Der Totengarten
verlangte Raynella mit entsetzlich schriller Stimme.
»Ich plane es, Ray-nelle«, sagte Benjamin.
»Hör auf zu planen und tu es.«
Benjamin rieb sich langsam mit den Fingerspitzen die Schläfen. »Du legst es doch drauf an, dass ich Migräne kriege, Mädchen.«
Romeo Brock schob die Vorhänge seines Schlafzimmerfensters beiseite. Er sah, wie sein Cousin Conrad von dem Fitnessstudio draußen an der Central Avenue zurückkehrte und durch den Schatten des großen Tulpenbaums auf die Haustür zukam.
Gaskins hatte Schweißflecke auf dem T-Shirt, und seine Khakis wiesen Spuren von Gras und Sträuchern auf, die er den ganzen Tag geschnitten hatte. Der Mann sah erschöpft aus. Brock hatte beinahe Mitleid mit ihm. Er war seit Tagesanbruch auf den Beinen, während er, Romeo Brock, hier Champagner getrunken und ein bisschen Gras geraucht hatte, zusammen mit einer Frau, die ganz und gar Frau war. Rassig wie ein Pferd, das man bewunderte, wenn der Trainer es um die Rennbahn führte.
Brock ließ den Vorhang wieder zufallen und sah zum Bett hinüber, auf dem Chantel Richards schlief. Sie trug eins seiner Rayonhemden, mit offenen Knöpfen, sodass man ihren BH sah, dazu einen schwarzen Spitzentanga. Neben dem Bett lag der offene Gucci-Koffer mit dem Geld. Ein Teil der Scheine lag auch unter Chantel; Romeo hatte sie auf das Bett geworfen, und sie hatten vorhin darauf gevögelt.
Er erinnerte sich an einen Film, den er mal im Fernsehen gesehen hatte, als er noch jünger war. Steve McQueen, der großartigste weiße Schurke, der je vor die Kamera getreten war, spielte darin einen Kerl, der eine Bank ausgeraubt hatte und mit seiner Frau durchgebrannt war, auf der Flucht vor einem Killerkommando, dem Gesetz und einem rachsüchtigen Typen, der bei dem Überfall dabei gewesen war. Gegen Ende des Films, vor der dramatischen Schießerei, hatten McQueen und sein Mädchen angefangen, es auf einem Bett aus Geld zu treiben, und Romeo Brock hatte sich in diesem Moment vorgenommen: Das werde ich eines Tages selbst mit einer Frau tun. Dieses Mädchen in dem Film war für Brocks Geschmack zu dünn; ein mageres, schwarzhaariges Hühnchen. Aber sie hatte was, das musste er zugeben. Trotzdem – Steves Mädchen spielte nicht annähernd in derselben Liga wie die Frau, die er hier bei sich in seinem Schlafzimmer hatte. Er hätte sich nicht träumen lassen, dass er, Romeo Brock, jemals mit einer Klassefrau wie Chantel Richards zusammen sein, White Star trinken und auf einem Bett aus sauberen Laken und Dollarscheinen vögeln würde.
Er sah sie einen Moment lang an, wie sie dalag und schlief. Brock, nackt bis auf seine Boxershorts, steckte sich eine Kool an und warf das Streichholz in einen Aschenbecher, der die Form eines Autoreifens hatte. Dann ging er hinaus und schloss leise die Tür hinter sich.
Brock ging den Flur entlang, hinter sich die Küche, vorbei an Gaskins’ Schlafzimmer und dem Bad, bis in das große Wohn- und Esszimmer, wo Gaskins stand.
»Harten Tag gehabt?«, erkundigte sich Brock.
»Allerdings.« Gaskins musterte ihn teils belustigt, teils angewidert. »Und du?«
»Komm schon, Kumpel. Tu nicht so, als würdest du nicht gern mit mir tauschen.«
»Klar, würde mir schon gefallen. Den ganzen Tag bei zugezogenen Vorhängen mit einer tollen Frau im Bett liegen, das trinken, wonach du riechst, und rauchen, was hier in der Luft liegt. Ich würde auch gern mal wieder ein bisschen Gras rauchen, später, wenn ich nicht mehr auf Bewährung bin. Hab das Gefühl immer gemocht, wenn es einem zu Kopf steigt.«
Brock zog an seiner Zigarette und blies den Rauch durch die Nase wieder aus. »Und warum tust du’s dann nicht?«
»Weil ich zur Arbeit muss. Und damit meine ich nicht nur, dass ich einen Job vorweisen muss – das auch. Ich will sagen, ich muss jeden Tag arbeiten gehen.«
»Solltest du nicht mehr. Wir haben doch jetzt Geld.«
Gaskins schüttelte den Kopf. »Du verstehst nicht, worauf ich hinauswill, Ro.«
»Mein lieber Cousin, wir sind reich.«
»Von wegen. Wir müssen den Kuchen aufteilen. Und ich weiß, dass du mit dem, was übrig ist, dies und jenes kaufen wirst. Es dauert nicht lange, dann brauchst du mehr.«
»Und ich werde es mir nehmen. So, wie ich mir genommen habe, was jetzt da in dem Schlafzimmer ist.«
»Und wie, glaubst du, wird das ausgehen?«
»Hm?«
»Jede Geschichte hat ein Ende«, sagte Gaskins.
Brock stand der Mund offen, er sah Gaskins mit glasigen Augen an. Dann grinste er. »Du bist einfach viel zu
Weitere Kostenlose Bücher