Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Fünfzigern für die CIA«, erklärte Ismael.
    »Woher kannte er Noriega?«
    »Ich bezweifle, dass die sich je getroffen haben. Der Kaiser hat die Konten für ihn eingerichtet. Ich weiß, dass Sie mir nicht glauben, aber sehen Sie sich die Fakten an: Solomon macht mit seinen Kokaingeschäften einen Gewinn von fünf bis zehn Millionen Dollar pro Monat. Hinzu kommen die Einnahmen aus Prostitution, Glücksspiel, Kreditwucher, Schutzgeldern, Autodiebstahl. Damit macht er noch mal eine Million im Monat. Und er hat Hunderte von Menschen umgebracht – oder umbringen lassen. Er bringt Menschenopfer dar. Und bei all dem wurde er nicht ein einziges Mal polizeilich verhört, niemals observiert, ist nie auf irgendeiner Fahndungsliste aufgetaucht. Das FBI und die DEA wissen ganz genau, wer die Kokain-Cowboys sind. Sie wissen alles über die. Aber sie wissen nichts über Solomon. Warum?«
    »Ich habe seinen Namen in Polizeiakten gesehen«, sagte Max.
    »Haben Sie auch eine korrekte Personenbeschreibung ge sehen? Ein Foto?«
    »Es gibt nicht zwei Beschreibungen, die sich decken.«
    »Solomon macht niemals irgendetwas selbst. Er benutzt Strohmänner, die er durch Mittelsmänner anheuern lässt, die wiederum von seinem engsten Kreis angeheuert werden. Niemand außerhalb dieses engsten Kreises hat ihn je getroffen. Sie glauben, dass sie ihn gesehen haben, aber in Wahrheit hat er ein Double geschickt. Meistens arbeitslose Schauspieler, die jeden Job annehmen. So sorgt er dafür, dass niemand ihn je identifizieren kann, sollte mal was schieflaufen. Und noch dazu nährt er so den Mythos, dass er an mehreren Orten zugleich sein kann. Haben Sie gewusst, dass er einmal mit vier Sektionen der LA-Crips an vier unterschiedlichen Orten Treffen angesetzt hat, alle am gleichen Tag und zur gleichen Zeit? Die glauben alle, sie hätten einen Mann namens Solomon Boukman getroffen. Aber das war ein Irrtum. Eine Illusion.«
    »Und was passiert mit den Doubles?«
    »Wenn die ihre Aufgabe erfüllt haben, sind sie weg vom Fenster. Er hat sich darauf spezialisiert, Leute zu finden, die niemand vermisst. Alleinstehende, noch neu in der Stadt und ohne Glück.«
    »Scheiße«, sagte Max.
    »Und ich glaube, dass auch der Kaiser seinen Teil dazu beiträgt, den Mythos am Leben zu halten. Er füttert das System mit Desinformationen. Diese Berichte, die Sie erwähnt haben: Das sind alles Enten. Desinformation. Desinformation ist nicht weniger mächtig als Information.«
    »Und wie sieht Boukman wirklich aus?«, fragte Max.
    »Ich habe ihn nie richtig gesehen. Ich habe ihn immer nur in sehr dunklen Räumen getroffen, oder er hat hinter mir gesessen. Außerdem habe ich gehört, dass er sich mehreren plastischen Operationen unterzogen hat. Und Sie werden es nicht glauben, aber er hat eine gespaltene Zunge. Wie eine Eidechse.«
    »Haben Sie das gesehen?«
    »Nein, aber Carmine. Eva Desamours hat das gemacht. Carmine hat es mir erzählt. In Haiti war Eva eine Mambo , eine Voodoo-Priesterin, die mächtigste auf der Insel. Solomon war ihr Schüler. Boukman ist nicht sein richtiger Familienname. Ich weiß nicht, wie er wirklich heißt. Eva hat ihn umbenannt, nachdem sie eine Vision von dem Geist des Sklaven hatte, der den ersten Aufstand gegen die Kolonialherren Haitis angeführt hat. Der hieß Boukman. In ihrer Vision hat er ihr gesagt, sie solle nach Amerika gehen und dass Solomon dort sehr mächtig werden würde, wenn er seinen Namen annimmt – den Namen Boukman – und die Zunge einer Schlange hat. Und so hat sich Eva am nächsten Tag ein Messer geschnappt und Solomons Zunge längs durchgeschnitten. Carmine hat es gesehen. Er sagt, Solomon hat nicht mit der Wimper gezuckt.«
    »Meine Güte!«, flüsterte Joe.
    »Er hat eine Metallschiene im Mund getragen, damit die Zunge nicht wieder zusammenwachsen konnte, bis sie schließlich so geblieben ist«, fuhr Ismael fort. »Und dann sind sie alle hierhergekommen, und die Prophezeiung ist wahr geworden.«
    »Wie alt war Boukman da?«
    »Zehn oder elf. Er und Carmine sind ungefähr im gleichen Alter.«
    »Glauben Sie an Voodoo?«, fragte Max.
    »Nein, aber ich glaube an Eva. Die ist echt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Sie ist keine von diesen Zigeunerinnen, die einem für Geld alles Mögliche aus der Hand lesen. Und sie gehört auch nicht zu denen, die einfach ganz ehrlich und unverfälscht in die Zukunft blicken. Sie sieht hinter die Zukunft, sie sieht die Dinge, die Schicksale beeinflussen, die Geister, die Entscheidungen