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Der Totenleser

Der Totenleser

Titel: Der Totenleser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antonio Garrido
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sah, ließ ihn erbleichen.
    Den Hügel herauf kam ein Spürhund und dahinter ein uniformierter Strafverfolger – es war Kao.
    »Du musst mir helfen«, flehte Ci den Wahrsager an.
    »Ich soll dir helfen? Wobei?«, fragte Xu verständnislos.
    »Der Mann da! Geh hinaus und lenk ihn ab, während ich mir einfallen lasse, wo ich mich verstecken kann.«
    Xu näherte seine Augen dem Spalt.
    »Ein Fahnder!« Ungläubig drehte er sich zu Ci um. »Was hast du nur getan, du verdammter Nichtsnutz?«
    »Nichts! Sag ihm, dass ich weg bin.«
    »Weg? Und wohin?«
    »Keine Ahnung. Denk dir was aus.«
    »Und was soll ich dem Hund erzählen?«
    »Bitte, Xu!«
    Der Wahrsager erhob sich und trat genau in dem Moment aus dem Pavillon, als der Ermittler das Mausoleum erreichte. Xu atmete tief durch.
    »Schönes Tier«, meinte er mit einem schiefen Lächeln. »Kann ich Euch irgendwie helfen?« Er schloss die Tür und verneigte sich ehrerbietig.
    »Das nehme ich an«, knurrte der Fahnder, und der Hund tat es ihm gleich. »Bist du der, den sie den Wahrsager nennen?«
    »Mein Name ist Xu«, bestätigte er.
    »Pass auf, Xu. Vor ein paar Tagen wurde Anzeige erstattet, es ging um den Diebstahl einer Brosche, hier auf dem Friedhof. Weißt du, wovon ich rede?«
    »Ach so, das. Ein dummes Missverständnis.« Er fuhr sich nervös durchs Haar. »Ein paar aufgeregte Angehörige dachten, wir hätten ihnen eine Brosche entwendet, doch sie merkten bald, dass sie sich in Wirklichkeit von selbst gelöst hatte und auf dem Boden des Sarges lag. Alles wurde aufgeklärt.«
    »Ja, das hat einer der Verwandten hinterher zu Protokoll gegeben.«
    »Und?«, wunderte sich Xu.
    »Die Sache ist die, dass sie von einem jungen Mann berichteten, der dir geholfen habe. Jemand in Verkleidung, mit Verbrennungen an Händen und Oberkörper. Das stimmt mit der Beschreibung eines Flüchtigen überein, den ich seit einiger Zeit suche. Ein großer, schlanker Bursche, gutaussehend, das dunkle Haar zu einem Knoten zusammengebunden …«
    »Ihr meint diesen Bastard? Verflucht sei der Tag, an demich ihn eingestellt habe!« Empört spuckte Xu aus. »Gestern ist er ohne Erklärung mit meiner Tasche abgehauen und …«
    »Genug!«, herrschte Kao ihn an. »Und natürlich hast du nicht die leiseste Ahnung, wohin er verschwunden sein könnte.«
    »Nein, tatsächlich nicht. Irgendwohin zum Hafen, nehme ich an. Warum sucht Ihr ihn?«
    »Er hat Geld gestohlen. Und es gibt eine Belohnung, die dich vielleicht interessiert«, Kao grinste verschlagen.
    »Eine Belohnung?« Xus Gesicht hellte sich auf.
    Plötzlich alarmierte ein Geräusch den Fahnder, das eindeutig aus dem Mausoleum kam.
    »Wer ist da drin?« Er sah Xu durchdringend an.
    »Niemand, verehrter Herr. Ich …«
    »Aus dem Weg!«, unterbrach ihn Kao.
    »Da warten nur Tote«, rief Xu, während der Fahnder gegen die von innen versperrte Tür trat.
    »Wenn ich erst mal da drin war, wird das stimmen.« Kao hämmerte gegen die Pforte, aber der Riegel gab nicht nach. Die Tür war massiv, und das Schloss leistete Widerstand. Wieder trat er dagegen, bis er auf dem Boden eine Schaufel entdeckte. Grimmig nahm er sie zur Hand. Der erste Schlag ließ nur die Verzierung splittern. Auch dem zweiten Schlag hielt das Holz stand, beim dritten aber krachte es. Gerade wollte er das Schloss herausbrechen, da öffnete die Tür sich plötzlich von allein. Eine Gestalt im Wahrsagerkostüm trat ins Freie und hob zitternd die Arme.
    »Die Maske!«, befahl Kao. »Runter damit! Los, du sollst tun, was ich dir sage.« Von seinem Herrn aufgehetzt, kläffte der Hund, als wollte er die Gestalt verschlingen.
    Der Maskierte versuchte zu gehorchen, aber die zittrigenFinger in den Handschuhen bekamen die Knoten nicht auf.
    »Stell meine Geduld nicht auf die Probe. Zieh die Handschuhe aus. Schnell!«
    Finger für Finger zog der Maskierte den rechten Handschuh aus. Dann wiederholte er die Prozedur mit dem linken. Als er fertig war, ließ er die Handschuhe zu Boden fallen. Im selben Moment verwandelte sich Kaos triumphierender Gesichtsausdruck in eine Miene der Verblüffung.
    »Aber …«
    Der Fahnder betrachtete ein Paar runzlige Hände, die keinerlei Verbrennungsspuren aufwiesen, als hätte ein Wunder sie getilgt. Außer sich vor Wut riss er dem Mann die Maske herunter und blickte in das Gesicht eines verschreckten Greises.
    »Aus dem Weg!«
    Kao stieß den Alten zur Seite und drang in das Mausoleum ein, wobei er auf alles einprügelte, was links und rechts seinen Weg

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