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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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Mittwochmorgen vom Dach des Freedom Tower gesprungen. Es gab keine Zeugen. Die Leiche war von Bauarbeitern entdeckt worden.
    Am nächsten Tag war die Geschichte bereits auf die dritte Seite gerutscht und auf eine Spalte zusammengedampft worden: Man hatte Reveaux identifiziert, und Familienangehörige und Freunde wurden mit der Aussage zitiert, seit ihrer Rückkehr von einer Reise nach New York einen Monat zuvor habe sie zunehmend verstört gewirkt.
    Am Freitag, dem 26. Mai, noch ein kurzer Artikel, wiederum eine Spalte, wieder auf der dritten Seite: Die Polizei hatte jegliche Fremdeinwirkung ausgeschlossen und die Sache zum Selbstmord erklärt. In dem Artikel hieß es, in ihrem Haus an der South Miami Avenue seien »zahlreiche okkulte Gegenstände« gefunden worden, dann wurde ihre Karriere als berühmte Hellseherin beschrieben.
    Danach ging Max hinunter ins Archiv.
    Kathleen Reveaux’ Akte war dünn: polizeilicher Bericht, Bericht des Coroners, zwei Zeugenaussagen und zwanzig Fotos.
    Ein Detective Billue hatte den Fall bearbeitet. In seinem Bericht stand, aus den Verletzungen der Leiche – Kopf, Arme und Beine wiesen multiple Frakturen auf – sei zu schließen, dass sie aus großer Höhe gestürzt war, vermutlich aus den oberen Etagen des Freedom Tower.
    Die Tote hatte Jeans, eine weiße Bluse, weiße Socken und einen Tennisschuh von Adidas am linken Fuß getragen. Der rechte Schuh war unweit der Leiche gefunden worden. In ihrer Hand hatte Kathleen eine zerknüllte Tarotkarte gehalten: den König der Schwerter.
    Max kopierte die Akte und fuhr mit dem Aufzug eine Etage tiefer, wo die Beweismittel aufbewahrt wurden. Normalerweise wurden bei Selbstmorden alle persönlichen Besitztümer vernichtet, sofern die Verwandten sie nicht abholten.
    Im Archiv fand sich nichts, aber Kathleens Schwester hatte die Entgegennahme ihrer Habseligkeiten mit ihrer Unterschrift bestätigt: die blutbefleckte Kleidung und die Tarotkarte.
    Die Schwester lebte in Gainesville.
    Max rief sie an und vereinbarte mit ihr, sie noch am gleichen Abend aufzusuchen.

30
     
    Joe ließ sich gegen die Rückenlehne des zerschlissenen Sofas fallen und streckte die langen Beine aus. Soeben hatte er die Berichte des NYPD zum Mord an der Familie Wong gelesen. Er befand sich in der verlassenen Garage hinter der North West 9th Street in Overtown, die Max und er als Basislager benutzten. Sein Cousin Deshaun hatte sie ihnen für fünfzig Dollar im Monat besorgt. Abgesehen von dem Sofa, mehreren Metallregalen an der Wand, einem Kühlschrank, drei Kartons mit Akten, einer Schreibtafel und einer Pinwand war der Raum leer. Max und Joe fuhren einmal pro Tag hierher, manchmal zusammen, öfter allein, vor oder nach ihrer Schicht. In der MTF redeten sie nie über den Fall. Sämtliche Anrufe tätigten sie von öffentlichen Telefonzellen außerhalb des Büros.
    Joe hätte sich durchaus einen schöneren Raum vorstellen können: Licht kam nur von einer nackten Glühbirne, die am Kabel von der Decke hing, die Stromversorgung hatte so ihre Launen und fiel gelegentlich minutenlang aus, und es gab keinerlei Belüftung, sodass ständig eine drückende Hitze herrschte. Der Gestank nach altem Öl verursachte Joe Kopfschmerzen, und seine Kleider stanken wie der Arbeitsanzug eines Automechanikers. Aber die Garage lag in einer verlassenen Seitenstraße zwischen einem Dutzend genau gleich aussehender Garagen mit braunem Metalltor und verrosteten Vorhängeschlössern, vollkommen anonym.
    Joe war gern hier, er genoss es, echte Polizeiarbeit zu leisten, statt irgendwelchen Sündenböcken etwas anzuhängen, was sie nicht getan hatten. Max und er hatten die ganze letzte Woche damit verbracht, gegen Philip Frino, einen australischen Drogenschmuggler, der mit einer kleinen Flotte Zigarettenboote kolumbianisches Kokain ins Land brachte, einen vollkommen fiktiven Fall zusammenzuschustern. Frino besaß ein Haus auf den Bahamas. Ziel war es, zwischen Grossfeld und ihm eine Verbindung herzustellen und dann zwischen ihm und Carlos Lehders mittlerem Management. Im Grunde hätte man das in zehn Minuten erledigen können, aber Sixdeep wollte alles sorgfältig dokumentiert haben, er wollte eine Beweiskette, die vor Gericht standhalten würde, und so hatte er sie beide von ihren acht laufenden Ermittlungen abgezogen und sie ausschließlich auf den Moyez-Fall angesetzt. Derzeit ließen sie Frino observieren und hatten bereits zahlreiche Fotos von ihm vorliegen, meist zusammen mit diversen Personen.

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