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Der Tote trägt Hut

Der Tote trägt Hut

Titel: Der Tote trägt Hut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Cotterill
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man mit Schminke Wunder bewirken.«
    »Es ist eine Hypothese. Man muss mit einer Hypothese anfangen.«
    »Was hat Ihnen die arme, alte Dame nur getan?«
    »Sie hat respektlos einen bösen Blick auf meine Turnschuhe geworfen.«
    »Ach so. Na dann. Schicken Sie das SEK rein.«
    »Okay, jetzt sind Sie dran.«
    »Muss ich?«
    »Das war der Deal.«
    »Na gut. Das Labor in der Kaserne von Prajuab ist furchtbar stickig und zeigt einen deutlichen Mangel künstlerischen Inputs, was die Einrichtung angeht. Die Beleuchtung ist das Allerletzte. Auf einem der langen Tische hatten sie die beiden Skelette nebeneinandergelegt. Es war eigentlich ganz süß. Am liebsten wäre mir gewesen, wenn sie Händchen gehalten hätten, aber ich stand die ganze Zeit unter Beobachtung. Ich bin nicht restlos überzeugt, dass sie das Puzzle genau richtig hinbekommen haben. Wir hatten ihnen das Pärchen als bunte Mischung geschickt, und es würde mich nicht wundern, wenn sie einfach alles zusammengewürfelt hätten, wie es gerade kam. Einer der Laboranten nahm allen Ernstes immer wieder Bezug auf sein Lehrbuch. Er tat, als wollte er mir das eine oder andere Phänomen veranschaulichen, aber ich glaube, im Grunde wollte er nur seine eigene Arbeit überprüfen. Über die Todesursache konnten sie mir rein gar nichts sagen, abgesehen davon, dass die beiden weder zersägt noch zerhackt oder mit einer Maschinenpistole durchsiebt worden waren. Ebenso wenig ragten Pfeile oder Speere aus ihnen hervor. Und sie waren auch weder Explosionen noch Knochen zersetzenden Krankheiten zum Opfer gefallen. Der Fairness halber muss man allerdings sagen: Das Labor ist sicher, dass die beiden nicht an Altersschwäche gestorben sind. Ein Blick ins Lehrbuch bestätigte mir, dass sie noch ziemlich jung waren, Anfang zwanzig ungefähr.«
    »Alles in allem war der Ausflug also sinnlos.«
    »Ganz und gar nicht.«
    »Wie das?«
    »Ich war schon bei der Security, auf dem Weg nach draußen, als mir dieser ansehnliche, dunkelhäutige Captain hinterhergelaufen kam. Ich dachte, er fand mich attraktiv und wollte meine Telefonnummer, aber er hielt einen großen braunen Umschlag in der Hand und fragte: ›Sind Sie der Lieutenant aus Lang Suan?‹ Mein Ruf war mir vorausgeeilt. Ich lächelte und sagte: ›Ja.‹ Dann reichte er mir den Umschlag und bat mich, ihn bei Major General Suvit abzugeben. Ich salutierte in aller Form, und er wusste nicht, ob er nicken oder mit dem Schwanz wedeln sollte, also salutierte er ebenfalls, machte auf dem Absatz kehrt und flüchtete. Nicht zum ersten Mal in meinem Leben habe ich gar nicht gemerkt, was für einen Schatz ich in Händen hielt. Ich nahm an, es konnte nicht so wichtig sein, weil der Umschlag nicht versiegelt war, sondern nur mit einem Bändchen zugebunden.«
    »Aber trotz der Versuchung haben Sie keinen Blick riskiert?«
    »Doch, natürlich. Ich meine, ich musste ja nicht schwören, dass ich es nicht tun würde, oder? Und da stand ja auch nicht: ›Für Major General Suvit persönlich‹. Und wie ich das Militär kenne, hätte in dem Umschlag auch etwas Illegales sein können. Es war sozusagen meine Pflicht nachzusehen. Und was glauben Sie, was drin war?«
    »Ich geb auf.«
    »Ich will Ihnen den einen oder anderen Tipp geben: Messer, Blut, Abt … Ach, kommen Sie, inzwischen müssten Sie es aber wissen.«
    »Ich dachte, man hätte seine Leiche nach Bangkok geschickt.«
    »Anscheinend sind die Gerichte in der Hauptstadt momentan beschäftigt, also wurde Abt Winai nach Pranjuab umgeleitet.«
    Ich rückte meinen Stuhl näher heran, und er zuckte bei dem scharrenden Geräusch zusammen.
    »Okay. Was haben die gefunden?«, flüsterte ich.
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich es Ihnen sagen darf …«
    »Möchten Sie sich lieber der Peinlichkeit aussetzen, von einem Mädchen verprügelt zu werden?«
    »Das war eine Drohung gegenüber einem Polizeibeamten. Dafür könnte ich Sie einsperren.«
    »Chompu …«
    »Also gut, aber es ist wirklich nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Nicht weniger als dreizehn Stichwunden. Sieben nach Eintritt des Todes.«
    »Nein!«
    »Alle in Bauch und Unterleib. Langes, sehr scharfes Messer. Klinge etwa dreißig Zentimeter.«
    Das wusste ich. Ich hatte es gesehen.
    »Täter vermutlich kleiner als das Opfer, Linkshänder, keinerlei Gegenwehr. Der Abt wurde also überrascht.«
    Das wusste ich auch. Eher noch erschreckt. Völlig verblüfft, aber – wie ich mich erinnerte – hatte er keine Angst gehabt. Sein

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