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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Eispickel reinrammen. Genau in die Wirbelsäule dieses Jungen. Sie werden ewig von mir reden, meinen Namen ehrfürchtig aussprechen und von meiner Tat erzählen. Davon, wie ich es mit zwei Gegnern mit Pistolen aufgenommen habe, und das mit einem Werkzeug, das dazu gedacht ist, Eis zu zerkleinern. Ich, Romeo Brock.
    Brock zog den Eispickel aus dem Klebeband, mit dem er an seiner Wade befestigt war. Wie erwartet, wurde dabei der Korken von der Spitze abgestreift. Er stand auf, den Eispickel in der Hand, hob ihn und machte einen Schritt auf Henderson zu.
    »Hinter dir, Nesto«, sagte Benjamin ruhig.
    Henderson fuhr herum und schoss Romeo Brock mitten in die Brust. Die Pistole ruckte in Hendersons Hand, als er gleich darauf ein zweites Mal abfeuerte. Brock stürzte rücklings in den Sessel. Im Fallen ruderten seine Arme durch purpurroten Sprühregen.
    Im selben Moment schoss Dunne zweimal auf Benjamin. Die erste Kugel durchschlug Benjamins Schulter und riss beim Austritt am Rücken ein faustgroßes Loch. Die zweite, die durch den Rückschlag etwas höher traf, verletzte die Halsschlagader.
    Benjamin feuerte durch eine Wolke aus Rauch und spritzendem Blut seine .44er auf die Gestalt des Mannes ab, der angeblich Polizist war. Dann brach er zusammen. Ehe er auf dem Boden aufschlug, drückte er noch ein drittes Mal den Abzug. Er sah den Mann gegen eine Wand taumeln, als hätte ihm jemand einen heftigen Stoß versetzt. Benjamin schloss die Augen.
    Grady Dunne stolperte auf die Tür zu. Dabei warf er einen Blick zurück zu dem Schwarzen mit der Baseballkappe, der noch immer bewaffnet mitten im Raum stand. Der junge Mann schüttelte den Kopf, als wollte er das, was gerade geschehen war, abschütteln.
    Dunne versuchte seine Waffe zu heben, doch seine Hand öffnete sich krampfartig, und er ließ die .45er fallen. »O Gott«, stieß er hervor und hielt sich den Bauch. Er war nass von Blut, das nun in einem pulsierenden Strom zwischen seinen Fingern hervorquoll. Der Schmerz war extrem. Dunne taumelte durch die Tür und stolperte von der Terrasse. Einen Sekundenbruchteil lang befand er sich im freien Fall. Dann berührte er den Boden und drehte sich wie ein Tänzer oder ein Betrunkener, verlor die Balance und stürzte rücklings auf die Schotterzufahrt.
    Über sich sah er die Äste eines Tulpenbaums und dahinter die Sterne. »Officer verwundet«, brachte er heraus. Es war ein so leises Flüstern, dass er die Worte selbst nicht hören konnte. Er schmeckte Blut im Mund. Er schluckte das Blut hinunter und atmete schnell, und seine Augen weiteten sich angstvoll. In seinem Gesichtsfeld erschien der Schwarze mit der Baseballkappe. Er stand über Dunne gebeugt und richtete die Pistole auf seine Brust. Dem jungen Mann liefen Tränen über das Gesicht.
    »Den Notarzt«, sagte Dunne. Er fühlte das warme Blut, das aus seinem Mund quoll und ihm über das Kinn lief.
    Der junge Mann ließ seine Waffe sinken, steckte sie mit dem Lauf nach unten in den Bund seiner Jeans und zog das Hemd über das Griffstück.
    Die Schritte des Jungen knirschten auf dem Schotter.
    Und dann hörte Dunne, wie er immer schneller lief, schließlich die Zufahrt entlangrannte.
    Dunne hörte die Grillen zirpen und starrte hinauf in die Zweige und zu den Sternen. Ich darf nicht sterben, dachte er. Doch schon bald verblassten seine Wahrnehmungen, die Geräusche und die Bilder, und Grady Dunne folgte Raymond Benjamin und Romeo Brock in den Tod.

SIEBENUNDDREISSIG
    Dan Holiday fuhr zu dem Parkplatz bei der Tankstelle an der Central Avenue zurück, musste jedoch feststellen, dass T.C. Cook inzwischen verschwunden war. Er versuchte Cook zuerst über Funk und dann per Handy zu kontaktieren, beides ohne Erfolg. Reginald Wilsons Buick stand noch neben dem Tankstellenshop. Holiday nahm an, dass Cook sich auf den Heimweg gemacht hatte, weil er die Überwachung leid geworden oder weil er einfach erschöpft war von dem arbeitsreichen Tag. Er wollte aber zur Sicherheit bei Cooks Haus vorbeischauen.
    Der Marquis des alten Sergeant stand nicht in der Einfahrt, als Holiday das gelbverkleidete Haus an der Dolphin Road erreichte. Holiday blieb in seinem Town Car sitzen und wählte Cooks Festnetznummer, erreichte jedoch nur den Anrufbeantworter. Zwar brannte auf der Veranda Licht, aber Holiday nahm an, dass es durch eine Zeitschaltuhr oder einen Lichtsensor gesteuert wurde. Im Haus war alles dunkel.
    Er wählte Ramones Handynummer.
    »Ja?«
    »Ich bin’s, Holiday.«
    »Hallo, Doc.«
    »Wo

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