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Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
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Hilfe ins Unglück«, entgegnete Rhonda. »Er ruiniert ganz allein seine Ehe und seine Karriere, wenn er für diesen Laden arbeitet. Manche Leute werde ich nie verstehen.«
    Sie hatten ihren Wagen nahe dem Barney Circle abgestellt. Jetzt fuhr Rhonda auf die Sousa Bridge und überquerte den Anacostia River in Richtung des äußeren Southeast.
    Die Adresse, die Randolph Wallace genannt hatte, lag am 16ooer-Block der W Street, in der Nähe von Galon Terrace. Rhonda Willis parkte. Sie und Ramone gingen an ein paar Kindern mit Fahrrädern vorbei und an jungen Frauen, die mit ihren Babys im Arm auf den Betonstufen vor den Häusern saßen und sich unterhielten. Ein paar ältere Jungen und Männer in den Zwanzigern hatten langsam den Rückzug angetreten, als die beiden Polizeibeamten aus dem Wagen stiegen. Ramone sah im Vorbeigehen einen jungen Mann, der ein schwarzes T-Shirt mit dem Slogan »Verräter raus« trug und einen kleinen Jungen an der Hand hielt. Diese Shirts waren in der Gegend von D.C. und in Baltimore sehr beliebt, sie sollten Bürger davon abhalten, Informationen an die Polizei weiterzugeben.
    »Schöne Botschaft für ein Kind«, bemerkte Ramone.
    »M-hm«, machte Rhonda. Sie betraten ein dreistöckiges Wohnhaus aus Ziegel und Glas und gelangten durch ein offenes Treppenhaus hinauf in die erste Etage. Vor einer Tür mit der Nummer blieben sie stehen.
    »Mir tun die Hände weh, Gus«, sagte Rhonda.
    »Was hast du gemacht, ist dein Portemonnaie draufgefallen?«
    »Klopf du an wie ein echter Cop, ja?«
    Ramone ballte die rechte Hand zur Faust und hämmerte mehrmals gegen die Tür. Kurz darauf klopfte er erneut.
    »Was ist?«, fragte eine gereizte Frauenstimme von drinnen.
    »Polizei«, sagte Ramone.
    Die Tür wurde geöffnet. Vor ihnen stand eine junge Frau in knappen Shorts und einem ärmellosen Pyjamaoberteil. Ihre Figur war feminin und sexy, sie hatte jedoch unreine Haut und einen ungesunden Teint. Sie trug einen Diamantstecker in der Nase, und ihr Gesicht wies Spuren von Glitter-Make-up auf. Die Augen waren verquollen; auf einer Wange zeichneten sich die Falten eines Kopfkissens ab.
    »Shaylene Vaughn?«, fragte Rhonda.
    »Ja?«
    »Wir sind vom Violent Crime Branch des MPD. Das hier ist mein Partner, Sergeant Ramone.«
    »Dürfen wir reinkommen?«, fragte Ramone und hielt seine Dienstmarke hoch. Shaylene nickte. Sie betraten ein Zimmer, in dem nur ein überquellender Aschenbecher auf dem Teppich und ein einzelner Plastikstuhl standen.
    »Ist Darcia Johnson hier?«, fragte Rhonda.
    »Nein.«
    »Wo ist sie dann?«
    »Sie hat bei ihrem Freund übernachtet.«
    »Wie heißt er, und wo wohnt er?«
    »Das weiß ich nicht. Wirklich nicht.«
    »Sie wissen nicht, wie er heißt?«
    »Nein, eigentlich nicht.«
    »Hätten Sie etwas dagegen, wenn wir uns ein wenig umsehen?«, fragte Ramone.
    »Warum?«
    »Sie sind ja anscheinend gerade erst aufgestanden«, sagte Rhonda. »Darcia könnte ja hereingekommen sein, während Sie geschlafen haben. Vielleicht ist sie in einem anderen Zimmer oder so, und Sie wissen es nur nicht.«
    Ihr unschuldiger Gesichtsausdruck verschwand, und für einen Moment blitzte Hass in den Augen der jungen Frau auf. Dann erlosch auch der wieder, so schnell, wie er gekommen war. Als wolle sie nur nacheinander jedes Werkzeug aus ihrem emotionalen Repertoire vorzeigen. Sie wies mit einer lässigen Kopfbewegung nach hinten. »Da ist sie auch nicht. Meinetwegen sehen Sie doch selbst nach.«
    Ramone betrat die Küche, die so eng wie eine Schiffskombüse war; Rhonda ging inzwischen nach hinten in eins der Schlafzimmer. Beide drangen zögernd weiter vor; nicht dass sie mit einer Gefahr gerechnet hätten, aber es stank nach Rauch unterschiedlicher Art und nach verdorbenem Essen.
    In der Küche sah Ramone offene Schachteln klebrigsüßer Frühstücksflakes, aber sonst nichts Essbares. Er öffnete den Kühlschrank, der weder Milch noch Wasser, sondern nur eine einzige Dose Orangenlimonade enthielt. In der Spüle und auf dem Elektroherd tummelten sich Kakerlaken mit zitternden Fühlern. Der Abfalleimer quoll über von Fastfood-Resten.
    Ramone ging zu Rhonda in das Schlafzimmer. Auf dem Boden lag eine Matratze mit einem verknitterten Laken und ein paar Kissen. Ein Großbildfernseher stand auf einem Tischchen, drum herum lagen mehrere Porno-DVDs. Neben einer tragbaren Stereoanlage auf dem Teppich waren CDs aufgestapelt. Außerdem lagen auf dem Teppich String-Tangas, durchsichtige Oberteile und andere billige

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