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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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die Gier und das Machtstreben der Topmanager
hormonell bedingt sind?« Lüder zeigte zum Himmel. »Ihre Metapher klingt sehr
hohl. Damit könnten Sie keinen Aktionär in der Hauptversammlung überzeugen.«
    »Das mag stimmen. Dort sitzen viele Leute, die das
Funktionieren dieser Welt nicht verstehen. Auch mit dem besten Förderunterricht
bringen Sie die Maus nicht dazu, erfolgreich Katzen zu jagen. Das ist
Naturgesetz.«
    »Dann muss ich nur versuchen, Sie zur Maus zu machen?«
    Dr. Laipple lachte. »Versuchen Sie es. Sie können die
Realität bei aller Sozialromantik nicht ändern. Warum sind Sie Beamter
geworden? Mit einem Studium hätten Sie mehr anfangen können. Stattdessen
verstecken Sie sich im öffentlichen Dienst. Gesichertes Einkommen bis ans
Lebensende. Die Beförderungen kommen automatisch. Kein Kampf darum, dass man
besser sein muss als die Mitbewerber, um nach oben zu kommen.«
    Lüders Gedanken schweiften für einen Moment ab. Nach
dem letzten großen Fall im vergangenen Jahr, als er trotz massiver Drohungen
gegen ihn und seine Familie ins schmutzige Geschäft der großen Politik
eintauchte, hatte man ihm durch das Versagen der anstehenden Beförderung
gezeigt, dass die Wahrheit nicht immer das Interesse der Mächtigen findet. Er
hatte gezweifelt, ob es im Polizeidienst eine Zukunft für ihn geben würde.
Margit hatte ihn bestärkt, sich beruflich anders zu orientieren, zumal die
Dotierungen dort auch attraktiver waren als im öffentlichen Dienst. Sicher
waren Margits Motive andere. Sie hätte es gern gesehen, wenn er sich nicht mehr
den Gefahren aussetzen würde, die mit der Art seiner Ermittlungsmethode
verbunden waren.
    Er wusste, dass er Kriminaldirektor Nathusius schwer
enttäuschen würde, wenn er seine Kündigung aussprechen würde. Trotzdem hatte er
viele Bewerbungen geschrieben. Doch es hatte nur Absagen gegeben. Stets hatte
man ihm höflich, aber bestimmt mitgeteilt, dass er hinsichtlich seiner
Qualifikation einer der ersten Anwärter auf die ausgeschriebene Position
gewesen wäre, aber leider hätte man – schweren Herzens – einem anderen
Kandidaten den Vorzug gegeben. Niemand hatte ihm mitgeteilt, dass er, Anfang
vierzig, für viele Unternehmen zu alt war. Selbst zwei Bewerbungen um
Positionen als Beigeordneter in einer Stadtverwaltung waren negativ beschieden
worden. Seine Bemühungen, in einer Anwaltskanzlei zu arbeiten, hatten lediglich
zu einem intensiven Vorstellungsgespräch geführt. Ausgerechnet die
Seniorpartnerin einer großen Kieler Kanzlei war seine Gesprächspartnerin
gewesen. Erst hinterher war ihm bewusst geworden, dass Dagmar Johannes die
Ehefrau des Leiters der Husumer Kripo, Christoph Johannes, war. Hoffentlich
hatte sie Diskrektion gegenüber ihrem Mann gewahrt, sonst wären seine
Wechselabsichten innerhalb der Polizei kursiert. Irgendwann hatte Lüder seine
Bemühungen um eine andere berufliche Tätigkeit eingestellt. Schließlich hatte
er eine sechsköpfige Familie zu versorgen. Die Beamtenlaufbahn war da das
kleinere Übel. So war er immer noch Polizist.
    »Ich bin hier, um einen Mordfall aufzuklären. Einen
hochbrisanten allein aufgrund der Begleitumstände: Popularität des Opfers, Art
des Vollzugs und nicht zuletzt der Tatort.« Lüder zeigte auf Dr. Laipple. »Sie
werden es schwer haben, nicht in die Schlagzeilen zu geraten. Schließlich ist
es Ihr Haus, in dem der Mord geschah. Also! Um was ging es bei Ihrem
geplanten Treffen?«
    Dr. Laipple war aufgestanden. »Ich wiederhole mich
nicht. Es ist alles gesagt.« Er sah auf Lüder herab, der gelassen sitzen
geblieben war.
    »Wie ist Lew Gruenzweig ins Haus gekommen?«
    »Die Putzfrau hat ihn hineingelassen.«
    »Hat sie auch für sein Wohlergehen gesorgt?«
    Der Manager schüttelte den Kopf. »Das Catering
übernimmt ein ortsansässiges Restaurant.«
    »Wer war die Dame, die gestern Abend anwesend war?«
    »Welche Dame?« Dr. Laipple schien überrascht.
    »Gehört die Bereitstellung von Damenbegleitung auch
dazu, dass sich Ihre Gäste wohlfühlen?«
    »Jetzt reicht es.« Der Manager hatte seine Stimme
erhoben. »Ich lege Ihnen nahe, zu gehen.«
    Lüder stand auf. »Wir werden herausbekommen, um was es
bei Ihrem Treffen mit Lew Gruenzweig ging und ob dem ein mögliches Mordmotiv
innewohnt. Auch wenn Sie viele und gute Verbindungen haben und sich abgeschirmt
glauben, müssen Sie sich dem Recht beugen. Denken Sie an Ihre zahlreichen
Kollegen aus den Führungsetagen der größten Unternehmen: sei es

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