Der Tote trägt Hut
unbemerkt eine Nacht im Auto verbringen, also dachte ich mir, ich fange mit den Touristen an, die ein Auto dabeihatten. Das Opfer kam aus Bangkok und sollte für seine Ermittlungen nur drei Tage bleiben. Es war vorstellbar, dass der Täter den Abt verfolgt hatte.
Auf jeden Fall war es einfacher, an diesem Ende der Ermittlungen anzufangen, statt in größer werdenden Kreisen um den Tempel herum an alle Türen zu klopfen. Wie sich herausstellte, war das Ausleseverfahren erheblich einfacher, als ich befürchtet hatte. Nirgendwo lag die Zimmerbelegung über fünfzehn Prozent. Abgesehen davon, dass ohnehin kein Mensch zu uns in den Süden reisen wollte, standen die meisten Zimmer angesichts der schwachen Wirtschaft und der Benzinpreise leer, und weil der Tourismus aufgrund dieser lächerlichen Unruhen in der Hauptstadt zusätzlich am Boden lag. Die meisten, die irgendwo übernachtet hatten, waren auf dem Highway unterwegs gewesen und hatten aus Müdigkeit bei der erstbesten Möglichkeit angehalten. Ausnahmslos waren sie am nächsten Morgen weitergefahren.
Die Hotels bescherten mir am Ende eine spärliche Liste von zwei Personen: ein Geschäftsmann namens Apirat, der eine Woche im Radree gewohnt hatte, und jemand mit Namen Adul, der im Uaynoi Grand abgestiegen war und als Berufsbezeichnung »Tourist« angegeben hatte. Es gab kein konkretes Abreisedatum. Er war mit einem sehr großen Motorrad unterwegs. Kein Autofahrer passte irgendwie zu den Tagen, für die ich mich interessierte.
In den Ferienanlagen war es sogar noch schlimmer. Selbst die teuren Läden standen unter der Woche praktisch leer, und nur sehr wenige Thais rangen sich dazu durch, dort abzusteigen. Ich fand nur zwei im 69 Resort , nicht weit von Pak Nam. Das eine war ein Mann in besten Jahren, der als Dr. Jiradet unterschrieben hatte, und das andere war ein Teenager, ein Mädchen namens Nong Pui, das ganz hinten am Ende des Geländes wohnte. Man erklärte mir, der Doktor sei Berater am Pak Nam Hospital. Außerdem fand ich da noch zwei Ausländer. Der eine war eine ältere, koreanische Dame, die jeden anlächelte, was ihre einzige Kommunikation zu sein schien. Sie hatte das Zimmer mit Meeresblick verschmäht und sich für eins entschieden, das zur vielbefahrenen Straße hinausging, woraufhin das Personal vermutete, dass sie entweder taub oder dement sein musste. Dann war da noch ein Deutscher, der den größten Teil des Tages mit einem Bier auf seinem Balkon saß. Die Frau an der Rezeption hatte keine Ahnung, wann die beiden abreisen wollten. Ich nickte dem Deutschen zu, der mich einlud, mich zu ihm zu gesellen, vermutlich nicht nur auf einen kleinen Drink, und meine drei Worte Koreanisch waren bei der alten Dame schnell erschöpft.
Fünf weitere Ferienanlagen hatten überhaupt keine Gäste, obwohl man mir versicherte, sie hätten alle ein ganz gut gehendes »Nachtgeschäft«. Ich wusste, was das bedeutete. Doch das Tiwa Resort , mein letzter Anlaufpunkt, brachte am meisten. Ein nicht mehr ganz junges, japanisches Pärchen von Rucksacktouristen wohnte im billigsten Zimmer und ernährte sich nach Auskunft des Personals von Tütensuppen. Seit drei Tagen waren sie die einzigen Gäste. Und dann hatte am Tag vor dem Mord ein geheimnisvoller Thailänder, der mit einem sehr teuren schwarzen Mercedes gekommen war, Zimmer Nummer sieben belegt. Er hatte sich gleich zurückgezogen und aus dem Restaurant etwas zu essen kommen lassen. Mein Interesse war geweckt, als der Mann am Empfang ihn als »Typ Auftragskiller« beschrieb. In Thailand gaben sich Kriminelle oft große Mühe, wie Kriminelle auszusehen. Es erleichterte einem die Identifikation enorm. Er hatte sich als Ny Wirapon eingetragen und alle anderen Kästchen in der Anmeldung leer gelassen. Er war noch nicht wieder ausgezogen. Langsam fuhr ich an seinem Zimmer vorbei. Es war jemand drinnen, doch vom Benz war nichts zu sehen. Der Umstand, dass er immer noch da war, sprach gegen ihn als möglichen Verdächtigen. Wozu hierbleiben, wenn man seinen Auftrag erledigt hatte?
Das bedeutsamste Ergebnis meiner Ermittlungen war die allgemeine Untergangsstimmung in der Tourismusindustrie und speziell im Gulf Bay Lovely Resort & Restaurant. Wenn schon Qualitätshäuser keine Gäste anlocken konnten, was zum Teufel hatten wir dann zu erwarten? Ich nahm meine Eimer zum Abschuppen und Ausnehmen und setzte mich zu Opa Jah. Er ignorierte mich und tat, als interessiere er sich mehr für einen elend langen Waran, der den
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