Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Totengarten

Der Totengarten

Titel: Der Totengarten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: George Pelecanos
Vom Netzwerk:
selbst finanziert hat.«
    »Was hat er gemacht, seine Privatadresse ausposaunt?«
    »Niemals«, widersprach Broadus.
    »Ich weiß nicht, wie sie erfahren haben, wo er wohnt«, sagte Benjamin. »Aber wir werden das alles herausfinden.«
    »Verdammt richtig, das wirst du gefälligst rausfinden. Schließlich liegt mein Sohn Edward mit einem Loch in der Schulter in einem … einem Hundezwinger, und irgendein Dreckskerl muss dafür bezahlen.« Raynella starrte ihren Bruder finster an. »Es ist nicht nur mein Sohn, von dem wir hier reden. Er ist auch dein Neffe, Raymond.«
    »Ich weiß.« Benjamin fuhr sich mit einer Hand über die Stirn, als wolle er sich den Schweiß abwischen; dabei schwitzte er gar nicht, und es war kühl im Zimmer.
    In diesem Moment fand Raymond, auf Auktionen Autos zu kaufen und zu verkaufen sei doch eine angenehm stressfreie Art, seinen Lebensunterhalt zu verdienen. Aber auch wenn er beiläufig mit dem Gedanken spielte, seine anderen Aktivitäten aufzugeben, war ihm doch zugleich klar, dass die Einkünfte aus seinen legalen Geschäften einem Mann wie ihm niemals genügen würden.
    Er musste bloß seine Klienten sorgfältiger auswählen. Diesen Tommy Broadus hatte er kennengelernt, als er ihm vor einem halben Jahr den Cadillac CTS beschaffte. Und dann hatte Broadus, der Benjamin und seine Vorgeschichte kannte, zu ihm gesagt, er wolle ins Drogengeschäft einsteigen. Benjamin hatte seine Zweifel gehabt, was Broadus betraf, doch wenn alles gutging, würde er eine ordentliche Beteiligung einstreichen, ganz zu schweigen von den Zinsen für das vorgestreckte Geld. Außerdem hatte er eine Gelegenheit gewittert, seinen Neffen Edward, der schon länger darauf drängte, ins Geschäft einzuführen – an der Seite eines älteren, nicht gewaltbereiten Mannes und in einem Deal, der nach Geld roch.
    Aber dann musste dieser Junge mit seinem unverbesserlichen Mundwerk einen Mann provozieren, der eine Pistole in der Hand hielt. Sein Schwesterherz vergaß geflissentlich, was er, Benjamin, für ihren Sohn zu tun versucht hatte. Dabei hatte sie ihm selbst schon seit geraumer Zeit in den Ohren gelegen, er solle sich »um seinen Neffen kümmern«. Und jetzt, wo sie die Folgen sah, probte sie den Aufstand, hier in seinem Wohnzimmer.
    »Wir kümmern uns darum, Raynella«, versprach Benjamin. »Schließlich haben sie auch meine fünfzig Riesen mitgenommen. Du weißt, dass ich so etwas nicht durchgehen lassen kann.«
    »Der Mann, der auf Edward geschossen hat, hat seinen Namen gesagt«, warf Broadus ein. »Wir wissen also immerhin schon mal, wie er heißt.«
    »Romeo Brock«, ergänzte Benjamin.
    »Sie waren zu zweit«, berichtete Broadus. »Der andere war klein und muskelbepackt.«
    »Habt ihr schon eine Adresse oder Handynummer zu dem Namen?«, fragte Raynella. »Wisst ihr, ob irgendwer diesen Wichser kennt, der sich Romeo nennt?«
    »Na ja, im Telefonbuch steht er wohl nicht gerade«, erwiderte Raymond.
    »Und was genau wirst du jetzt tun? Wenn ich du wäre, würde ich schnurstracks zu diesem Umschlagplatz runtergehen und jemandem den Hals umdrehen.«
    »Das würde nichts bringen«, wandte Raymond ein. »Langfristig gesehen muss ich mit diesen Leuten weiterhin Geschäfte machen. Ich werde früher oder später rausfinden, wer geplaudert hat. Aber momentan kann ich es mir nicht leisten, die Verbindung zu kappen.«
    »Und was dann?«
    »Im Augenblick gibt es eine bessere Möglichkeit. Erzähl’s ihr, Tommy.«
    »Dieser Romeo Brock«, nuschelte Broadus, ohne Raynella in die Augen zu sehen, »hat aus meinem Haus eine Frau mitgenommen, mit der ich befreundet war.«
    »Er hat dir dein Mädchen ausgespannt, wie?«
    »Die Muschi hatte sowieso schon Spinnweben angesetzt«, behauptete Broadus, der trotz der ernsten Lage seinen Stolz hatte. »Fakt ist, das Mädchen hat einen Job, und den würde sie niemals einfach hinschmeißen. Wir müssen ihr einfach von da aus zu Romeos Versteck folgen.«
    »Heute?«, fragte Raynella.
    »Heute hat sie frei.« Broadus versuchte sich nicht auszumalen, wie Chantel jetzt gerade mit Romeo Brock ihre Beute feierte.
    »Morgen wird sie wieder zur Arbeit erscheinen«, sagte Benjamin, erhob sich aus seinem Sessel und reckte sich zu seinen vollen eins sechsundneunzig. »Wir wissen, wo das ist. Wir haben es bereits überprüft.«
    »Wir?«
    »Ich, Mikey und Nesto«, erklärte Benjamin geduldig und wies mit dem Kopf auf die beiden jungen Männer, die an der Tür standen.
    »Dann unternehmt endlich was!«,

Weitere Kostenlose Bücher