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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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Wenn wir heute nichts von ihr hören, schreiben wir sie morgen zur Fahndung aus.«
    Verbissen hob und senkte er sich weiter. Jedes Mal stieß er dabei ein gutturales Stöhnen aus, und seine Gesichtsfarbe bewies, dass er nicht pfuschte, sondern sich gewaltig ins Zeug legte.
    Der ist doch nicht zurechnungsfähig, dachte Moreno und lehnte sich an die Schreibtischkante. Noch einer, so ist das eben.
    »Was glauben Sie, was passiert ist?«, fragte sie.

    Vrommel ließ sich auf die Hacken fallen und verharrte dort. Holte zweimal tief Luft und drehte dann den Kopf hin und her. Von rechts nach links. Von links nach rechts. Langsam und methodisch. »Nichts«, sagte er.
    »Nichts?«, fragte Moreno. »Die Kleine ist doch verschwunden.«
    »Mädchen verschwinden«, sagte Vrommel. »Haben sie immer schon getan. Werden sie immer tun. Kommen mit etwas röteren Wangen zurück.«
    Was, zum Teufel, dachte Moreno, vermochte aber den Mund zu etwas verziehen, das hoffentlich als Lächeln gedeutet werden konnte. Wenn auch als starres. Wenn auch als rasch vorübergehendes.
    »Sie glauben nicht, dass es einen Zusammenhang mit dieser alten Geschichte gibt?«
    »Die kennen Sie also?«
    »Ein wenig. Die war ja offenbar ziemlich spektakulär ... ?«
    Vrommel gab keine Antwort.
    »Es wäre doch möglich, dass es einen Zusammenhang gibt, meine ich ... auf irgendeine Weise.«
    »Das glaube ich nicht.«
    »Nicht? Aber wäre es denn nicht doch richtig, sich beim Personal des Sidonisheims zu erkundigen? Danach, wie die Begegnung zwischen Vater und Tochter verlaufen ist ... was sie danach gemacht hat und solche Dinge?«
    »Schon erledigt.« »Ach?«
    Schweigen. Rechts, links. Ausatmen, einatmen.
    »Vegesack hat sich gestern Abend dort umgehört. Wieso stochert die Frau Inspektor eigentlich in allem herum? Meint sie vielleicht, ich wüsste nicht, was ich zu tun habe?«
    »Verzeihung«, sagte Moreno. »Natürlich. Ich interessiere mich einfach für die Kleine. Hab sie kurz im Zug getroffen, als ich hergefahren bin ... also, Sie haben damals vor sechzehn Jahren die Ermittlungen geleitet?«

    »Wer denn sonst?«, fragte Vrommel. »Wie halten Sie es eigentlich selber mit dem Fitnesstraining?«
    Genialer Themenwechsel, dachte Moreno.
    »Danke, ich kann nicht klagen«, sagte sie, »ich jogge und gehe ins Fitness-Studio.«
    »Fitness-Studio«, schnaubte Vrommel. »Blöde Erfindung!«
    Moreno beschloss, nicht darauf einzugehen.
    »Was konnte Vegesack denn erzählen?«, fragte sie stattdessen.
    »Null und nichts«, sagte Vrommel und drehte den Kopf so weit nach rechts, dass Moreno seine Halswirbel knacken hörte.
    »Null und nichts?«
    »Ich hab seinen Bericht noch nicht gesehen«, erklärte Vrommel. »Er hat donnerstagvormittags frei. Kümmert sich um seine alte Mutter oder so. Auch eine blöde Erfindung.«
    Moreno wusste nicht so recht, ob der Polizeichef sich damit von der Mutterschaft an sich distanzieren wollte oder von der Tatsache, dass es Menschen gab, die sich noch immer um ihre Eltern kümmerten. Sie ihrerseits fand es immer schwerer, sich in diesem Zimmer aufzuhalten, ohne Vrommel eins vors Schienbein zu geben oder ihn aufzufordern, sich zum Teufel zu scheren... und deshalb räusperte sie sich und richtete sich auf. Bedankte sich für sein Entgegenkommen. Für sein übergroßes Entgegenkommen.
    »Keine Ursache«, sagte Vrommel. »Ehrenkodex. Und jetzt legen Sie sich in die Sonne. Wir treffen alle Maßnahmen gemäß unseren Vorschriften.«
     
    Leck mich, dachte Moreno, als sie in den Sonnenschein hinaustrat. Ehrenkodex! Maßnahmen gemäß den Vorschriften. Meine Güte. Sie zweifelte keine Sekunde daran, dass Polizeichef Vrommel sämtliche Vorschriften für einen solchen Fall aus dem Ärmel schütteln konnte.
    Für Mädchen, die verschwanden und mit röteren Wangen zurückkehrten.

    Sie überquerte den Platz und setzte sich an einen der Außentische des Café Tarms. Bestellte Cappuccino und frischgepressten Apfelsinensaft und zerbrach sich weiter den Kopf darüber, was sie jetzt unternehmen sollte — Vegesack würde erst ab eins auf der Wache sein, das hatte sie von Frau Glossmann an der Rezeption in Erfahrung gebracht —, als sie plötzlich einige Tische weiter Sigrid Lijphart entdeckte.
    Sie zögerte kurz. Dann nahm sie ihre Tasse und ihr Glas und fragte, ob sie sich dazusetzen dürfe.
    Das durfte sie. Sigrid Lijphart schien in der Nacht nicht sonderlich gut geschlafen zu haben, aber warum hätte sie das auch tun sollen? Sie sah fast ein wenig

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