Der Totenerwecker (German Edition)
sie diese quer durchgeschnitten, dann die Klinge genommen und die Adern den ganzen Unterarm entlang längs aufgeschlitzt. Hässliche rote Kreuze verunstalteten die Arme.
Ihre Augen waren geschlossen, und sie wirkte, als würde sie nur schlafen. Ihre Brüste waren bleich und schlaff und hingen zu beiden Seiten am Brustkorb hinunter. Die Beine waren unanständig gespreizt, aber das viele Blut in der Wanne verhinderte, dass Dale etwas erkennen konnte. Wieder spürte er die unbehagliche Regung in den Shorts, als er die nackte Leiche seiner Mutter anstarrte. Doch diesmal kämpfte er nicht dagegen an. Es war niemand hier. Niemand bekam etwas mit. Warum nicht ein bisschen Spaß haben? Noch nie hatte er eine echte Frau nackt vor sich gesehen. Und auch wenn es seine eigene Mutter war – sie war nackt und real, nicht nur ein Abbild in einer Zeitschrift oder im Fernsehen.
Er nahm die großen, schlaffen Brüste in die Hände, dann rieb er die Nippel. Das Spannen in seiner Hose wurde drängender. Dale kniete sich hin und leckte Blutstropfen und Badewasser von ihren Brustwarzen ab, dann begann er, daran zu saugen. Er kniff sie fest, biss in eine davon hinein, brachte dann seine Lippen an den Mund seiner Mutter und holte tief Luft, um das Leben zurück in ihre Lungen zu blasen. Gerade wollte er ausatmen, als er die Worte wahrnahm, die sie an die Duschwand gekritzelt hatte.
Lass mich sterben.
Dale hielt inne und überlegte, was er tun sollte.
Lass mich sterben.
Es war ihre Verfügung, auf Wiederbelebung zu verzichten.
Aber warum will sie mich verlassen?
Der Gedanke, allein zu sein, jagte ihm Angst ein. Ob es nur ein Test war? Vielleicht wusste sie, dass er sie zurückholen würde, und stellte ihn lediglich auf die Probe? Oder sie wollte ihn damit ermahnen, ein guter Junge zu sein, weil sie ihn sonst für immer verlassen würde.
Ich werde ein guter Junge sein, Mommy. Ich werde brav sein. Verlass mich nicht.
Lass mich sterben.
»Neeeein!«
Er presste seinen Mund auf ihre Lippen und blies wieder und wieder in ihre Lungen, bis sie endlich aus eigener Kraft zu atmen begann. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus, dann schluchzte sie. Ein qualvoller Klagelaut löste sich aus ihrer Kehle, als sie sich in der Wanne aufrichtete. Ihr Blick war wild, und sie zerrte an ihren Haaren und zerkratzte sich das Gesicht.
»Warum? Warum? Warum, Dale? Warum hast du das getan? Warum hast du mich nicht sterben lassen? Warum hast du mich zurückgeholt? Warum lässt du mich nicht sterben?«
Dale war verwirrt.
»W-weil ich dich brauche. Ich liebe dich.«
Seine Mutter schüttelte den Kopf.
»Nein. Nein, du liebst mich nicht. Du weißt gar nicht, was Liebe ist. Du bist gar nicht fähig, Liebe zu empfinden. Ich weiß nicht, was du fühlst, oder ob du überhaupt etwas fühlst, aber es ist keine Liebe. Du bist böse, Dale. Du bist ein Monster. Und jetzt geh und lass mich sterben.«
Dales Augen wurden feucht. Er konnte es nicht fassen, dass seine Mutter so etwas zu ihm sagte. Seit Großmutter gestorben war, ertappte er sie immer wieder bei misstrauischen Blicken. Jetzt hatte sie endlich ausgesprochen, was sie von ihm hielt.
Dale furchte die Stirn und senkte die Stimme. Er stand auf und hob mit der Hand das Kinn seiner Mutter an, drehte ihren Kopf, damit sie ihm in die Augen sehen musste.
»Nein, Mom. Ich werde dich nicht sterben lassen. Niemals. Ich brauche dich, und ich lasse dich nicht gehen. Du kannst versuchen, dich umzubringen, aber ich werde dich zurückholen. Ich werde dich immer wieder zurückholen. Du kannst mich nicht verlassen. Niemals wirst du mich verlassen können.«
Am nächsten Tag zündete seine Mutter sich selbst an und setzte das Haus in Brand. Dale wachte auf, weil sein Zimmer voller Rauch war und die Tür zum Flur in Flammen stand. Er musste durch das Fenster nach draußen klettern und auf den Parkplatz unten springen, um nicht selbst dem Feuer zum Opfer zu fallen. Er schaffte es gerade noch, lebend aus dem Haus zu entkommen. Die Feuerwehrleute sagten ihm, dass vor seiner Zimmertür Benzin verschüttet worden war. Seine Mutter hatte versucht, ihn mit in den Tod zu nehmen. Diesmal konnte er sie nicht zurückholen. Sie hatte schließlich doch einen Weg gefunden, ihm zu entkommen.
Kapitel 5
Sarah Lincoln erwachte zum Duft von Ahornsirup und gebratenem Speck und dem Klappern von Töpfen und Geschirr. Sie liebte Samstage. Josh hatte immer ein schlechtes Gewissen, weil er die ganze Woche bis spät in die Nacht arbeitete. Deshalb
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