Der Totenmeister: Thriller (German Edition)
mindestens drei Zentimeter tiefe Pfütze gebildet. Sie würde bald aufbrechen. Jetzt oder nie. Er holte seine Brieftasche aus dem Jackett und zog eine Visitenkarte mit seiner Durchwahl heraus.
»Wo wir doch beide in der Innenstadt arbeiten, könnten wir ja mal zusammen Mittag essen gehen, oder? Oder wir treffen uns irgendwo und gucken wieder in den Regen.« Er hielt ihr die Karte hin.
Sie nahm sie. »Miami Task Force«, las sie vor. »Schon mal gehört. Heißt es nicht, das sind die Superbullen?«
»Das heißt es wohl.« Max lachte. »Haben Sie eine Karte? Oder eine Telefonnummer?«
»Unsere Chefs sehen es nicht gern, wenn wir bei der Arbeit persönliche Anrufe kriegen.«
»Okay.« Max war die Enttäuschung anzumerken. Anscheinend hatte sie seine Gesellschaft so sehr genossen, dass sie ihm nun locker einen Korb gab.
»Aber wir dürfen selbst welche tätigen, solange es schnell geht. Vielleicht rufe ich Sie nächste Woche mal an?«
»Klar!«, sagte Max, für seinen Geschmack ein klein wenig zu enthusiastisch. Aber egal. Immerhin hatte sie nicht »Nein, mein netter Freund mit dem netten Beruf und den netten Zukunftsaussichten hätte bestimmt was dagegen« gesagt.
Sie zog die Schuhe aus und rollte sich die Hose hoch. Ihre Zehennägel waren himmelblau lackiert.
»Dann bis bald, Detective … Verzeihung, Detective Sergeant Mingus.« Sie gab ihm zum Abschied die Hand.
»Nennen Sie mich Max«, sagte er. »Und rufen Sie mich an. Bitte.«
Sie lächelte und lief auf Zehenspitzen durch die Pfütze. Er sah ihr nach. Er gab sich Mühe, ihr nicht auf den Hintern zu gucken, was sie vielleicht als respektlos empfunden hätte, aber er war machtlos.
»Qué culo magnífico!« , seufzte der Kellner neben ihm leise und übersetzte damit Max’ Gedanken in das wenige Spanisch, das er beherrschte.
»Hey! Pass auf, was du sagst, Arschloch!«, schnauzte Max ihn an, versenkte die Zigarette in der Bierdose und warf sie dem Kellner zu, bevor er mit Schuhen durch die Pfütze lief.
Sandra winkte ihm zu, bevor sie aus der Parklücke fuhr. Er winkte zurück und blieb stehen, bis ihre Rücklichter in der Ferne verschwunden waren, ein breites Grinsen im Gesicht.
26
Carmine erkannte Risquée nicht auf Anhieb, als er sie vor dem Laden stehen und auf ihn warten sah. Sie war nicht in Arbeitskleidung, sondern trug einen blauen Jeansoverall, weiße Turnschuhe und ein weißes T-Shirt. Das Haar hatte sie zusammengebunden, und sie hatte einen Rucksack dabei. Vielleicht wollte sie aus der Stadt verschwinden, sobald er ihr die fünfzig Riesen gegeben hatte, die in seinem Kofferraum lagen. Er konnte es nur hoffen.
Er hatte nicht vor, sie umzubringen. Natürlich hatte er das in Erwägung gezogen, schließlich war es die billigere Option, aber letztlich wusste er, dass er es nicht fertigbringen würde. Mord war seine Sache nicht.
Er parkte drei Blocks vom Laden entfernt. Er wollte ihr das Geld nicht hier geben. Er wollte zu ihr gehen und sie auf eine Spritztour einladen, sie bequatschen, wie er sie bei ihrer ersten Begegnung bequatscht hatte. Er würde sie von ganzem Herzen um Verzeihung bitten, dass er sie im Gefängnis hatte sitzen lassen, dass er sie verraten hatte, und dann würde er versuchen, ihr das Versprechen abzunehmen, dass sie auf keinen Fall zu seiner Mutter gehen würde. Er würde sie zur Vernunft bringen, ihr seine Situation erklären. Er wusste, dass er das konnte. Außerdem hatte er, als Zeichen seiner Wertschätzung, noch fünfundzwanzig Riesen im Handschuhfach. Ganz sicher würde die Schlampe der Kombination aus Bargeld und sanftem Charme nicht widerstehen können. Keine konnte das. Alle hatten sie ihren Preis.
Die Straße lag im Dunkeln, Licht kam nur von den wenigen vorbeifahrenden Autos und der einzigen Straßenlaterne, die die Kids noch nicht kaputtgeschossen hatten.
Carmine ging gemächlich los und legte sich seine Worte zurecht.
»Hey, Baby«, würde er sagen. »Tut mir leid, dass du warten musstest. Der verfick …« Nein, nicht verfickt, keine Zuhältersprache. »Der Verkehr war die Hölle.« Das würde er sagen. »Der Verkehr war die Hölle.«
»Hey, Baby.« Eine männliche Stimme hinter ihr, Risquée drehte sich um. Es war nicht Carmine.
Sie konnte ihn nicht genau erkennen. Er kam von rechts auf sie zu, war nicht mehr weit weg.
»Wartest du auf wen, Süße?«, fragte der Mann mit dunkler Stimme, die von tief unten aus seinem Bauch kam, als wollte er Barry White imitieren.
»Meinen Sie mich,
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