Der Tote vom Maschsee
nachher unsere
Präparate.«
»Au, ja.«
»Das ist ein bisschen gruselig. Aber Sie sind ja sehr tapfer, wie
ich sehe.«
Oda hebt die Augenbrauen. Macht dieser Windhund da gerade ihre
Tochter an â ein Mädchen, das halb so alt ist wie er? Und das während einer
rechtsmedizinischen Leichenöffnung?
Ehe sie etwas sagen kann, sorgt Dr. Bächle für Disziplin.
»Herr Dr. Weschtenberg, sülzenâS net rum, öffnenâS lieber den
Magen.«
Der Angesprochene greift artig zum Skalpell. Die Präparatorin naht
mit einer Suppenkelle.
Der Mageninhalt ist eine graue Brühe und riecht sauer. Die
Präparatorin schöpft die Flüssigkeit in eine Glasschüssel. Bei der dritten
Portion bleibt sie mit dem Stiel der Kelle am Ãrmel des Assistenten hängen â
Irene Dillings letztes Frühstück schwappt in hohem Bogen heraus und platscht
auf Veronikas FüÃe. Die steht einen Moment wie erstarrt da und blickt auf ihre
Jesuslatschen.
»Oh, das ⦠das tut mir leid!«, stammelt die Präparatorin.
Oda stockt der Atem. Hoffentlich bekommt Veronika jetzt keinen
hysterischen Anfall. Sie und Dr. Bächle tauschen einen besorgten Blick.
»Schon okay«, sagt Veronika, geht hinüber zum Waschbecken, zieht
sich die Schuhe aus und hält sie unter den Wasserstrahl. Mit ein paar
angefeuchteten Zellstofftüchern säubert sie sich ihre FüÃe, während die
Präparatorin den Boden mit einem Mopp aufwischt.
»Könne mer wieder?«, fragt Dr. Bächle seinen Assistenten, der noch
immer bekümmert nach Veronika schielt.
»Ja, klar«, versichert der.
BarfüÃig tritt Veronika wieder an den Sektionstisch heran. Die
Organe des Mittelbauchs werden im Paket entnommen.
Oda entschuldigt sich. Die Hand gegen den Mund gepresst, eilt sie
aus dem Sektionssaal. Veronika blickt ihrer Mutter erstaunt nach.
Dr. Bächle grinst.
»Lassen Sie sich Zeit, Frau Schröder. Sehen Sie sich die
Männer in aller Ruhe an. Die Männer können Sie nicht sehen, die Scheibe ist auf
der anderen Seite verspiegelt.«
»Das kenne ich aus dem Fernsehen«, sagt Erika Schröder. Sie wirkt
nervös, ständig zupft sie unsichtbare Fussel von ihrem Blazer.
»Möchten Sie ein Glas Wasser?«, fragt Völxen.
»Nein, nein. Geht schon.« Angestrengt sieht sie durch die
Glasscheibe auf die acht Männer, fixiert einen nach dem anderen.
»Die Drei und die Fünf«, sagt sie schlieÃlich.
»Sicher? Lassen Sie sich ruhig Zeit. Die können sich auch noch mal
umdrehen, damit Sie sie im Profil sehen.«
»Nein, ich bin ganz sicher. Die Drei und die Fünf.«
»Danke, Frau Schröder«, seufzt Völxen.
Dr. Offermanns Ex-Stalkerin hat soeben Oberkommissar Lukas
Schildknecht vom Rauschgiftdezernat und Kommissar Till Krolow vom Dezernat für
Organisiertes Verbrechen als ihre Entführer vom Valentinstag identifiziert.
»Sind das die �«
»Leider nein.«
»Das tut mir leid. Aber es war ja so dunkel«, meint sie bekümmert.
»Das verstehe ich. Trotzdem danke«, sagt Völxen und begleitet die
Dame zu den Aufzügen.
»Mir ist da noch was eingefallen«, sagt sie, als die Tür schon
aufgeht.
»Ja?«
»Ihre Kollegin hat mich doch gefragt, ob mir mal Personen
aufgefallen sind, also Besucher.«
»Und? Ist Ihnen da jemand aufgefallen?«, fragt Völxen.
»Ja, es fiel mir gestern wieder ein â¦Â«
»Kommen Sie doch mit in mein Büro.«
Frau Schröder trippelt in ihren Pumps artig hinter ihm her.
»Erzählen Sie«, sagt der Kommissar, nachdem die Besucherin Platz
genommen hat.
»Das ist aber schon länger her. Es muss Januar oder Anfang Februar
gewesen sein. Da ist Martin eines Tages aus der Praxis gekommen, es war am
frühen Abend, und plötzlich ist so eine Frau auf ihn zugelaufen. Sie hat ihn
beschimpft. Ich habe nicht verstanden, was sie gesagt hat, ich war zu weit weg,
aber es war nicht freundlich, das hat man gesehen.«
»Und was tat er?«, fragt Völxen.
»Martin hat zuerst ein paar Worte mit ihr gewechselt, dann, als sie
sich nicht beruhigt hat, hat er sie einfach stehen lassen und ist zu seinem
Wagen gegangen. Die stand dann noch eine ganze Weile da und hat ihm
nachgestarrt. Dann ist sie auch gegangen.«
»Zu Fu�«
»Ja.«
»Können Sie die Frau beschreiben?«, fragt
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