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Der Tote vom Strand - Roman

Der Tote vom Strand - Roman

Titel: Der Tote vom Strand - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H kan Nesser
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sicher nicht, was wir tun sollten«, meinte Moreno. »Sondern was passiert ist.«
    Vegesack runzelte die Stirn und suchte nach seinem Schlipsknoten, der ausnahmsweise nicht vorhanden war. Er trug ein marineblaues Polohemd und eine dünne Baumwollhose in einem ewas leichteren Farbton, was zum Wetter und zur Jahreszeit passte, und Moreno fragte sich für einen Moment, ob seine heimgekehrte Freundin etwas mit dieser Kleiderordnung zu tun haben könnte. Das hoffte sie — und sie hoffte, dass die tiefen Schatten unter den Augen des Anwärters ebenfalls damit zusammenhingen. Mit dem, was er zwei Tage zuvor angedeutet hatte.
    »Na gut«, sagte er. »Und was glaubst du, was passiert ist?«
    Moreno schaute kurz zur halb offenen Tür hinüber, ehe sie antwortete.
    »Wo steckt der Polizeichef?«
    »Unten am Strand«, sagte Vegesack. »Es ist etwas passiert, aber das erzähle ich dir später.«
    Moreno nickte.
    »Du nimmst es mir nicht übel, dass ich mich in diesen Fall einmische?«
    »Warum sollte ich? Es ist doch deine Sache, wie du deine Ferien verbringst.«
    Sie beschloss, nicht zu untersuchen, wie viel Ironie sich in diesem Kommentar versteckte. Jedenfalls nicht sofort.

    »Entweder ist Maager durchgebrannt«, sagte sie. »Oder ihm ist etwas zugestoßen. Was erscheint dir wahrscheinlicher?«
    Vegesack rieb sich mit den Fingerspitzen die Stirn und schien mit aller Gewalt nachzudenken.
    »Keins von beiden«, entschied er dann. »Woher zum Teufel soll ich das wissen? Aber ich verstehe absolut nicht, warum irgendwer ihn um die Ecke bringen sollte. Denn darauf willst du doch wohl hinaus?«
    Moreno zuckte mit den Schultern.
    »Warum hätte er durchbrennen sollen? Kommt dir das wahrscheinlicher vor?«
    Vegesack seufzte.
    »Möchtest du einen Schluck Mineralwasser?«
    »Ja, gern«, sagte Moreno.
    Er verschwand in der Teeküche und kehrte mit einer Plastikflasche und zwei Gläsern zurück.
    »Zu wenig Flüssigkeit«, erklärte er. »Das ist mein Problem. Und zu wenig Schlaf.«
    Aber nicht zu wenig Liebe, dachte Moreno, als er die Gläser füllte. Wäre auch nicht mein Problem, wenn ich nicht so verdammt blöd wäre.
    »Na«, sagte sie. »Und wenn wir, rein hypothetisch, davon ausgehen, dass er freiwillig verschwunden ist, was sagt uns das dann?«
    »Dass er irgendeinen Grund haben muss«, sagte Vegesack.
    »Genau. Nenn mir einen Grund.«
    »Er hat das Heim sechzehn Jahre nicht verlassen.«
    »Genau.«
    »Es muss ... es muss mit dem Besuch seiner Tochter zu tun haben.«
    »Wirklich? Warum glaubst du das?«
    »Das liegt doch auf der Hand ... aber wo der Zusammenhang ist, das wissen die Götter.«
    »Sie hat ihn vorigen Samstag besucht. Warum hätte er eine ganze Woche warten sollen?«

    Wieder rieb sich Vegesack die Schläfen. Moreno fragte sich, ob er vielleicht eine Art Yogakurs besucht und gelernt haben könnte, auf diese Weise die Blutzufuhr zum Gehirn zu stimulieren. Es sah jedenfalls eher zielstrebig als zerstreut aus, aber sie verschob auch diese Frage auf später.
    »Vielleicht hat es nicht so sehr mit ihrem Besuch zu tun«, sagte er schließlich. »Sondern mit ihrem Verschwinden.«
    »Das glaube ich auch«, sagte Moreno. »Und woher weiß Maager, dass Mikaela verschwunden ist?«
    Vegesack unterbrach seine Schläfenmassage.
    »Verdammt. Von mir natürlich. Ich habe es ihm erzählt, als ich bei ihm war und versucht habe, mit ihm zu sprechen.«
    »Wann warst du bei ihm?«
    Der Polizeianwärter dachte ohne äußerliche Hilfe nach.
    »Am Mittwoch, glaube ich. Ja, das war am Mittwoch.«
    »Stimmt«, sagte Moreno. »Es wäre gut, wenn du dich genau erinnern könntest, was du zu ihm gesagt hast. Und wie er reagiert hat.«
    Vegesack breitete die Hände aus und hätte fast die Wasserflasche umgeworfen.
    »Er hat überhaupt nicht reagiert. Auf rein gar nichts. Er hat guten Tag gesagt, als ich gekommen bin, und auf Wiedersehen, als ich ging. Das war so gut wie alles ... aber er hat natürlich zugehört, das schon. Ich habe ihm erzählt, worum es ging, dass Mikaela Lijphart offenbar verschwunden ist. Dass wir wissen, dass sie seine Tochter ist ... dass sie ihn besucht hat und dass ihre Mutter nach Lejnice gekommen ist, um sie zu suchen. Ich versuchte natürlich festzustellen, was er zu ihr gesagt hatte ... unter anderem über diese alte Geschichte. Ob sie unglücklich gewirkt hat oder so. Sie hatten sich doch offenbar mehrere Stunden lang miteinander unterhalten, da oben im Park.«
    »Aber er hat keine Antwort

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