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Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Der Totenmeister: Thriller (German Edition)

Titel: Der Totenmeister: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nick Stone
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trostlosen, fast leeren Hof, dessen Einfahrt von zwei hohen, aber gebrechlich aussehenden Palmen mit dünnem Stamm und hängenden, vertrockneten Blättern flankiert wurde. Sein brauner 1979er Camaro stand zwischen einem weißen Ford Pickup und einem glänzenden, dunkelblauen Mercedes Cabrio, das, so vermutete Max, wahrscheinlich Drake gehörte. Der Wagen war schon da gewesen, als er angekommen war. Die dichten Wolken von der Farbe von Asche und saurer Milch filterten das Sonnenlicht zu einem von Schatten durchzogenen Schimmer herunter. Die Luft war reglos und schwer. Alles schien auf Pause gestellt und wartete, dass der Himmel sich für oder gegen ein Gewitter entschied.
    Das Lokal war mit zwei Reihen Sitzecken ausgestattet, die fast vom Eingang bis zur hinteren Wand liefen. Dort prangte ein leuchtendes Wandgemälde der Stars & Stripes, das die komplette Fläche einnahm: zerschossen und schmutzig, und dennoch trotzig im Winde wehend – der fundamentalste Ausdruck amerikanischen Stolzes und amerikanischer Unbeugsamkeit.
    Der Polizist und sein Informant saßen in den beiden hintersten Sitzecken auf der linken Seite, nicht am Fenster, Max mit Blick zur Tür, wie immer, selbst wenn er nicht im Dienst war. Er wusste gern, was hinter ihm geschah und was vor ihm lag.
    Der Laden war fast leer, was in Anbetracht der Zeit, kurz vor halb zehn, nicht weiter verwunderlich war, dennoch hatte es den Anschein, als würde sich daran im Laufe des Tages nicht mehr viel ändern.
    Max hörte Drake beim Essen zu, seine Kaugeräusche erinnerten an einen Trupp Soldaten, die im Gleichschritt durchs trockene Unterholz trampelten. Drake hatte einmal behauptet, außer dem Frühstück keine andere Mahlzeit zu sich zu nehmen, trotzdem fragte sich Max, wo an seinem eins neunzig großen, spindeldürren Vogelkörper er all die Kalorien ließ, die er in sich hineinschaufelte: einen Berg fettigen knusprigen Bacon, Würstchen, Schinken, Hamburger, Bohnen, Bratkartoffeln mit Zwiebeln, gegrillte Tomaten, vier Eier, zu Spiegel- und Rührei verarbeitet, und Toast. Das Ganze war auf zwei Tellern serviert, einer nur für das Fleisch.
    Drake verkaufte Koks, Poppers, Pillen und Gras an eine exklusive Klientel aus Jetsettern, einsamen Managertypen auf Wochenendurlaub, Collegestudenten mit mehr Geld als Gehirn und Miamis wachsender Schwulengemeinde. Max half ihm, indem er seine Konkurrenten regelmäßig hochnahm und ihn vom Radarschirm der Polizei fernhielt. Gelegentlich schanzte er ihm auch etwas von dem Kokain zu, das er im Dienst konfiszierte. Auf Letzteres war er nicht übermäßig stolz, aber das war nun einmal das derzeit in Miami übliche Verfahren. Die Stadt lief auf Koks, und Koks hielt die Stadt am Laufen. Von drei Kilo, die beschlagnahmt wurden, stand eines in den Akten, und die anderen zwei wanderten zurück auf die Straße.
    »Für die Dreckschweine gibt es keine Heilung«, fuhr Drake fort. »Für die ist kein Knast übel genug, keine Religion gut genug, kein Seelenklempner verkorkst genug, die wieder geradezubiegen. Da hilft nur die Kugel.«
    Drake redete sich in Rage, wie immer, wenn es um Kinderschänder oder Kindermörder ging. Er hasste diese Leute mit einer solchen Intensität, dass sich Max oft fragte, ob er selbst als Kind missbraucht worden war, aber natürlich gehörte das nicht zu den Fragen, die man einem straßengestählten Ganoven wie Drake stellte – ohnehin würde er nicht darüber reden, weil es ihn dastehen lassen würde, wie er es sich nicht erlauben konnte: schwach, ein Opfer, ein Waschlappen. Ein Ruf, der eindeutig schlecht wäre fürs Geschäft. Sofort säßen ihm Heerscharen von Konkurrenten im Nacken, und Max könnte nichts tun, um ihn zu schützen.
    »Ich hab’s verstanden«, sagte Max, fast ohne die Lippen zu bewegen. »Aber du weißt ja, wie das ist. Gesetze.«
    »Die sind doch krank, die Gesetze. Da muss doch mal was geändert werden. Man kriegt ja mehr fürs Grasverkaufen, als wenn man ein kleines Mädchen vergewaltigt.«
    »Ich hab’s verstanden.«
    »Ach ja?« Drake lehnte sich leicht nach hinten, näher an Max’ Ohr. »Wenn du das alles verstanden hast, wieso bist du dann immer noch Bulle?«
    »Aus dem gleichen Grund, den ich hatte, als ich anfing: Ich habe geglaubt, und ich glaube das immer noch, dass ich was ausrichten kann. Vielleicht nur ein ganz kleines bisschen, vielleicht merkt es keiner. Aber für irgendwen irgendwo ist es wichtig, was ich mache. Und ob das für denjenigen gut oder schlecht ist, hängt

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