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Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote unter der Piazza - Ein Neapel-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Krohn
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Laune verbesserte sich augenblicklich. Andererseits machte Fiorillas Lüge auch Salvatore verdächtiger. Irgend etwas war da im Busch. Die zwei versteckten etwas. War Salvatore Fiorillas Geliebter, und Fiorilla wollte nicht, daß die Öffentlichkeit davon erfuhr? Es war dumm gewesen, die Bekanntschaft Salvatores abzustreiten, wenn jedermann – zum Beispiel Jean – wußte, daß die zwei miteinander befreundet gewesen waren. Aber jeder machte Fehler. Und Salvatore? War er womöglich angesichts des Toten so erschrocken gewesen, weil ihm schlagartig klar geworden war, daß er als Liebhaber Fiorillas sofort unter Verdacht stehen würde? War er deshalb von der Bildfläche verschwunden? Andererseits war die Polizei noch nicht bei Salvatores Mutter aufgetaucht. Also wußte sie nichts. Oder es gab nichts zu wissen.
    In dem Moment klingelte das Telefon. Es war Giorgio, der Marlen den Termin von Umbertos Beerdigung mitteilen wollte. Bei Beerdigungen tauchten alle möglichen Bekannten auf, die bis dato im verborgenen geblieben waren. Er sagte, er frage sich auch, ob Salvatore wohl aus dem Versteck käme – sofern er sich tatsächlich versteckte – um seinem Freund Umberto am Freitag um elf die letzte Ehre zu erweisen.
    Es klingelte erneut, diesmal an der Tür. Kurze Zeit darauf kam der Pizzajunge herein und stellte zwei flache, quadratische Pappkartons, ein in fettfleckiges Papier eingewickeltes Schälchen sowie zwei eisgekühlte Halbliterflaschen Peroni auf dem Tisch ab. Livia wimmelte Marlen ab, die zahlen wollte. Der Pizzateig war zäh und weich, was an den Pappkartons lag, die Fett und Dampf der ofenheißen Pizzen ansaugten und als Niederschlag wieder fallen ließen. Die frittierten Zucchiniblüten schmeckten süßlich-herb nach Gartengrün und salzigem Schmalzgebäck, das Bier leicht und erfrischend. Die Frauen aßen, jede in eigene Gedanken versunken, hungrig und erschöpft. Livia starrte auf die Pizzakartons. Dann sprang sie, wie von der Tarantel gestochen, auf.
    »Ich hab’s!« rief sie triumphierend. »Ich hab’s! Der Engel! L’angelo !« Ihre Augen leuchteten. Sie riß einen Pappkarton vom Tisch, hielt die Verpackung hoch und wies auf die Beschriftung. Pizzeria dell’angelo stand dort in schwarzer Schönschreibschrift, darunter war ein feister Engel zu sehen, der auf einer runden Platte hockte, augenscheinlich eine Pizza. »Die Engel aus dem Schlafzimmer der Cacciapuoti, ich kenne sie, ich weiß, woher sie stammen, wo sie ursprünglich hängen«, rief Livia aufgeregt. »Und weißt du auch wo? In einer Seitenkapelle der Kirche, in der ich als Kind immer zur Beichte mußte.«
    Marlen sah sie gespannt an. Livia holte tief Luft. »Also, ich hab da gekniet, jahrelang, und mir irgendwelche Vergehen ausgedacht, damit die Prozedur möglichst schnell vorbei ist, und dabei hingen immer diese beiden Engel in meinem Blick, und ich habe gedacht, ihr habt’s gut, ihr schwebt da oben und seid über alles erhaben und könnt leicht grinsen. Und manchmal war es, als würden sie mir antworten und mir einflüstern, was ich während der Woche alles angestellt hatte, es war lustig, dieses Spiel.« Sie sah Marlen mit glänzenden Augen an. »Ich bin mir ganz sicher. Ich habe sie mir damals genau angesehen. Die beiden Engel, die über dem Ehebett von Fiorilla und Umberto hängen, stammen aus genau dieser Kapelle, nur ist es mir nicht sofort eingefallen, aber jetzt, durch diese banale Pizzaverpackung.« Die Livia nun übermütig in die Luft warf.
    »Jetzt brauchen wir also nur ein Foto von den Engeln«, sagte Marlen.
    Die Frauen beschlossen, die Witwe erneut zu kontaktieren, möglicherweise sogar zu Hause aufzusuchen. Marlen würde sie in ein Gespräch verwickeln, während Livia sich in den Zimmern umsehen und Fotos machen würde. Warum hatte Fiorilla gelogen? War Salvatore Umberto womöglich auf die Schliche gekommen? Oder umgekehrt: war er eingeweiht? Marlen fand, sie sollten auch die Vielweiberei Umbertos nicht außer acht lassen, hatte jedoch bisher keinen einzigen Anhaltspunkt. Sie machten gemeinsam eine Liste, verteilten die Aufgaben. Marlen fiel ein, daß sie am übernächsten Tag einen Termin mit Signor Uccello hatte. Und daß sie und Livia am Sonntag mittag bei der Mutter der Tabakfrau zum Mittagessen eingeladen waren. Volle Tage. Draußen hörte man vereinzelt Tropfen fallen, dann fing es sturzbachartig an zu regnen. Sie traten unter das schützende Vordach vor der Tür.
    »Triffst du dich wieder mit ihm?« fragte

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