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Der Tote vom Kliff

Der Tote vom Kliff

Titel: Der Tote vom Kliff Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannes Nygaard
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zeigte sich erstaunt, zog ein auf
dem Tisch stehendes Notebook zu sich heran und drehte den Bildschirm so, dass
Lüder keinen Einblick hatte.
    »Ah, ja«, sagte er nach einem kurzen Augenblick. »Ihr
Konto steht im Minus.«
    »Das ist mir bekannt. Der Saldo beträgt aber weniger
als ein halben Monatsbezug, und erst vor zwei Monaten habe ich von Ihnen
unaufgefordert die Mitteilung eines von mir nie in Anspruch genommenen höheren
Dispositionsrahmens erhalten.«
    Uhlmann beschäftigte sich erneut mit dem Notebook.
Dann schenkte er Lüder ein unverbindliches Lächeln.
    »Es gibt insgesamt Tendenzen, die freien
Dispositionsmöglichkeiten der Kunden auf eine mehr auf individuellen Absprachen
basierende Grundlage zu verlagern«, sagte der Bankmitarbeiter.
    »Wollen Sie damit umschreiben, dass Sie mir keine
angemessene Überziehung mehr zugestehen wollen?«
    »Es gibt grundsätzliche Entscheidungen im Hause, die
von den verantwortlichen Ebenen vorgegeben werden«, wich Uhlmann aus. »Die
Banken sind in den vergangenen Monaten oft und heftig gescholten worden, ihr
Kreditengagement zu leichtfertig betrieben zu haben.«
    »Wollen Sie mich damit als zweifelhaften Kunden
deklassieren? Ich bin nicht nur viele Jahre bei Ihnen, sondern gehöre als
Beamter auch einer absolut risikolosen Gruppe an.«
    »Das ist alles richtig«, erwiderte Uhlmann gedehnt und
wahrte immer noch das einstudierte Dauerlächeln. Dann zeigte er auf das
Notebook. »Wir unterliegen den allgemeinen Weisungen, die nicht in dieser
Zweigstelle gemacht werden. Der Computer …«
    Beim Rest seines Satzes schwang das erste Mal ein
wenig Unsicherheit mit.
    »Das beleidigt Ihre und meine Intelligenz, wenn Sie
die Reduktion des Kreditrahmens auf technische Gründe schieben. Das ist eines
der dümmsten Argumente, auf den Computer zu verweisen«, sagte Lüder.
    Der Zweigstellenleiter unterließ es, darauf zu
antworten.
    »Wie hoch ist der neue Dispo auf meinem Girokonto?«,
wollte Lüder wissen.
    Uhlmann beschäftigte sich lange mit seinem Notebook,
bis er kleinlaut sagte: »Das Konto sollte künftig auf Guthabenbasis geführt
werden.«
    »Habe ich mich eben verhört? Sie stellen meine
Kreditwürdigkeit infrage, wo rundherum Banken durch übersteigertes Profitdenken
Pleite machen?«
    »So dürfen Sie das nicht sehen. Das sind zwei
unterschiedliche Welten.«
    Lüder sah Uhlmann aus zusammengekniffenen Augen an,
bis dieser seinen Blick verlegen zu einer anderen Stelle des Raumes gleiten ließ.
    »Dann werde ich mir eine andere Bankverbindung suchen,
einschließlich der Sparanlagen und des Depots, das bei Ihnen geführt wird.«
    Der Bankangestellte war jetzt sichtlich verunsichert.
»Ich verstehe Sie ja, Herr Lüders. Aber wir müssen stets das gesamte Engagement
Ihnen gegenüber betrachten. Da wäre ja noch die Hypothek.«
    »Die durch den Gegenwert des Hauses sehr gut
abgesichert ist.«
    »Niemand kann die Entwicklung des Immobilienmarktes
voraussagen, daher …«
    »Sparen Sie sich Ihre Erläuterungen«, fuhr Lüder den
Mann an. »Ich transferiere einen Betrag von den Spareinlagen auf das Girokonto.
Wie viel kann ich überweisen, ohne eine Vorfälligkeitsentschädigung zahlen zu
müssen?«
    Uhlmann nannte einen Betrag.
    »Wann ist das Geld auf dem Girokonto?«
    Der Bankangestellte schien froh, dem unangenehmen
Gespräch entfliehen zu können. »Übermorgen.«
    »Nun behaupten Sie sicher auch, dass der Computer
schuld daran ist, dass mein Geld für zwei Tage aus meiner Verfügung
verschwindet und bei Ihnen geparkt wird.«
    Uhlmann breitete die Hände in einer hilflosen Geste
aus. Er war sicher auch nicht überrascht, dass er von Lüder keine Erwiderung
auf die Verabschiedung erhielt.
    Auf dem Rückweg zum Auto legte sich Lüders Zorn,
zumindest kanalisierte er sich. Der Zweigstellenleiter war das vorletzte Glied
in einer langen Befehlskette und führte nur die Anweisungen aus, die »von oben«
kamen. Und da saß der Vorstandssprecher Dr. Laipple, der durch diese Maßnahme
sein Missfallen über das Gespräch mit Lüder kundtat.
    »Sie scheinen Ärger gehabt zu haben«, stellte Große
Jäger fest, als Lüder zum Auto zurückkehrte. Der Oberkommissar hatte die Zeit
genutzt, um seiner Nikotinsucht zu frönen. Mit Sicherheit hatte Große Jäger
mehr als eine Zigarette geraucht.
    »Ich möchte nicht indiskret sein«, sagte Große Jäger,
als sie wieder im Auto saßen, »aber ich vermute, dass ein Kleingeist aus
Frankfurt Ihnen böse mitspielt. Wie soll ich es sagen … also

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