sie haben mir gefehlt. Hunger?«
    Ich setzte mich ihm gegenüber und brach dem Kuchentier ein Teigbein ab.
    »Ich hatte nicht erwartet, dass Sie schon so früh da sein würden«, gab ich zu.
    »Machen Sie Witze? Zwei Mordfälle? Die Provinzverwaltung hat uns eimerweise Geld für Überstunden geschickt. Wir sollen auf Abruf bleiben. Falls Lang Suan eine Maniküre braucht oder Glühbirnen ausgewechselt werden müssen – wir stehen bereit. Sie werden es noch sehen.«
    »Ich habe mal kurz beim Major im Büro reingeschaut. Ich glaube, er war nicht gerade begeistert, mich zu sehen.«
    »Wahrscheinlich haben Sie ihn bei seinen Amway-Deals gestört. Direktverkauf überflüssiger Produkte für die kritische Hausfrau.«
    »Er verkauft für Amway?«
    »Hier unten kommt mit Schmiergeld nicht viel rein. Er muss seinen Lebensunterhalt irgendwie auf andere unehrenhafte Weise verdienen.«
    »Wie war’s im Kriminallabor?«
    »Sinnlos und wunderbar. Wie war’s in Surat?«
    Der Gauner. Woher wusste er, dass ich nach Surat gefahren war?
    »Wenn Sie einen GPS-Sender unter unserem Wagen befestigt haben, werde ich …«
    »Also wirklich, kleine Journaille. Seit drei Monaten habe ich eine Anforderung für Büroklammern laufen. Was glauben Sie, wie lange es dauern würde, ein Ortungsgerät zu besorgen? Sie sollten wirklich aufhören, sich

Weitere Kostenlose Bücher