Der Tote vom Maschsee
erheben sich
ebenfalls. Während die Herren mit ihren Alukoffern die Stufen heraufpoltern,
fragt Fernando die Psychiaterin: »Wären Sie bereit, Dr. Offermann im
Rechtsmedizinischen Institut zu identifizieren?«
»Sicher. Jetzt gleich?«
»Nein, morgen. Ich sage noch Bescheid.« Fernando lächelt ihr so
verheiÃungsvoll zu, als hätten sie sich gerade zu einem privaten Dinner
verabredet.
»Wiedersehen«, sagt Dr. Fender kühl.
Pascal ist Mitte dreiÃig, klein und kahl rasiert. Nachdem
er sich lang und breit über die nächtlichen Vorfälle echauYert hat, ist er bereit,
Auskunft zu geben: »Ja, der Herr Doktor war nach dem Vortrag noch in der Bar.
Er kam so gegen elf. Er hat erst ein Bier, dann einen Mojito mit gaaanz wenig
Zucker bestellt«, verkündet Pascal, ohne danach gefragt worden zu sein.
»Was ist denn ein Mojito?«, fragt Völxen. Währenddessen bewegt sich
seine Hand wie ferngesteuert auf eine Schale Erdnüsse zu, die auf dem
geschwungenen Tresen steht.
»Tausend Kalorien«, wispert Oda Kristensen, und Völxen zieht seine
Hand so rasch zurück, als befänden sich Skorpione in der Schale.
»Ein Cocktail mit weiÃem Rum und Minze«, erklärt Pascal und beginnt
mit einem weiÃen Tuch Gläser zu polieren.
»War er allein?«
»Nein, eine Dame hat ihn begleitet. Dem Gespräch nach â man bekommt
ja so Einiges mit, wenn die Gäste direkt am Tresen sitzen â war es eine
Buchhändlerin. Die ist aber nach einem Bier gegangen.«
»Wann ist Offermann gegangen?«, fragt Oda.
»Viertel vor zwölf. Ich wollte ihm ein Taxi rufen, aber der Ãrmste
hatte Kopfschmerzen und wollte noch ein paar Schritte spazieren gehen. Tja.
Dann ist er weg.«
»Waren noch mehr Leute in der Bar?«
»Ja, es war ordentlich voll. SchlieÃlich haben wir gerade
Hannover-Messe. Aber ich erinnere mich an drei Damen, die den Vortrag besucht
hatten. Die saÃen dort drüben.« Mit einer grazilen Geste deutet er auf eine
Gruppe tiefer kognakfarbener Ledersessel. »Die haben hier schon auf ihn
gewartet und ihn sofort angesprochen.«
»Was haben sie gesagt?«, will Oda wissen.
»Wie interessant der Vortrag gewesen sei, dass sie jetzt über einige
Dinge anders denken, und so weiter. Wenn Sie mich fragen: Der Mann wollte nur
noch seine Ruhe. Die Damen sind kurz nach ihm weg.«
»Und sonst? Gab es Gäste, die alleine hier waren?«
»Bestimmt. Wie gesagt, die Bar war gerammelt voll. Am besten, Sie
schauen sich mal die Kassenbons von gestern an. Darauf stehen die Nummern der
Zimmer, der Kreditkarten und die Uhrzeit, zu der die Gäste bezahlt haben.«
»Gute Idee«, lobt Oda. »Haben auch welche bar bezahlt?«
»Nur die drei Damen. Und der Herr Doktor.«
Pascal legt das Handtuch weg und kredenzt eine Schale Pistazien.
»Danke, Sie haben uns sehr geholfen«, sagt Völxen.
»Nicht dafür. Ciao, ihr SüÃen.«
Sie verabschieden sich, wobei der Kommissar einen wehmütigen Blick
auf die Erdnüsse und die Pistazien wirft.
»Das war ja ein gaaanz SüÃer«, meint Oda, als sie wieder in der
Lobby stehen.
Völxen schnauft tief durch. »Also: Wir brauchen die Leute aus der
Bar und die Adressen sämtlicher Hotelgäste, auch die von denen, die heute
Morgen abgereist sind. Es könnte jemand am See gewesen sein und was beobachtet
haben.«
»Die Schüsse müsste doch auch jemand gehört haben«, meint Oda. »Wir
müssen in der Jugendherberge nachfragen. Das ist das Gebäude, das dem Tatort am
nächsten ist. Und im Pier 51.
So ein Schuss muss doch über den ganzen See hallen.« Sie seufzt. »Das sieht
nach einem verdammten Haufen Arbeit aus.«
»Der war nicht spazieren, der war auf dem Heimweg«, stellt
Fernando im Wagen fest. Er zeigt auf das Display des Navigationssystems. Es ist
sein eigenes, zur Ausrüstung des Dienstwagens gehört lediglich ein alter
Falk-Plan. Der Stadtteil Waldhausen liegt dort, wo der südlichste Zipfel der
Eilenriede ans südliche Ende des Maschsees grenzt.
»Schau. Wäre er auf dem Karl-Thiele-Weg, der am westlichen Seeufer
entlangführt und wo man ihn gefunden hat, weitergegangen â¦Â«, sein Finger folgt
den StraÃen, »â¦Â und dann hier ⦠RiepestraÃe, Am Landwehrgraben, unter der
Hildesheimer durch â wäre er in der WaldhausenstraÃe
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