Der Tote vom Kliff
gekannt.«
»Es besteht noch die Möglichkeit, dass Lew Gruenzweig
mit jemandem zusammen war, dem er Zutritt gewährt hatte, und dass dieser Dritte
den Täter eingelassen hat. Entweder als Komplize …«
»… oder Auftraggeber«, ergänzte Große Jäger. »Das
würde erklären, dass ein möglicher Dritter sich nicht als Zeuge melden konnte.
Wenn Katja von Mühl wider alle Bekundungen doch im Haus anwesend war, hätte sie
den Mörder ins Haus lassen können. Zum Beispiel den ihr bekannten Hollerhansi.
Oder ihren Manager Enzo von Burzlaff.« Große Jäger zog die Stirn kraus. »Nur
fällt mir zu dem absolut kein Motiv ein. Warum hätte der diesen ›Ritualmord‹
verüben sollen?«
»Das ist unser Problem«, sagte Lüder. »Wir haben
überhaupt noch kein schlüssiges Motiv. Bisher haben wir nur eine Reihe von
Vermutungen, die aber alle sehr dürftig sind.«
»Und wie sieht es mit dem Personal aus? Der Bodyguard
und die Hausdame sind mit Laipple aus Frankfurt gekommen. Sie scheiden als
Täter aus. Das dürfte auch auf die Putzfrau Imke Feddersen zutreffen.« Große Jäger
kratzte sich hörbar die Bartstoppeln. »Gibt es weiteres Personal?« Er hielt
seinen Finger in die Höhe. »Ich hab’s. Hat sich schon jemand nach dem Gärtner
erkundigt?«
Lüder lachte. »Die Verfolgung dieser Spur ist
seit Reinhard Meys Klassiker Bestandteil der ersten Stunde auf jedem
Polizeiseminar.« Er konzentrierte sich kurz auf den Straßenverkehr, bevor er
weitersprach. »Wir müssen unbedingt mehr über den Aufenthalt Hubert Fixemers
auf Sylt in Erfahrung bringen. Wo hat er gewohnt? Wen hat er getroffen? Hat er
ein Alibi für die Tatzeit?«
Große Jäger stöhnte. »Für Frondienste bin ich
zuständig. Das kenne ich aus Husum.« Er rief Hauptkommissar Thiel von der
Sonderkommission an. »Hah«, sagte er nach dem Telefonat. »Diese Spur haben
unsere Kollegen vom LKA schon
verfolgt.«
»Verfügen die über die Fähigkeiten von LSD ?«
» LSD ? Wer
ist das?«
»Leif Stefan Dittert, der Skandalreporter von diesem
Boulevardblatt«, erklärte Lüder. »Der kann auch mit Toten sprechen.«
»Die Sonderkommission hat einen irdischen Weg beschritten.
Wir wissen, dass es auch aus dem Ruhrgebiet einen Betriebsrat gibt, der auf
Sylt mit dem alten Konsul Hundegger Kontakt aufnehmen wollte.«
»Lothar Balzkowski«, warf Lüder ein.
Der Oberkommissar nickte. »Der hat sich in einer
Frühstückspension einquartiert. Dort wohnte auch Fixemer. Offenbar ist
Balzkowski noch auf der Insel, während Fixemer abgereist ist.«
»Warum ist der Ruhrgebietler noch hier und der
Neumünsteraner schon nach Hause gefahren?«, überlegte Lüder laut.
»Wenn Fixemer der Mörder ist, würde es keinen Sinn
machen, nach der Tat noch auf Sylt zu weilen«, erklärte Große Jäger. »Es wäre
nicht das erste Mal, dass wir einen toten Mörder haben. Da gab es vor ein paar
Jahren einen Fall, in dem jemand einem Pastor in Bredstedt einen Mord gestand und
kurz darauf selbst Opfer eines Tötungsdelikts wurde.«
»Wo ist das Hotel, in dem Balzkowski logiert?«, fragte
Lüder.
»Ich weise Ihnen den Weg. Thiel hatte noch eine
weitere Neuigkeit für uns. Das LKA hat mit Zustimmung des Geschäftsführers die Räumlichkeiten bei Noskemeier
inspiziert. Sie hatten recht.«
Der Oberkommissar legte eine Kunstpause ein und war
enttäuscht, als Lüder sagte: »Man hat Abhöreinrichtungen gefunden.«
»Stimmt. Im Büro des Geschäftsführers, im Umkleideraum
und auf dem Klo.«
»Wenn es nicht so traurig wäre, müsste man über solche
Perversionen lachen. Tatsächlich werden auf dem Örtchen aber in scheinbar
vertraulicher Runde intimste Gedanken ausgetauscht. Niemand vermutet, dass man
dort belauscht wird. So lassen manche Arbeitnehmer dort Luft ab.« Nachdem ihn
Große Jäger mit einem spöttischen Blick musterte, ergänzte Lüder: »Seelische
Luft.«
»Das nennt man dann Latrinengerücht. Trotzdem! Es ist
eine ausgemachte Schweinerei.«
»Ich fürchte«, gab Lüder zu bedenken, »dass dem aber
nur wenig folgen wird. Der Geschäftsführer dürfte kaum Strafanzeige erstatten,
da er sich zusammenreimen kann, wer hinter dieser Aktion steckt. Wenn
allerdings der aufgebrachte Betriebsrat Knudsen davon erfährt, dürfte mehr in
Bewegung gesetzt werden. Ich habe aber noch eine Idee.«
»Hier ist es«, sagte Große Jäger und zeigte auf ein
Haus, an dem ein verblichenes Schild »Hotel garni« angebracht war.
Lüder griff zum Handy und musste eine Weile suchen. Er
fand die Nummer
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