Der Totenerwecker (German Edition)
im Partnerlook versuchte, ihn mit Handzeichen zum Stehen zu bringen, als er beschleunigte. Er war kaum zwei Blocks weit gekommen, als ihm zwei Streifenwagen entgegenkamen, die mit Blaulicht und Sirene auf das Haus der Polizistin zurasten. Zwei Minuten langsamer, dann hätten sie ihn erwischt.
Drei weitere Streifenwagen begegneten Dale, als er durch das Tor der Wohnsiedlung fuhr und auf den Horizon Ridge Parkway einbog. Kurz darauf befand er sich wieder auf der Schnellstraße und auf dem Weg nach Hause, die Leiche der Polizistin wurde auf dem Rücksitz durchgeschüttelt. Ihr Blut lief unter dem Fahrersitz nach vorn, sammelte sich unter seinen Füßen und weichte seine Schuhe auf. Dale nahm Kurs auf das nördliche Las Vegas, zurück zu dem leer stehenden Haus, in dem er den alten Bullen mit dem Pferdeschwanz zurückgelassen hatte.
Die Straße verschwamm vor seinen Augen, als die Schmerzen wie ein Waldbrand durch seinen Kopf rasten. Blut tropfte ihm ins Auge. Schnell wischte er es weg und blinzelte, um seinen Blick wieder auf den Verkehr zu konzentrieren. Eine weitere glühend heiße Schmerzlanze bohrte sich in seinen Schädel, und nur mit Mühe konnte er verhindern, dass der BMW auf die Gegenspur geriet. Wieder tropfte Blut von Dales Stirn in sein linkes Auge. Er wischte es mit dem Handballen weg, dann berührte er vorsichtig die Stirn. Die ganze linke Seite seines Kopfs war nass, und direkt über seiner Schläfe klaffte ein hübsches kleines Loch in seinem Schädel. Die Polizistin hatte ihn also doch erwischt. Dale tastete und fand die Austrittswunde, ein gezacktes Loch rechts am Hinterkopf. Die Kugel hatte seinen Schädel durchschlagen und war an der Rückseite wieder ausgetreten. Eigentlich müsste er tot sein. Dale lächelte und richtete die Augen gen Himmel.
»Danke, Gott!«, flüsterte er.
Er blickte über seine Schulter auf die Leiche, die auf dem Rücksitz hin und her schaukelte. Die schwarze Fotze hätte ihn um ein Haar umgebracht. Er hatte Glück gehabt. Nein, kein Glück – den Segen Gottes. Der Schöpfer war auf seiner Seite. Er war auf einer Liebesmission unterwegs, und Liebe war die mächtigste Kraft im Universum. Dale würde die schwarze Polizistin zurückholen und zum Reden bringen, damit er und Sarah Lincoln wieder vereint sein konnten. Es war ihm egal, ob es die ganze Nacht dauerte. Dieses Mal würde er mehr Geduld aufbringen und nichts überstürzen. Er würde mit ihren Fingern anfangen und sie so lange mit dem Messer bearbeiteten, bis sie ihm alles verriet, was sie wusste. Sie mochte ein zähes Luder sein, aber jeder stieß irgendwann an seine Grenzen, und Dale war zu allem entschlossen.
Kapitel 32
Sarah beobachtete ein Pärchen, das nur wenige Meter von ihrer Tür entfernt im Hof miteinander stritt. Die Frau hielt einen Säugling im Arm und gab ihm die Flasche, während sie den Mann beschimpfte, den Sarah für den Vater des Kindes hielt. Der Mann taumelte und schwankte und war ganz offensichtlich betrunken. Die Frau stieß immer wieder mit dem Finger in seine Richtung und schrie ihn mit einer so schrillen Stimme an, dass Sarah die Ohren wehtaten. Offenbar hatte die Frau die Telefonnummer einer anderen im Handy ihres Freundes gefunden, und dann war er auch noch einige Stunden zu spät von der Arbeit gekommen und hatte nach Alkohol und Parfüm gestunken. Die Frau war dermaßen wütend und kreischte in so hohem Tonfall, dass Sarah kaum ein Wort verstand und der Mann wahrscheinlich auch nicht.
Der Mann schloss die Augen und lächelte in trunkener Glückseligkeit, als erinnerte er sich gerade an etwas ausgesprochen Erfreuliches. Es war unübersehbar, dass er dem Gekeife der Frau keine Beachtung schenkte, was diese wiederum noch mehr aufbrachte. Tobend schlug sie ihn mit der Flasche des Babys ins Gesicht, seine Lippe platzte auf, und er setzte sich auf den Hosenboden. Das riss ihn aus seiner geistigen Umnachtung. Taumelnd kam er auf die Beine und konterte jetzt ihr Geschrei. Offenbar hatte die Frau genau das gewollt. Mit neuem Elan schrie sie ihren Mann an und gestikulierte wild mit dem Fläschchen in seine Richtung, während sie ihm all seine Fehler als Mann vorwarf. Diesmal lächelte sie dabei.
Sarah sah noch eine Weile zu, dann drehte sie sich zum leeren Zimmer um. Detective Torres war vor einigen Stunden hier gewesen und hatte Josh zur Arbeit gefahren. Seither versuchte Sarah, sich die Zeit zu vertreiben und nicht an ihre Situation zu denken. Sie hatte dazu angesetzt, an ihrer Dissertation
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