Der Tote vom Kliff
sind?«, erwiderte der
Oberkommissar. Doch der erfahrene Mann ließ sich nicht beirren.
»Haben Sie reserviert?«, fragte er.
»Können wir das mit der Rezeption besprechen?«
»Ich wäre Ihnen dankbar, wenn Sie sich in der
Zwischenzeit einen anderen Parkplatz suchen würden. Sie können auch unsere
Hotelgarage nutzen.« Er erklärte ihnen den Weg.
Große Jäger wollte etwas erwidern, aber Lüder bremste
ihn, da sie in der zweiten Reihe parkten und ein Doppeldeckerbus der
Stadtrundfahrt hinter ihnen hupte. Lüder fuhr an, und es wurde eine zumindest
kleine unfreiwillige Stadtrundfahrt, bis sie die Tiefgarage in der nahen
Seitenstraße erreichten. Sie parkten den BMW und folgten der Beschilderung zur Rezeption. Dort empfing sie eine adrett
gekleidete junge Frau mit einem geschäftsmäßigen Lächeln und fragte nach ihrem
Wunsch.
»Wir hätten gern Herrn Hundegger gesprochen«, sagte
Lüder, bevor Große Jäger sich zu Wort melden konnte. In seiner schmuddeligen
Jeans, dem karierten Baumwollhemd und der speckigen Lederweste mit dem
Einschussloch fiel er im gediegenen Ambiente des Hotels mehr als auf.
»Den Senior oder den Junior?«, fragte die
Empfangsdame, ohne in ihren Computer zu sehen.
»Beide.«
»Dr. Hundegger junior ist außer Haus. Der Herr Konsul
hat sich einen Termin bei unserem Friseur reservieren lassen.« Sie beschrieb
den beiden Beamten den Weg.
Der Salon befand sich hinter einer doppelten Glastür.
Dort wurden sie von einer rothaarigen Frau empfangen, die eine Handvoll
Lockenwickler balancierte und fragte: »Kann ich Ihnen helfen?« Dabei maß sie
Große Jäger mit einem abschätzenden Blick.
»Wir möchten in den Herrensalon. Wir haben dort eine
Verabredung«, sagte Lüder schnell.
Im abgeteilten Herrenbereich saß nur ein Kunde vor dem
großen Spiegel und musterte ebenso wie der Friseur die beiden Beamten. Bevor
wieder die obligatorische Frage, ob sie einen Termin hätten, gestellt wurde,
wies Lüder auf den Kunden und sagte: »Wir möchten zu Herrn Hundegger.«
Der Konsul hatte ein wettergegerbtes Gesicht von
gesunder Farbe. Das dichte schlohweiße Haar, die buschigen Augenbrauen und der
sorgfältig gestutzte Schnauzbart verliehen Hundegger einen energischen
Eindruck. Unter dem Friseurumhang ragte eine Hand heraus, die von einer blonden
Angestellten manikürt wurde.
»Ich vermute, die Herren sind von der Polizei«, sagte
Hundegger. Es war keine Frage, sondern eine Feststellung.
Lüder registrierte, wie der Friseur erstaunt eine Augenbraue
in die Höhe zog.
»Wir hätten gern mit Ihnen gesprochen«, sagte Lüder
und warf einen Seitenblick auf einen anderen Kunden, der neugierig über den
Rand seines Playboymagazins hinwegplierte, mit dem er sich die Wartezeit
verkürzen wollte.
»Machen Sie weiter«, forderte Hundegger den zögernden
Friseur auf und wandte sich dann an Lüder.
»Es geht um den Tod von Gruenzweig und Laipple, nicht
wahr?«
Als Lüder nickte, fuhr er fort: »Wir können hier
getrost miteinander sprechen. Diese Fälle sind in aller Munde. Da gibt es keine
Geheimnisse.«
Lüder räusperte sich. »Wir würden es dennoch
vorziehen, das Gespräch in einem anderen Rahmen zu führen.«
»Da muss ich Sie vertrösten. Ich habe im direkten
Anschluss einen Termin mit wichtigen Leuten. Die kann ich nicht warten lassen.«
»Für die würden wir uns auch interessieren«, sagte
Lüder.
Ein durchdringender Blick traf ihn über den Umweg des
Spiegels.
»Warum nicht?«, sagte Hundegger plötzlich in seinem
unverkennbaren schwäbischen Tonfall. »Mein Sohn ist auch dabei.« Dann
schüttelte er den Kopf, dass der Friseur erschrocken mit der Schere einhielt.
»Wer viel arbeitet, benötigt auch Entspannung. Sie
wollen mit mir über mein Hobby, das Segeln, schwätzen? Wussten Sie, dass ich
auch Tennis spiele? Und weil der Laipple erschossen wurde, müssten Sie noch
wissen, dass ich leidenschaftlicher Jäger bin.«
Er hielt einen Moment inne, als der Friseur seinen
Kopf vorsichtig ein wenig zur Seite drehte. »Mein Sohn hat andere
Freizeitvergnügungen. Der spielt Golf.« Hundegger schnalzte mit der Zunge. »Wer
auf Sylt wirklich dazugehören möchte, muss Polo spielen.«
»Wir möchten mit Ihnen gern über ein paar andere
Sachen sprechen«, sagte Lüder vorsichtig, doch Hundegger ließ sich nicht
beirren.
»Ich kannte den alten Laipple. Damals war er noch in
Stuttgart und hat die feudale Niederlassung nahe der Königstraße geleitet. Wir
haben manches Geschäft miteinander gemacht.
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