Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
in sich hinein. Er hatte eine.357 Magnum im Handschuhfach und eine.38 unter dem Sitz. Revolver waren ihm immer noch lieber als Automatikwaffen. Die klemmten nicht.
In Hialeah angekommen, fuhr er in einer gut beleuchteten Wohnstraße unweit seines Hauses rechts heran und parkte.
Der Mercedes blieb hinter ihm stehen, die Scheinwerfer erloschen.
»Was willst du?«, fragte Eldon, als er endlich im Rückspiegel den Passagier ansah, der schon die ganze Zeit bei ihm im Wagen gesessen hatte. Er konnte nur seine Schläfe sehen.
»Der mächtigste Mann der Stadt sollte seinen Wagen nicht offen stehen lassen.«
»Habe ich nicht«, sagte Eldon. »Was willst du?«
»Zwei von deinen Leuten ermitteln gegen mich.«
»Wer?«
»Die Namen weiß ich nicht. Einer ist schwarz, der andere weiß.«
»Woher weißt du das?«
»Ich weiß es eben.«
»Wieder so ein Voodoo-Scheiß, Boukman? Ist dir der Geist von King Kong im Wohnzimmer erschienen, oder was?« Eldon lachte.
»Du wirst das nie verstehen«, sagte Solomon. Das Leder quietschte, als er sich im Sitz bewegte.
»Verstehen würde ich es, wenn du mir einen Namen sagst oder zwei.«
»Finde du das heraus.«
»Schon mal was von ›bitte‹ gehört, oder gibt es das Wort in Haiti nicht?«
»Finde das heraus, bitte «, sagte Solomon. Keine Spur von Sarkasmus im Tonfall. Keine Emotion. Nichts. Nur die immer gleiche tonlose, eintönige, persönlichkeitsfreie Stimme. »Wir wollen keine Schwierigkeiten so kurz vor Baubeginn.«
»Es gibt keine Schwierigkeiten, die ich nicht schon einen Monat im voraus sehe«, sagte Eldon. »Ich bin deine Zukunft, schon vergessen? Du hast also keinen Grund zur Sorge, solange du nicht vergisst, wer hier das Sagen hat.«
»Solange ich nicht vergesse, wo mein Platz ist, meinst du das?«
»Jetzt komm mir bitte nicht mit dem Bürgerrechtsgelaber!« Eldon lachte. »Du bist kein Negride, Boukman. Du bist Haitianer. Für dich ist Martin Luther King nicht gestorben.«
Solomon antwortete nicht. Er rutschte näher an die Tür auf der Beifahrerseite heran.
»Wieso machst du dir überhaupt Gedanken? Kein Mensch weiß, wie du aussiehst, oder? Wahrscheinlich weißt du es selbst nicht mehr, nach allem, was man so hört. Wie viele Gesichtsoperationen hattest du?«
»Du weißt, wie ich aussehe, Eldon. Du vergisst nie ein Gesicht, richtig?« Solomon öffnete die Tür und stieg aus dem Wagen.
Eldon sah zu, wie er auf den Mercedes zuging, der rückwärts aus dem Lichtkegel der Straßenlaterne hinaus ins Dunkle gefahren war. Als Boukman eingestiegen war, wendete der Wagen und fuhr zurück Richtung Miami.
Eldon hatte das absurde Gefühl, dass da noch immer jemand bei ihm im Wagen saß. Er schaltete das Licht ein und drehte sich um. Er war allein, aber Boukman hatte etwas auf dem Rücksitz zurückgelassen, sein Markenzeichen, seine Visitenkarte: den König der Schwerter.
Es war noch nicht vorbei. Es würde noch mehr Tote geben.
Vierter Teil
Juni 1981
28
»Tarotkarten werden in der Kunst der Divination eingesetzt, im Volksmund auch Wahrsagen genannt. Es gibt sie schon seit dem 15. Jahrhundert. Wahrscheinlich stammen sie aus Italien, aber das Wahrsagen selbst ist älter als die Bibel. Im dritten und im fünften Buch Mose wird heftig gegen Wahrsager gewettert. Und in den Büchern der Chronik findet König Saul nicht zuletzt deshalb den Tod, weil er ein Medium um Hilfe gebeten hatte. Man könnte sagen, Wahrsagerei ist die älteste Religion der Welt«, erklärte Phyllis Cole. Sie saß mit Max in einem Raum des Tuttle Motel auf der Collins Avenue, wo sie donnerstagabends Kurse in Karten- und Handlesen gab. Sie war eine professionelle Hellseherin, die oft auch von der Polizei engagiert wurde. Max hatte selbst noch nie einen Hellseher um Rat gefragt, aber es war eine weit verbreitete, wenn auch eher geheim gehaltene Praxis besonders bei Vermisstenfällen. Phyllis hatte einen guten Ruf: Sie hatte schon viele Menschen gefunden, auch wenn die alle tot gewesen waren.
»Ein Tarotblatt besteht aus 78 Karten, die sich in zwei Gruppen unterteilen: das Große und das Kleine Arkanum«, fuhr sie fort und legte vier Karten auf dem Tisch aus.»Es gibt zweiundzwanzig Große Arkana, sie stehen für die Urkräfte des Lebens, über die wir keinerlei Kontrolle haben: Schicksalsschläge, höhere Gewalt, das Immaterielle, das Unwägbare. Und für deren Ergebnisse. Einige kennen Sie bestimmt aus dem Fernsehen oder aus Filmen: Tod, Teufel und die Liebenden, wobei das natürlich
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