Der Tote trägt Hut
seinem Ordner.
»Wissen Sie noch, ob es eine Nikon DSLR D3555 war?«
Irgendwas ging da vor zwischen Bangkok und unserem Major Mana. Ihre Blicke waren wie Eiszapfen, die kreuz und quer durchs Zimmer flogen. Ich staunte, dass die Polizei mich nach der Marke der Kamera fragen musste. Ich habe ein gutes Gedächtnis für Zahlen und Buchstaben.
»Das ist die Typenbezeichnung, die ich mir aufgeschrieben hatte«, erklärte ich.
»Sind Sie sicher?«
Ich wünschte, er würde aufhören, mich zu fragen, ob ich sicher war. Wenn ich nicht sicher wäre, würde ich doch nichts sagen, oder?
»Ja. Wieso?«
»Weil nach Aussage unserer Freunde aus Bangkok hier«, Mana lächelte, »die Typenbezeichnung, die Sie und ich notiert haben, falsch ist.«
»Wir haben nicht gesagt, dass sie falsch ist«, sagte Longanhaut. »Wir haben nur gesagt, dass im Nikon-Katalog eine solche Kamera nicht gelistet ist. Wir müssten uns an die Firma wenden, damit die mal nachsehen. Vielleicht wurde die Reihe eingestellt.«
»Und Sie sind sicher, dass Sie die Bilder nicht kopiert haben?«, fragte der Wanst.
Hätte ich doch nur eine Machete dabei …
»Sir«, sagte ich ernst, »nicht alle Reporter sind Rebellen. Ich habe für eine verantwortungsvolle Zeitung geschrieben, und dort hat man uns Moral und Anstand gelehrt. Mein Großvater war vierzig Jahre lang bei der Royal Thai Police. Er hat mir den Unterschied zwischen legal und illegal beigebracht.« Ich sah, dass Arny vor die Tür ging. »Meine Mutter ist eine gläubige Frau. Sie hat uns den Unterschied zwischen falsch und richtig gezeigt. Bitte kränken Sie mich nicht, indem Sie andeuten, ich würde etwas heimlich tun.«
Clever, oder? Ich habe nicht wirklich Nein gesagt.
»Dann wäre das alles«, sagte er. »Es könnte sein, dass wir uns noch mal an Sie wenden müssen.«
Ich durfte gehen. Das Meeting war beendet. Die Cops und Detectives zogen sich nach Lang Suan zurück, und ich hörte, wie Manas frisierter Geländewagen grollend vom Parkplatz rollte. Ich wusste nicht, wo Arny geblieben war. Vermutlich saß er im Tempel gegenüber und schmollte. Lügen lasteten schwer auf ihm, selbst wenn sie von jemand anderem kamen. Mein Lieutenant hatte mir gesagt, ich sollte mich in fünf Minuten mit ihm drüben in seinem Büro treffen, und ich saß bereits auf seiner Seite vom Schreibtisch und freute mich an der Ordnung, als er hereinkam. Er hatte zwei verdächtig nicht dampfende Becher dabei und stellte einen vor mir ab. Ich warf einen Blick hinein und sah den Fleck am Boden.
»Wasser?«, fragte ich.
»Wodka Tonic.«
»Hier unten gibt es Tonic?«
»Tesco. Bei Tesco kriegt man alles.«
Meine gesamte Familie hatte an der Eröffnung des Tesco-Lotus-Markts draußen am Highway teilgenommen. Es war das Größte, was in der Provinz je passiert war, seit … nein. Es war das Größte, was in der Provinz je passiert war. Unser eigener Superstore und das erste Mal, dass man Frischkäse und Wein und vietnamesische Chez-Guevara-T-Shirts für vierzig Baht bekommen konnte. Sie hatten Öl aus Palmen unserer Region, das allerdings über Bangkok zu uns kam und im Angebot zwanzig Baht pro Flasche kostete, billiger, als wir es selbst herstellen konnten. Sie hatten Schokolade aus der Schweiz und Hautaufheller aus Malaysia. Nur konnten wir am Eröffnungstag leider nicht rein, weil da so viele Leute waren, dass kein Mensch rein- oder rauskam. Wir schafften es bis auf vier Meter an die Tür heran, und Arny hob mich auf seine Schultern, sodass ich das Meer der Köpfe vor mir sehen konnte. Doch es war ein stehendes Gewässer, und ich möchte bezweifeln, dass irgendwer von diesen Leuten es geschafft hat, bevor die Woche um war.
Doch zurück aufs Polizeirevier.
»Sollten wir wirklich im Dienst Wodka Tonic trinken?«, fragte ich.
»Es ist fast Mitternacht, und man hat mich aus einer sehr viel versprechenden Soiree geholt. Da hab ich was gut. Also?«
»Also?«
Wir nippten an unseren Drinks. Das Tonicwater belästigte den Wodka kaum.
»Ihr Bruder?«, sagte er.
»Oho. Nein. Denken Sie nicht mal im …«
»Er sieht mir nicht hetero aus.«
»Er ist weder das eine noch das andere.«
»Er ist hinreißend.«
»Vergessen Sie es.«
»Ich werde Ihren Einwand beherzigen, aber es wäre möglich, dass ich ihn gelegentlich in meine Fantasien einbaue, wenn Sie nichts dagegen haben.«
»Nur zu.«
Wieder tranken wir.
»Sie und ich, wir beide sollten uns verabreden«, sagte er.
»Wozu?«
»Um uns Siewissenschonwas
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