Der Tote vom Kliff
Richtung
des bisher schweigsamen Johann Jacob Mönckeberg.
»Ich vertrete die Hamburger Wirtschaft in diesem
Gremium«, erklärte der Reedereichef kurz und bündig und sah Dr. Dr. Buurhove
an.
Lüder blieb es nicht verborgen, dass der
Unternehmensberater eine Weile überlegte, bevor er antwortete.
»Ich verfüge über gute Kontakte nach Asien und bemühe
mich, als Vermittler allen Seiten gerecht zu werden. Um zu demonstrieren, wie
ernst und seriös meine Auftraggeber sind, habe ich Herrn Dr. Hundegger
dazugebeten.«
»Und welche Rolle spielen die Herren Gruenzweig und
Laipple?«, fragte Lüder.
Dr. Dr. Buurhove zögerte erneut mit der Antwort. Die
Blicke aller Anwesenden waren auf ihn gerichtet. Er leckte sich mit der Zunge
über die Lippen, bevor er nicht Lüder, sondern Senator Montag ansah.
»Ich sehe keine Verbindung zwischen diesen beiden
Herren und unserem Anliegen.«
John Montag lehnte sich entspannt zurück. »Sie sehen,
Herr Dr. Lüders, dass Sie einem unbegründeten Verdacht nachgegangen sind. Ich
verstehe Ihr Vorgehen und kann Sie nur unterstützen, wenn auch nur der Schatten
eines Zweifels im Raum steht. Falls Sie keine weiteren Fragen mehr haben,
würden wir gern unsere vertrauliche Unterredung fortsetzen.«
Lüder machte keine Anstalten, aufzustehen.
»Für mich und meine Kollegen ist es selbstverständlich,
dass wir Stillschweigen über alles bewahren, was nicht der Aufklärung von
Straftaten dienlich ist. Ich bin mir aber nicht sicher, ob sich jeder hier im
Raum an dieses Gebot hält.«
Für einen Moment herrschte betretenes Schweigen, bevor
Professor Michaelis fragte: »Können Sie das erklären?«
Lüder legte seine gefalteten Hände auf die Tischkante
und nahm sich Zeit, jeden Einzelnen lange anzusehen. Dann wandte er sich zum
Senator.
»Bei Noskemeier in Neumünster wurde eine illegale
Abhöraktion durchgeführt, um die Stimmung der Belegschaft, des Betriebsrats und
übrigens auch der örtlichen Geschäftsleitung auszuforschen. Ich vermute, dass
man rechtzeitig erkennen wollte, wie man auf die zu erwartenden Protestaktionen
der Arbeitnehmer reagieren kann. Die Sache liegt bei der Staatsanwaltschaft,
und es gibt erste Hinweise auf Verdächtige, unter anderem einen Mann aus
Mülheim an der Ruhr.« Lüder unterließ es, den Namen des Privatdetektivs zu
nennen.
»Bei uns in Neumünster?« Konsul Hundegger hatte sich
auf seinem Stuhl aufgerichtet und funkelte böse seinen Sohn an. »Gisbert! Hast
du davon gewusst? Steckst du hinter dieser Schweinerei?«
»Aber Vater!«, stammelte der junge Hundegger. »Wie
kannst du so etwas von mir glauben?« Er sah hilflos in die Runde, dann blieb
sein Blick bei Dr. Dr. Buurhove haften. »Wissen Sie etwas davon? Sie haben mir
sehr detaillierte Stimmungsbilder geliefert.«
»Ich bitte Sie. Das gehört nicht zu meiner
Vorgehensweise.« Auch Dr. Dr. Buurhove war lauter geworden.
»Meine Herren!«, fuhr Senator Montag energisch
dazwischen. »Unsere Polizei wird der Sache nachgehen, und die Justiz wird die
Verantwortlichen zur Rechenschaft ziehen.«
Lüder überlegte einen Moment, ob er Dr. Dr. Buurhove,
den er für den Hintermann der Lauschaktion hielt, bloßstellen sollte, dann
entschied er sich doch dagegen. Diesen Fall würde Hauptkommissar Helge Thiel
weiterverfolgen.
»Sie sind ein alter Freund von Dr. Laipple«, wandte
sich Lüder an den alten Hundegger. »Was hat der zu diesem Vorhaben gesagt?«
»Ich glaube nicht, dass die Bank in die Überlegungen
involviert war«, schob der junge Hundegger schnell dazwischen.
Sein Vater schenkte ihm nur einen mitleidigen Blick.
»Wer glaubt, der Laipple hätte irgendetwas nicht mitbekommen, der unterschätzt
ihn. Hat ihn unterschätzt«, korrigierte sich Konsul Hundegger leise selbst.
»Das ist das Problem deiner Generation, Gisbert. Ihr seid gut ausgebildete
Technokraten, aber das hier, das fehlt euch.« Fast theatralisch legte der alte
Hundegger die rechte Hand auf sein Herz. »Du weißt es genauso wie er da«, dabei
zeigte er auf Dr. Dr. Buurhove, »dass Laipple von den Verhandlungen über
Hundegger-Industries wusste. Das sind für ihn in der Tat nur kleine Fische. Das
Ergebnis dieser Runde hier, das wäre für ihn von weitaus größerer Bedeutung
gewesen, weil es seine Planungen beeinträchtigt hätte.«
»Welche Planungen?«, fragten Lüder und Senator Montag
wie aus einem Munde.
»Im Detail bin ich nicht eingeweiht«, gestand der alte
Hundegger. »Aber er da – der weiß mehr.«
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