Der Tote vom Strand - Roman
in einem Trabi durch die Gegend fährst?«
»Fuhr«, sagte Moreno. »Also?«
»Äh«, Vegesack überlegte. »Doch, Kluiverts, auf die ist Verlass.«
Sie ließ sich außerdem den Namen einer Pension geben, von der Vegesack glaubte, dass die Preise nicht unerschwinglich waren. Obwohl er selber in Lejnice natürlich nie im Hotel wohnte. Und obwohl jetzt doch Hochsaison war.
Natürlich hätte Kriminalinspektorin Moreno diese beiden Anrufe auch von der Wache aus tätigen können, aber eine innere Stimme sagte ihr, dass es an der Zeit sein könnte, die alte Grenze zwischen Beruf und Privatleben wieder zu ziehen.
Zumindest sie ein wenig zu skizzieren, dachte sie mit bitterer Selbstironie, als sie Vegesack die Hand reichte und ihm für seine Hilfe dankte.
»Übrigens«, fiel ihr dann noch ein, als sie in der Tür stand. »Was ist da unten am Strand passiert? Du hast doch gesagt, Vrommel sei im Einsatz.«
Vegesack runzelte wieder die Stirn.
»Weiß nicht so recht«, sagte er. »Die haben offenbar eine Leiche gefunden.«
»Eine Leiche?«
»Ja. Ein paar Kinder haben sie beim Spielen ausgebuddelt, glaube ich.«
»Und?«
»Mehr weiß ich nicht«, sagte Vegesack verlegen und schaute auf die Uhr. »Wir haben es erst vor einer guten Stunde erfahren. Vrommel hat sich darum gekümmert, und es sind wohl auch Leute aus Wallburg da ... Spurensicherung und so, wir haben ja nicht so viele Leute hier und ...«
Er verstummte. Blieb mit erhobenen Händen stehen, als habe er sich die Schläfen massieren wollen und eine plötzliche Eingebung habe ihn davon abgehalten.
»Herrgott! Du glaubst doch wohl nicht ...«
»Ich glaube gar nichts«, sagte Moreno. »Mann oder Frau?«
»Keine Ahnung. Das Stinktier hat nur von einer Leiche gesprochen. Von einem toten Menschen.«
Das Stinktier?, dachte Moreno und ließ für einen Moment die Hand auf der Türklinke liegen.
»Ich melde mich«, sagte sie dann und trat hinaus in den Sonnenschein.
26
Sie ging zu Florivans Taverne, einem etwas heruntergekommenen Restaurant, das laut Mikael Bau sein Aussehen seit Beginn der fünfziger Jahre nicht verändert hatte und offenbar von diesem Profil profitierte, betrat das Lokal um fünf nach zwei und erkannte plötzlich, dass sie seit dem bescheidenen Käsebrot am frühen Morgen noch nichts gegessen hatte. Umso mehr hatte sie getrunken — Saft und Wasser und Wasser und Kaffee — aber ihr Magen knurrte, und sie begriff, dass es jetzt angebracht sein könnte, mit den Zähnen mehr zu tun, als nur zu knirschen. Wo sie doch mit zweiunddreißig Beißern ausgerüstet war. Oder waren es nur achtundzwanzig?
Sie versuchte gar nicht erst, sie zu zählen. Stattdessen setzte sie sich auf der Terrasse an einen von einem Sonnenschirm geschützten Tisch. Bestellte Knoblauchbrot, Meeresfrüchtesalat und ein Telefonbuch. Letzteres, um sich davon zu überzeugen, dass alle Reparaturwerkstätten geschlossen und alle Hotels bei diesem strahlenden Sommerwetter ausgebucht waren.
Glücklicherweise war das nicht der Fall. Weder das eine noch das andere. In der Pension Dombrowski versprach eine energische Wirtin, bis neun Uhr ein Zimmer für sie bereitzuhalten (für drei Nächte, jetzt in der Hochsaison wurde nicht für kürzere Zeitspannen vermietet). Ohne Balkon und ohne besondere Aussicht, aber dafür war der Preis akzeptabel. Das nun wirklich. Weshalb sie nur danken und annehmen konnte.
Sie dankte und nahm an. Montagnacht, Dienstagnacht, Mittwochnacht,
dachte sie. Am Donnerstag fahre ich nach Hause. Das passte ihr sehr gut, bis dahin würde die Lage sich so weit geklärt haben, dass Vrommel (das Stinktier?) und Vegesack den Rest allein schaffen könnten.
Egon Kluivert nun wieder, von Kluivert, Kluivert & Söhne, hatte zwar mehr als genug zu tun, wie er behauptete, versprach aber nach einigem Hin und Her (auch wenn er ums Verrecken nicht begreifen konnte, was ein süßes Mädel wie sie, ja, das war ihrer Stimme anzuhören, zumindest, wenn man Ohren hatte und ein Mann von Welt war, in so einer Sardinenbüchse von Trabi zu suchen hatte), versprach also, wie gesagt, die Zündung wieder flottzukriegen und die Sardinendose vor Haus Tschandala in Port Hagen abzustellen. No problem, er wusste, wo dieses Haus lag. Wenn er es an diesem Abend nicht mehr schaffte, dann allerspätestens am nächsten Morgen, wohin sollte er die Rechnung schicken?
Sie erklärte, sie werde sie vor Mittwoch persönlich bezahlen. Ob sie ein neues Auto brauche, fragte er dann. Auf seinem Hof
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